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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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durch welche diese im Gange erhalten wird. Indem wir diese nicht kennen
und verstehen, treten wir ihrem Wirken entweder täppisch und selbst hindernd
in den Weg, werden wohl gar zu unserem eigenen Schaden von ihnen
erfaßt, unter allen Verhältnissen aber sind wir dadurch unfähig, fördernd
in das Getriebe einzugreifen.

Glücklicherweise ist es denen, welche dieser Vorwurf trifft, kein Vor-
wurf; denn was können sie dafür, daß unsere Volksbildung von oben
herab noch nicht auf ein klares sich betheiligt wissendes Erkennen des
Staatsorganismus gerichtet wird, in welchem die Forstverwaltung eine so
hervorragende Stelle einnimmt?

In den ebenen, waldarmen Gebieten Deutschlands, ja beinahe auch
ohne diese Beschränkung in allen größeren Städten leben sehr Viele, von
denen ich auf S. 4 sagen durfte "leider ist ja Vielen der Förster mehr
blos ein Holzverwalter als ein Walderzieher."

Alle Bemühungen, eine pfleglichere Behandlung der Privat- und
Gemeindewaldungen herbeiführen zu helfen, werden so lange nahezu ver-
geblich sein, als nicht im Volke ein klares Verständniß der Forstverwaltung
neben dem der physischen Waldbedeutung lebendig geworden sein wird.
Den gewöhnlichen Anschauungen des bürgerlichen Lebens liegt, wie sich
diese eben gebildet haben, ein Verständniß des forstlichen Berufes so fern,
daß man sich meist mit der trivialen Auffassung begnügt, der Förster
nehme das Holz da weg wo es ist und pflanze da wieder Holz hin wo es
fehlt; wenn man nicht gar der Meinung ist, der Wald wachse von selbst.
Man hat meist keine Ahnung von dem innen waltenden Geist der Forst-
wirthschaft, welcher keinen geringern Namen hat als: Voraussicht. In
keinem einzigen Zweige der Verwaltung materieller Interessen ist Voraus-
sicht so unerläßlich erforderlich als hier.

Ja es könnte geschehen, daß jene mehr als oberflächliche Auffassung
der Forstverwaltung in die voreiligste Kritik umschlüge, sobald man an
ihre Stelle eine detaillirte Einsicht setzt: der anderwärts verschuldete und
verdiente Vorwurf der kleinlichen Büreaukratie könnte dann auch der Forst-
verwaltung gemacht werden wollen *).

*) Ich rede jetzt nicht zu den Revierverwaltern!!

durch welche dieſe im Gange erhalten wird. Indem wir dieſe nicht kennen
und verſtehen, treten wir ihrem Wirken entweder täppiſch und ſelbſt hindernd
in den Weg, werden wohl gar zu unſerem eigenen Schaden von ihnen
erfaßt, unter allen Verhältniſſen aber ſind wir dadurch unfähig, fördernd
in das Getriebe einzugreifen.

Glücklicherweiſe iſt es denen, welche dieſer Vorwurf trifft, kein Vor-
wurf; denn was können ſie dafür, daß unſere Volksbildung von oben
herab noch nicht auf ein klares ſich betheiligt wiſſendes Erkennen des
Staatsorganismus gerichtet wird, in welchem die Forſtverwaltung eine ſo
hervorragende Stelle einnimmt?

In den ebenen, waldarmen Gebieten Deutſchlands, ja beinahe auch
ohne dieſe Beſchränkung in allen größeren Städten leben ſehr Viele, von
denen ich auf S. 4 ſagen durfte „leider iſt ja Vielen der Förſter mehr
blos ein Holzverwalter als ein Walderzieher.“

