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Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863.

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Eine der wesentlichsten Bedingungen, durch welche eine Gebirgsart
mehr oder weniger fruchtbaren Waldboden bilden kann, liegt in dem
größeren oder geringeren Grade, in welchem das Wasser in die Poren
desselben eindringen kann und eine auflösende Kraft auf sie ausübt. Diese
Seite der Gebirgsarten ist eben so wichtig als die, ob dieselben mehr oder
weniger aus solchen Stoffen bestehen, welche im aufgelösten Zustande zur
Nahrung dienen können.

Es ist hier ein für allemal als eins der wichtigsten Gesetze des
Pflanzenlebens einzuschalten, daß die Pflanze nur Lösungen aufzunehmen
im Stande ist; auch noch so fein zertheilte Stoffe, welche das Wasser
nur beigemengt enthält, vermögen nicht in die Wurzel einzudringen.
Sie werden an ihrer Außenseite abgelagert, während das Wasser selbst
mit den in ihm vollkommen gelösten Stoffen durch die Häute der äußeren
Zellenschichten hindurch in das Innere der Wurzel eindringt.

Der Umfang, bis zu welchem die chemische Einwirkung des Wassers,
vorzüglich durch dessen Kohlensäuregehalt, die Felsen in ihrem Gefüge
aufzulockern und zum Zerfallen zu bringen vermag, ist nach der Be-
schaffenheit der Gesteine natürlich sehr verschieden. Hand in Hand gehen
mit ihr des Wassers physikalische Eigenschaften, namentlich die, beim
Gefrieren sich auszudehnen. Das in die Poren und Haarspalten der Ge-
steine eingedrungene Wasser wirkt dabei in der Form unzähliger kleiner
Keile, weil es sich beim Gefrieren ausdehnt und die Steintheilchen aus-
einander sprengt.

Dies letztere ist namentlich bei zusammengesetzten sogenannten krystalli-
nischen Gebirgsarten, z. B. Granit, Gneis, Syenit, der Fall, indem in
solchen in den Berührungsflächen der sie zusammensetzenden Stein-
arten gewissermaßen der Weg angedeutet ist, welchen das eindringende
Wasser zu nehmen hat. Daher finden wir sehr oft auf Granitgebirgen
den Waldboden aus einem nach oben hin immer feineren, nach unten

und ihre gestaltliche Beschaffenheit und andere an der Farbe, Härte, Glanz etc. sich aus-
sprechende Merkmale charakterisirte Steine, z. B. Feldspath, Glimmer, Quarz, Zinn,
Diamant. Die drei erstgenannten Steinarten bilden durch ihre Verbindung die Ge-
steinsart
Granit, welcher also eine zusammengesetzte Gesteinsart oder Gebirgsart ist.
Der Kalkstein ist beides zugleich: Steinart, weil er eine durch obige Merkmale für sich
bestehende besondere Art ist, Gesteinsart, weil er felsenbildend vorkommt.

Eine der weſentlichſten Bedingungen, durch welche eine Gebirgsart
mehr oder weniger fruchtbaren Waldboden bilden kann, liegt in dem
größeren oder geringeren Grade, in welchem das Waſſer in die Poren
deſſelben eindringen kann und eine auflöſende Kraft auf ſie ausübt. Dieſe
Seite der Gebirgsarten iſt eben ſo wichtig als die, ob dieſelben mehr oder
weniger aus ſolchen Stoffen beſtehen, welche im aufgelöſten Zuſtande zur
Nahrung dienen können.

Es iſt hier ein für allemal als eins der wichtigſten Geſetze des
Pflanzenlebens einzuſchalten, daß die Pflanze nur Löſungen aufzunehmen
im Stande iſt; auch noch ſo fein zertheilte Stoffe, welche das Waſſer
nur beigemengt enthält, vermögen nicht in die Wurzel einzudringen.
Sie werden an ihrer Außenſeite abgelagert, während das Waſſer ſelbſt
mit den in ihm vollkommen gelöſten Stoffen durch die Häute der äußeren
Zellenſchichten hindurch in das Innere der Wurzel eindringt.

Der Umfang, bis zu welchem die chemiſche Einwirkung des Waſſers,
vorzüglich durch deſſen Kohlenſäuregehalt, die Felſen in ihrem Gefüge
aufzulockern und zum Zerfallen zu bringen vermag, iſt nach der Be-
ſchaffenheit der Geſteine natürlich ſehr verſchieden. Hand in Hand gehen
mit ihr des Waſſers phyſikaliſche Eigenſchaften, namentlich die, beim
Gefrieren ſich auszudehnen. Das in die Poren und Haarſpalten der Ge-
ſteine eingedrungene Waſſer wirkt dabei in der Form unzähliger kleiner
Keile, weil es ſich beim Gefrieren ausdehnt und die Steintheilchen aus-
einander ſprengt.

