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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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der je 20 Jahre umfassenden Bewirthschaftung der einzelnen Abtheilungen
(daher auch Periodenflächen genannt), würde die Einheit und Klarheit
der gesammten Revierbewirthschaftung eines Landes bald gestört und vielleicht
ganz aus dem Auge verloren werden, wenn nicht von Zeit zu Zeit von
einer über der Revierverwaltung stehenden Behörde nachgesehen und darüber
gewacht würde, daß jene in dem geregelten Gange bleibe, und für Aus-
gleichung unvorhergesehener Störungen dieses Ganges Sorge trüge.

Das was wir bei der Beschreibung der einzelnen Holzarten über
Leben und Krankheiten derselben kennen gelernt haben, macht es selbst-
verständlich, daß eine genaue Kenntniß hiervon das erste Erforderniß einer
zweckmäßigen Revierbewirthschaftung ist, woran sich unmittelbar Kenntniß
des Bodens (in der Landwirthschaft Agronomie genannt) anschließt.
Wenn wir hier diese umfassende Aufgabe zergliedern könnten, so würden
wir sehen, daß der Forstmann mehr noch als der Landwirth bei der Aus-
führung seiner Maßregeln die manchfaltigsten und umsichtigsten Erwägungen
zu machen hat. Was eine Holzart in dieser Lage und auf diesem Boden
ihren Lebensbedingungen nach zuläßt, läßt sie anderwärts nicht zu, er-
heischt vielmehr Veränderung und Anbequemung der Maßnahmen an die
gegebenen Verhältnisse. Wenn eine Holzart auf einem Boden und in
einer Lage mit Sicherheit und schon von der ersten Jugend an unvermischt
zu reinen Beständen erzogen werden kann, verlangt sie in ihrer Jugend
anderwärts die Vermischung mit einer schützenden Holzart, welche später,
wenn der Schutz nicht mehr nöthig ist, wieder herausgenommen wird. Und
so erleiden die nach den Lebensbedürfnissen der Baumarten abzuleitenden
Regeln der forstlichen Behandlung hunderterlei Ausnahmen durch äußere
Bedingungen.

Wenn wir die Lösung der schwierigen Aufgabe, einen klaren Ueber-
blick über die Verwaltung eines Revieres zu gewinnen, wenigstens ver-
suchen müssen, so kann unsere Betrachtung einen verschiedenen Gang ver-
folgen. Wir können dabei entweder die vorkommenden Arbeiten nach der
Reihe, wie sie im Verlauf eines Wirthschaftsjahres auf einander folgen,
betrachten oder wir befolgen dabei die Ordnung, welche uns der Lebens-
verlauf des Baumes und eines von ihm gebildeten Bestandes vorschreibt;
oder auch wir betrachten die Reviergeschäfte blos nach ihrem Wesen ohne
Berücksichtigung ihrer Beziehung zu einander. Letzteres Verfahren hat für

der je 20 Jahre umfaſſenden Bewirthſchaftung der einzelnen Abtheilungen
(daher auch Periodenflächen genannt), würde die Einheit und Klarheit
der geſammten Revierbewirthſchaftung eines Landes bald geſtört und vielleicht
ganz aus dem Auge verloren werden, wenn nicht von Zeit zu Zeit von
einer über der Revierverwaltung ſtehenden Behörde nachgeſehen und darüber
gewacht würde, daß jene in dem geregelten Gange bleibe, und für Aus-
gleichung unvorhergeſehener Störungen dieſes Ganges Sorge trüge.

Das was wir bei der Beſchreibung der einzelnen Holzarten über
Leben und Krankheiten derſelben kennen gelernt haben, macht es ſelbſt-
verſtändlich, daß eine genaue Kenntniß hiervon das erſte Erforderniß einer
zweckmäßigen Revierbewirthſchaftung iſt, woran ſich unmittelbar Kenntniß
des Bodens (in der Landwirthſchaft Agronomie genannt) anſchließt.
Wenn wir hier dieſe umfaſſende Aufgabe zergliedern könnten, ſo würden
wir ſehen, daß der Forſtmann mehr noch als der Landwirth bei der Aus-
führung ſeiner Maßregeln die manchfaltigſten und umſichtigſten Erwägungen
zu machen hat. Was eine Holzart in dieſer Lage und auf dieſem Boden
ihren Lebensbedingungen nach zuläßt, läßt ſie anderwärts nicht zu, er-
heiſcht vielmehr Veränderung und Anbequemung der Maßnahmen an die
gegebenen Verhältniſſe. Wenn eine Holzart auf einem Boden und in
einer Lage mit Sicherheit und ſchon von der erſten Jugend an unvermiſcht
zu reinen Beſtänden erzogen werden kann, verlangt ſie in ihrer Jugend
anderwärts die Vermiſchung mit einer ſchützenden Holzart, welche ſpäter,
wenn der Schutz nicht mehr nöthig iſt, wieder herausgenommen wird. Und
ſo erleiden die nach den Lebensbedürfniſſen der Baumarten abzuleitenden
Regeln der forſtlichen Behandlung hunderterlei Ausnahmen durch äußere
Bedingungen.

