Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

ihr sonst am seltensten geboten wird, und begnüg-
te sich damit. Aus Mathildens Erzählung an
Gertrud weiß ich, daß man in ihrer Eltern
Hause viel aus einer leckern Tafel machte, und
daß die Kinder von allem bekamen. Jch überließ
sie hier ganz ihrem Willen, und sie nahm dessen
treflich wahr. Sie hat eine robuste Natur. Den-
noch merkte man es ihr nach drei Tagen schon an,
daß sie nicht Maaß gehalten. Sie ward etwas
bleicher und träger wie sonst. Jda blühte sicht-
lich auf. O daß wir immer auf dem Lande seyn
könnten!

Zum Pfarrhofe gehört ein sehr schöner Obst-
und Gemüse-Garten. Nahe am Hause ist ein
großer runder Rasenplatz, auf der einen Seite
mit Akazien und mancherlei Gesträuch und Bäu-
men in einem Halbzirkel malerisch umpflanzt.
Auf diesem Rasen wird Mittags gespeis't. Für
das Abendessen haben sie einen andern schönen
freien Platz mit einer köstlichen Aussicht nach
Westen eingerichtet, von wo man die Sonne
über die Gebirge untergehen sieht.

ihr ſonſt am ſeltenſten geboten wird, und begnüg-
te ſich damit. Aus Mathildens Erzählung an
Gertrud weiß ich, daß man in ihrer Eltern
Hauſe viel aus einer leckern Tafel machte, und
daß die Kinder von allem bekamen. Jch überließ
ſie hier ganz ihrem Willen, und ſie nahm deſſen
treflich wahr. Sie hat eine robuſte Natur. Den-
noch merkte man es ihr nach drei Tagen ſchon an,
daß ſie nicht Maaß gehalten. Sie ward etwas
bleicher und träger wie ſonſt. Jda blühte ſicht-
lich auf. O daß wir immer auf dem Lande ſeyn
könnten!

Zum Pfarrhofe gehört ein ſehr ſchöner Obſt-
und Gemüſe-Garten. Nahe am Hauſe iſt ein
großer runder Raſenplatz, auf der einen Seite
mit Akazien und mancherlei Geſträuch und Bäu-
men in einem Halbzirkel maleriſch umpflanzt.
Auf dieſem Raſen wird Mittags geſpeiſ’t. Für
das Abendeſſen haben ſie einen andern ſchönen
freien Platz mit einer köſtlichen Ausſicht nach
Weſten eingerichtet, von wo man die Sonne
über die Gebirge untergehen ſieht.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0188" n="174"/>
ihr &#x017F;on&#x017F;t am &#x017F;elten&#x017F;ten geboten wird, und begnüg-<lb/>
te &#x017F;ich damit. Aus Mathildens Erzählung an<lb/>
Gertrud weiß ich, daß man in ihrer Eltern<lb/>
Hau&#x017F;e viel aus einer leckern Tafel machte, und<lb/>
daß die Kinder von allem bekamen. Jch überließ<lb/>
&#x017F;ie hier ganz ihrem Willen, und &#x017F;ie nahm de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
treflich wahr. Sie hat eine robu&#x017F;te Natur. Den-<lb/>
noch merkte man es ihr nach drei Tagen &#x017F;chon an,<lb/>
daß &#x017F;ie nicht Maaß gehalten. Sie ward etwas<lb/>
bleicher und träger wie &#x017F;on&#x017F;t. Jda blühte &#x017F;icht-<lb/>
lich auf. O daß wir immer auf dem Lande &#x017F;eyn<lb/>
könnten!</p><lb/>
          <p>Zum Pfarrhofe gehört ein &#x017F;ehr &#x017F;chöner Ob&#x017F;t-<lb/>
und Gemü&#x017F;e-Garten. Nahe am Hau&#x017F;e i&#x017F;t ein<lb/>
großer runder Ra&#x017F;enplatz, auf der einen Seite<lb/>
mit Akazien und mancherlei Ge&#x017F;träuch und Bäu-<lb/>
men in einem Halbzirkel maleri&#x017F;ch umpflanzt.<lb/>
Auf die&#x017F;em Ra&#x017F;en wird Mittags ge&#x017F;pei&#x017F;&#x2019;t. Für<lb/>
das Abende&#x017F;&#x017F;en haben &#x017F;ie einen andern &#x017F;chönen<lb/>
freien Platz mit einer kö&#x017F;tlichen Aus&#x017F;icht nach<lb/>
We&#x017F;ten eingerichtet, von wo man die Sonne<lb/>
über die Gebirge untergehen &#x017F;ieht.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[174/0188] ihr ſonſt am ſeltenſten geboten wird, und begnüg- te ſich damit. Aus Mathildens Erzählung an Gertrud weiß ich, daß man in ihrer Eltern Hauſe viel aus einer leckern Tafel machte, und daß die Kinder von allem bekamen. Jch überließ ſie hier ganz ihrem Willen, und ſie nahm deſſen treflich wahr. Sie hat eine robuſte Natur. Den- noch merkte man es ihr nach drei Tagen ſchon an, daß ſie nicht Maaß gehalten. Sie ward etwas bleicher und träger wie ſonſt. Jda blühte ſicht- lich auf. O daß wir immer auf dem Lande ſeyn könnten! Zum Pfarrhofe gehört ein ſehr ſchöner Obſt- und Gemüſe-Garten. Nahe am Hauſe iſt ein großer runder Raſenplatz, auf der einen Seite mit Akazien und mancherlei Geſträuch und Bäu- men in einem Halbzirkel maleriſch umpflanzt. Auf dieſem Raſen wird Mittags geſpeiſ’t. Für das Abendeſſen haben ſie einen andern ſchönen freien Platz mit einer köſtlichen Ausſicht nach Weſten eingerichtet, von wo man die Sonne über die Gebirge untergehen ſieht.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/188
Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 1. Heidelberg, 1807, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung01_1807/188>, abgerufen am 03.05.2024.