Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

aufgegangener Pflänzchen besetzt ist, muß der Nichtforstmann scharf ansehen,
um die Fläche nicht für ein nutzloses verunkrautetes Feld zu halten. Die
Freude über eine gelungene Kultur -- sicherlich die Hauptfreude des pflicht-
treuen Forstmannes -- kommt dem Laien manchmal höchst sonderbar vor,
denn er sieht ja nichts, worüber sich zu freuen wäre. Aber es kommt auch
der umgekehrte Fall vor. Der aus seinen Mauern hinauskommende Städter
bewundert eine vielleicht vier Jahre alte Fichtenpflanzung, in der die Pflanzen
in Reihe und Glied aufmarschirt stehen. Er sieht nicht, was sein Begleiter
sieht, daß die Pflanzen nicht wachsen wollen, daß die Kultur mißrathen ist.
Gerade was Jenem gefällt, das Gedrungene, Buschige, die Fülle dichtbei-
sammenstehender Triebe, das beweist Letzterem das "Butten" der Pflanzen;
er verlangt, daß der Herztrieb mindestens handlang emporgeschossen sein soll.

Die Ausführung der Pflanzkultur ist seit die Forstwirthschaft wissen-
schaftlichen Regeln folgt ein Feld des vielfältigsten Experimentirens ge-
worden, so daß jetzt je nach Umständen die verschiedensten Verfahrungs-
arten befolgt werden. Ueber allen diesen, von denen keine den unbedingten
Vorzug vor allen übrigen für sich allein in Anspruch nehmen kann, steht
als allgemeine Regel, daß man bei dem Ausheben die Wurzel möglichst
wenig verletzt, diese während des Transports auf die Kulturfläche nicht
vertrockne und daß an der neuen Pflanzstätte die Wurzel in eine gedeihliche
Lage komme. Wahrlich, bei den vielen Tausenden von Pflanzen keine
leichte Aufgabe!

Wie groß und tief die Pflanzlöcher, wie weit von einander und in
welcher Anordnung oder wie dafür gesagt wird: in welchem "Verband"
(ob in Dreieck-, Rechteck- oder Reihenverband) sie gemacht sein müssen,
wie groß und alt die Pflanzen sein und ob sie an Wurzeln und Zweigen be-
schnitten werden dürfen, ob sie höher oder tiefer in den Pflanzlöchern zu
stehen kommen müssen -- dies und noch manches Andere ist vor der
Ausführung der Kultur je nach den vorliegenden Verhältnissen zu er-
wägen, wobei man zu bedenken hat, daß es in vielen Fällen nicht mög-
lich ist, die eingesetzten Bäumchen anzugießen sondern diese dem Belieben
des Himmels anheim gegeben werden müssen.

Von den verschiedenen Pflanzmethoden sind folgende die wichtigsten,
neben welchen als die schlichte Regel die zu neunen ist, daß die sorgfältig
aber ohne anhaftende Erde ausgehobenen (nicht ausgezogenen) Pflanzen

aufgegangener Pflänzchen beſetzt iſt, muß der Nichtforſtmann ſcharf anſehen,
um die Fläche nicht für ein nutzloſes verunkrautetes Feld zu halten. Die
Freude über eine gelungene Kultur — ſicherlich die Hauptfreude des pflicht-
treuen Forſtmannes — kommt dem Laien manchmal höchſt ſonderbar vor,
denn er ſieht ja nichts, worüber ſich zu freuen wäre. Aber es kommt auch
der umgekehrte Fall vor. Der aus ſeinen Mauern hinauskommende Städter
bewundert eine vielleicht vier Jahre alte Fichtenpflanzung, in der die Pflanzen
in Reihe und Glied aufmarſchirt ſtehen. Er ſieht nicht, was ſein Begleiter
ſieht, daß die Pflanzen nicht wachſen wollen, daß die Kultur mißrathen iſt.
Gerade was Jenem gefällt, das Gedrungene, Buſchige, die Fülle dichtbei-
ſammenſtehender Triebe, das beweiſt Letzterem das „Butten“ der Pflanzen;
er verlangt, daß der Herztrieb mindeſtens handlang emporgeſchoſſen ſein ſoll.

Die Ausführung der Pflanzkultur iſt ſeit die Forſtwirthſchaft wiſſen-
ſchaftlichen Regeln folgt ein Feld des vielfältigſten Experimentirens ge-
worden, ſo daß jetzt je nach Umſtänden die verſchiedenſten Verfahrungs-
arten befolgt werden. Ueber allen dieſen, von denen keine den unbedingten
Vorzug vor allen übrigen für ſich allein in Anſpruch nehmen kann, ſteht
als allgemeine Regel, daß man bei dem Ausheben die Wurzel möglichſt
wenig verletzt, dieſe während des Transports auf die Kulturfläche nicht
vertrockne und daß an der neuen Pflanzſtätte die Wurzel in eine gedeihliche
Lage komme. Wahrlich, bei den vielen Tauſenden von Pflanzen keine
leichte Aufgabe!