Wenn wir die Löſung der ſchwierigen Aufgabe, einen klaren Ueber-
blick über die Verwaltung eines Revieres zu gewinnen, wenigſtens ver-
ſuchen müſſen, ſo kann unſere Betrachtung einen verſchiedenen Gang ver-
folgen. Wir können dabei entweder die vorkommenden Arbeiten nach der
Reihe, wie ſie im Verlauf eines Wirthſchaftsjahres auf einander folgen,
betrachten oder wir befolgen dabei die Ordnung, welche uns der Lebens-
verlauf des Baumes und eines von ihm gebildeten Beſtandes vorſchreibt;
oder auch wir betrachten die Reviergeſchäfte blos nach ihrem Weſen ohne
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[591/0647] der je 20 Jahre umfaſſenden Bewirthſchaftung der einzelnen Abtheilungen (daher auch Periodenflächen genannt), würde die Einheit und Klarheit der geſammten Revierbewirthſchaftung eines Landes bald geſtört und vielleicht ganz aus dem Auge verloren werden, wenn nicht von Zeit zu Zeit von einer über der Revierverwaltung ſtehenden Behörde nachgeſehen und darüber gewacht würde, daß jene in dem geregelten Gange bleibe, und für Aus- gleichung unvorhergeſehener Störungen dieſes Ganges Sorge trüge. Das was wir bei der Beſchreibung der einzelnen Holzarten über Leben und Krankheiten derſelben kennen gelernt haben, macht es ſelbſt- verſtändlich, daß eine genaue Kenntniß hiervon das erſte Erforderniß einer zweckmäßigen Revierbewirthſchaftung iſt, woran ſich unmittelbar Kenntniß des Bodens (in der Landwirthſchaft Agronomie genannt) anſchließt. Wenn wir hier dieſe umfaſſende Aufgabe zergliedern könnten, ſo würden wir ſehen, daß der Forſtmann mehr noch als der Landwirth bei der Aus- führung ſeiner Maßregeln die manchfaltigſten und umſichtigſten Erwägungen zu machen hat. Was eine Holzart in dieſer Lage und auf dieſem Boden ihren Lebensbedingungen nach zuläßt, läßt ſie anderwärts nicht zu, er- heiſcht vielmehr Veränderung und Anbequemung der Maßnahmen an die gegebenen Verhältniſſe. Wenn eine Holzart auf einem Boden und in einer Lage mit Sicherheit und ſchon von der erſten Jugend an unvermiſcht zu reinen Beſtänden erzogen werden kann, verlangt ſie in ihrer Jugend anderwärts die Vermiſchung mit einer ſchützenden Holzart, welche ſpäter, wenn der Schutz nicht mehr nöthig iſt, wieder herausgenommen wird. Und ſo erleiden die nach den Lebensbedürfniſſen der Baumarten abzuleitenden Regeln der forſtlichen Behandlung hunderterlei Ausnahmen durch äußere Bedingungen. Wenn wir die Löſung der ſchwierigen Aufgabe, einen klaren Ueber- blick über die Verwaltung eines Revieres zu gewinnen, wenigſtens ver- ſuchen müſſen, ſo kann unſere Betrachtung einen verſchiedenen Gang ver- folgen. Wir können dabei entweder die vorkommenden Arbeiten nach der Reihe, wie ſie im Verlauf eines Wirthſchaftsjahres auf einander folgen, betrachten oder wir befolgen dabei die Ordnung, welche uns der Lebens- verlauf des Baumes und eines von ihm gebildeten Beſtandes vorſchreibt; oder auch wir betrachten die Reviergeſchäfte blos nach ihrem Weſen ohne Berückſichtigung ihrer Beziehung zu einander. Letzteres Verfahren hat für

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 591. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/647>, abgerufen am 28.04.2024.