Dies letztere iſt namentlich bei zuſammengeſetzten ſogenannten kryſtalli-
niſchen Gebirgsarten, z. B. Granit, Gneis, Syenit, der Fall, indem in
ſolchen in den Berührungsflächen der ſie zuſammenſetzenden Stein-
arten gewiſſermaßen der Weg angedeutet iſt, welchen das eindringende
Waſſer zu nehmen hat. Daher finden wir ſehr oft auf Granitgebirgen
den Waldboden aus einem nach oben hin immer feineren, nach unten

und ihre geſtaltliche Beſchaffenheit und andere an der Farbe, Härte, Glanz etc. ſich aus-
ſprechende Merkmale charakteriſirte Steine, z. B. Feldſpath, Glimmer, Quarz, Zinn,
Diamant. Die drei erſtgenannten Steinarten bilden durch ihre Verbindung die Ge-
ſteinsart
Granit, welcher alſo eine zuſammengeſetzte Geſteinsart oder Gebirgsart iſt.
Der Kalkſtein iſt beides zugleich: Steinart, weil er eine durch obige Merkmale für ſich
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[44/0068] Eine der weſentlichſten Bedingungen, durch welche eine Gebirgsart mehr oder weniger fruchtbaren Waldboden bilden kann, liegt in dem größeren oder geringeren Grade, in welchem das Waſſer in die Poren deſſelben eindringen kann und eine auflöſende Kraft auf ſie ausübt. Dieſe Seite der Gebirgsarten iſt eben ſo wichtig als die, ob dieſelben mehr oder weniger aus ſolchen Stoffen beſtehen, welche im aufgelöſten Zuſtande zur Nahrung dienen können. Es iſt hier ein für allemal als eins der wichtigſten Geſetze des Pflanzenlebens einzuſchalten, daß die Pflanze nur Löſungen aufzunehmen im Stande iſt; auch noch ſo fein zertheilte Stoffe, welche das Waſſer nur beigemengt enthält, vermögen nicht in die Wurzel einzudringen. Sie werden an ihrer Außenſeite abgelagert, während das Waſſer ſelbſt mit den in ihm vollkommen gelöſten Stoffen durch die Häute der äußeren Zellenſchichten hindurch in das Innere der Wurzel eindringt. Der Umfang, bis zu welchem die chemiſche Einwirkung des Waſſers, vorzüglich durch deſſen Kohlenſäuregehalt, die Felſen in ihrem Gefüge aufzulockern und zum Zerfallen zu bringen vermag, iſt nach der Be- ſchaffenheit der Geſteine natürlich ſehr verſchieden. Hand in Hand gehen mit ihr des Waſſers phyſikaliſche Eigenſchaften, namentlich die, beim Gefrieren ſich auszudehnen. Das in die Poren und Haarſpalten der Ge- ſteine eingedrungene Waſſer wirkt dabei in der Form unzähliger kleiner Keile, weil es ſich beim Gefrieren ausdehnt und die Steintheilchen aus- einander ſprengt. Dies letztere iſt namentlich bei zuſammengeſetzten ſogenannten kryſtalli- niſchen Gebirgsarten, z. B. Granit, Gneis, Syenit, der Fall, indem in ſolchen in den Berührungsflächen der ſie zuſammenſetzenden Stein- arten gewiſſermaßen der Weg angedeutet iſt, welchen das eindringende Waſſer zu nehmen hat. Daher finden wir ſehr oft auf Granitgebirgen den Waldboden aus einem nach oben hin immer feineren, nach unten *) *) und ihre geſtaltliche Beſchaffenheit und andere an der Farbe, Härte, Glanz etc. ſich aus- ſprechende Merkmale charakteriſirte Steine, z. B. Feldſpath, Glimmer, Quarz, Zinn, Diamant. Die drei erſtgenannten Steinarten bilden durch ihre Verbindung die Ge- ſteinsart Granit, welcher alſo eine zuſammengeſetzte Geſteinsart oder Gebirgsart iſt. Der Kalkſtein iſt beides zugleich: Steinart, weil er eine durch obige Merkmale für ſich beſtehende beſondere Art iſt, Geſteinsart, weil er felſenbildend vorkommt.

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Zitationshilfe: Roßmäßler, Emil Adolf: Der Wald. Leipzig u. a., 1863, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rossmaessler_wald_1863/68>, abgerufen am 13.05.2024.