Wie groß und tief die Pflanzlöcher, wie weit von einander und in
welcher Anordnung oder wie dafür geſagt wird: in welchem „Verband“
(ob in Dreieck-, Rechteck- oder Reihenverband) ſie gemacht ſein müſſen,
wie groß und alt die Pflanzen ſein und ob ſie an Wurzeln und Zweigen be-
ſchnitten werden dürfen, ob ſie höher oder tiefer in den Pflanzlöchern zu
ſtehen kommen müſſen — dies und noch manches Andere iſt vor der
Ausführung der Kultur je nach den vorliegenden Verhältniſſen zu er-
wägen, wobei man zu bedenken hat, daß es in vielen Fällen nicht mög-
lich iſt, die eingeſetzten Bäumchen anzugießen ſondern dieſe dem Belieben
des Himmels anheim gegeben werden müſſen.

Von den verſchiedenen Pflanzmethoden ſind folgende die wichtigſten,
neben welchen als die ſchlichte Regel die zu neunen iſt, daß die ſorgfältig
aber ohne anhaftende Erde ausgehobenen (nicht ausgezogenen) Pflanzen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0653" n="597"/>
aufgegangener Pflänzchen be&#x017F;etzt i&#x017F;t, muß der Nichtfor&#x017F;tmann &#x017F;charf an&#x017F;ehen,<lb/>
um die Fläche nicht für ein nutzlo&#x017F;es verunkrautetes Feld zu halten. Die<lb/>
Freude über eine gelungene Kultur &#x2014; &#x017F;icherlich die Hauptfreude des pflicht-<lb/>
treuen For&#x017F;tmannes &#x2014; kommt dem Laien manchmal höch&#x017F;t &#x017F;onderbar vor,<lb/>
denn er &#x017F;ieht ja nichts, worüber &#x017F;ich zu freuen wäre. Aber es kommt auch<lb/>
der umgekehrte Fall vor. Der aus &#x017F;einen Mauern hinauskommende Städter<lb/>
bewundert eine vielleicht vier Jahre alte Fichtenpflanzung, in der die Pflanzen<lb/>
in Reihe und Glied aufmar&#x017F;chirt &#x017F;tehen. Er &#x017F;ieht nicht, was &#x017F;ein Begleiter<lb/>
&#x017F;ieht, daß die Pflanzen nicht wach&#x017F;en wollen, daß die Kultur mißrathen i&#x017F;t.<lb/>
Gerade was Jenem gefällt, das Gedrungene, Bu&#x017F;chige, die Fülle dichtbei-<lb/>
&#x017F;ammen&#x017F;tehender Triebe, das bewei&#x017F;t Letzterem das &#x201E;Butten&#x201C; der Pflanzen;<lb/>
er verlangt, daß der Herztrieb minde&#x017F;tens handlang emporge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ein &#x017F;oll.</p><lb/>
            <p>Die Ausführung der Pflanzkultur i&#x017F;t &#x017F;eit die For&#x017F;twirth&#x017F;chaft wi&#x017F;&#x017F;en-<lb/>
&#x017F;chaftlichen Regeln folgt ein Feld des vielfältig&#x017F;ten Experimentirens ge-<lb/>
worden, &#x017F;o daß jetzt je nach Um&#x017F;tänden die ver&#x017F;chieden&#x017F;ten Verfahrungs-<lb/>
arten befolgt werden. Ueber allen die&#x017F;en, von denen keine den unbedingten<lb/>
Vorzug vor allen übrigen für &#x017F;ich allein in An&#x017F;pruch nehmen kann, &#x017F;teht<lb/>
als allgemeine Regel, daß man bei dem Ausheben die Wurzel möglich&#x017F;t<lb/>
wenig verletzt, die&#x017F;e während des Transports auf die Kulturfläche nicht<lb/>
vertrockne und daß an der neuen Pflanz&#x017F;tätte die Wurzel in eine gedeihliche<lb/>
Lage komme. Wahrlich, bei den vielen Tau&#x017F;enden von Pflanzen keine<lb/>
leichte Aufgabe!</p><lb/>
            <p>Wie groß und tief die Pflanzlöcher, wie weit von einander und in<lb/>
welcher Anordnung oder wie dafür ge&#x017F;agt wird: in welchem &#x201E;Verband&#x201C;<lb/>
(ob in Dreieck-, Rechteck- oder Reihenverband) &#x017F;ie gemacht &#x017F;ein mü&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
wie groß und alt die Pflanzen &#x017F;ein und ob &#x017F;ie an Wurzeln und Zweigen be-<lb/>