Alle Bemühungen, eine pfleglichere Behandlung der Privat- und
Gemeindewaldungen herbeiführen zu helfen, werden ſo lange nahezu ver-
geblich ſein, als nicht im Volke ein klares Verſtändniß der Forſtverwaltung
neben dem der phyſiſchen Waldbedeutung lebendig geworden ſein wird.
Den gewöhnlichen Anſchauungen des bürgerlichen Lebens liegt, wie ſich
dieſe eben gebildet haben, ein Verſtändniß des forſtlichen Berufes ſo fern,
daß man ſich meiſt mit der trivialen Auffaſſung begnügt, der Förſter
nehme das Holz da weg wo es iſt und pflanze da wieder Holz hin wo es
fehlt; wenn man nicht gar der Meinung iſt, der Wald wachſe von ſelbſt.
Man hat meiſt keine Ahnung von dem innen waltenden Geiſt der Forſt-
wirthſchaft, welcher keinen geringern Namen hat als: Vorausſicht. In
keinem einzigen Zweige der Verwaltung materieller Intereſſen iſt Voraus-
ſicht ſo unerläßlich erforderlich als hier.

Ja es könnte geſchehen, daß jene mehr als oberflächliche Auffaſſung
der Forſtverwaltung in die voreiligſte Kritik umſchlüge, ſobald man an
ihre Stelle eine detaillirte Einſicht ſetzt: der anderwärts verſchuldete und
verdiente Vorwurf der kleinlichen Büreaukratie könnte dann auch der Forſt-
verwaltung gemacht werden wollen *).

*) Ich rede jetzt nicht zu den Revierverwaltern!!
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[581/0637] durch welche dieſe im Gange erhalten wird. Indem wir dieſe nicht kennen und verſtehen, treten wir ihrem Wirken entweder täppiſch und ſelbſt hindernd in den Weg, werden wohl gar zu unſerem eigenen Schaden von ihnen erfaßt, unter allen Verhältniſſen aber ſind wir dadurch unfähig, fördernd in das Getriebe einzugreifen. Glücklicherweiſe iſt es denen, welche dieſer Vorwurf trifft, kein Vor- wurf; denn was können ſie dafür, daß unſere Volksbildung von oben herab noch nicht auf ein klares ſich betheiligt wiſſendes Erkennen des Staatsorganismus gerichtet wird, in welchem die Forſtverwaltung eine ſo hervorragende Stelle einnimmt? In den ebenen, waldarmen Gebieten Deutſchlands, ja beinahe auch ohne dieſe Beſchränkung in allen größeren Städten leben ſehr Viele, von denen ich auf S. 4 ſagen durfte „leider iſt ja Vielen der Förſter mehr blos ein Holzverwalter als ein Walderzieher.“ Alle Bemühungen, eine pfleglichere Behandlung der Privat- und Gemeindewaldungen herbeiführen zu helfen, werden ſo lange nahezu ver- geblich ſein, als nicht im Volke ein klares Verſtändniß der Forſtverwaltung neben dem der phyſiſchen Waldbedeutung lebendig geworden ſein wird. Den gewöhnlichen Anſchauungen des bürgerlichen Lebens liegt, wie ſich dieſe eben gebildet haben, ein Verſtändniß des forſtlichen Berufes ſo fern, daß man ſich meiſt mit der trivialen Auffaſſung begnügt, der Förſter nehme das Holz da weg wo es iſt und pflanze da wieder Holz hin wo es fehlt; wenn man nicht gar der Meinung iſt, der Wald wachſe von ſelbſt. Man hat meiſt keine Ahnung von dem innen waltenden Geiſt der Forſt- wirthſchaft, welcher keinen geringern Namen hat als: Vorausſicht. In keinem einzigen Zweige der Verwaltung materieller Intereſſen iſt Voraus- ſicht ſo unerläßlich erforderlich als hier. Ja es könnte geſchehen, daß jene mehr als oberflächliche Auffaſſung der Forſtverwaltung in die voreiligſte Kritik umſchlüge, ſobald man an ihre Stelle eine detaillirte Einſicht ſetzt: der anderwärts verſchuldete und verdiente Vorwurf der kleinlichen Büreaukratie könnte dann auch der Forſt- verwaltung gemacht werden wollen *). *) Ich rede jetzt nicht zu den Revierverwaltern!!

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/637>, abgerufen am 02.05.2024.