&#x017F;chnitten werden dürfen, ob &#x017F;ie höher oder tiefer in den Pflanzlöchern zu<lb/>
&#x017F;tehen kommen mü&#x017F;&#x017F;en &#x2014; dies und noch manches Andere i&#x017F;t vor der<lb/>
Ausführung der Kultur je nach den vorliegenden Verhältni&#x017F;&#x017F;en zu er-<lb/>
wägen, wobei man zu bedenken hat, daß es in vielen Fällen nicht mög-<lb/>
lich i&#x017F;t, die einge&#x017F;etzten Bäumchen anzugießen &#x017F;ondern die&#x017F;e dem Belieben<lb/>
des Himmels anheim gegeben werden mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Von den ver&#x017F;chiedenen Pflanzmethoden &#x017F;ind folgende die wichtig&#x017F;ten,<lb/>
neben welchen als die &#x017F;chlichte Regel die zu neunen i&#x017F;t, daß die &#x017F;orgfältig<lb/>
aber ohne anhaftende Erde ausgehobenen (nicht ausgezogenen) Pflanzen<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[597/0653] aufgegangener Pflänzchen beſetzt iſt, muß der Nichtforſtmann ſcharf anſehen, um die Fläche nicht für ein nutzloſes verunkrautetes Feld zu halten. Die Freude über eine gelungene Kultur — ſicherlich die Hauptfreude des pflicht- treuen Forſtmannes — kommt dem Laien manchmal höchſt ſonderbar vor, denn er ſieht ja nichts, worüber ſich zu freuen wäre. Aber es kommt auch der umgekehrte Fall vor. Der aus ſeinen Mauern hinauskommende Städter bewundert eine vielleicht vier Jahre alte Fichtenpflanzung, in der die Pflanzen in Reihe und Glied aufmarſchirt ſtehen. Er ſieht nicht, was ſein Begleiter ſieht, daß die Pflanzen nicht wachſen wollen, daß die Kultur mißrathen iſt. Gerade was Jenem gefällt, das Gedrungene, Buſchige, die Fülle dichtbei- ſammenſtehender Triebe, das beweiſt Letzterem das „Butten“ der Pflanzen; er verlangt, daß der Herztrieb mindeſtens handlang emporgeſchoſſen ſein ſoll. Die Ausführung der Pflanzkultur iſt ſeit die Forſtwirthſchaft wiſſen- ſchaftlichen Regeln folgt ein Feld des vielfältigſten Experimentirens ge- worden, ſo daß jetzt je nach Umſtänden die verſchiedenſten Verfahrungs- arten befolgt werden. Ueber allen dieſen, von denen keine den unbedingten Vorzug vor allen übrigen für ſich allein in Anſpruch nehmen kann, ſteht als allgemeine Regel, daß man bei dem Ausheben die Wurzel möglichſt wenig verletzt, dieſe während des Transports auf die Kulturfläche nicht vertrockne und daß an der neuen Pflanzſtätte die Wurzel in eine gedeihliche Lage komme. Wahrlich, bei den vielen Tauſenden von Pflanzen keine leichte Aufgabe! Wie groß und tief die Pflanzlöcher, wie weit von einander und in welcher Anordnung oder wie dafür geſagt wird: in welchem „Verband“ (ob in Dreieck-, Rechteck- oder Reihenverband) ſie gemacht ſein müſſen, wie groß und alt die Pflanzen ſein und ob ſie an Wurzeln und Zweigen be- ſchnitten werden dürfen, ob ſie höher oder tiefer in den Pflanzlöchern zu ſtehen kommen müſſen — dies und noch manches Andere iſt vor der Ausführung der Kultur je nach den vorliegenden Verhältniſſen zu er- wägen, wobei man zu bedenken hat, daß es in vielen Fällen nicht mög- lich iſt, die eingeſetzten Bäumchen anzugießen ſondern dieſe dem Belieben des Himmels anheim gegeben werden müſſen. Von den verſchiedenen Pflanzmethoden ſind folgende die wichtigſten, neben welchen als die ſchlichte Regel die zu neunen iſt, daß die ſorgfältig aber ohne anhaftende Erde ausgehobenen (nicht ausgezogenen) Pflanzen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/653
Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 597. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/653>, abgerufen am 14.05.2024.