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Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807.

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Geheimniß der übrigen Geisterwelt belastet wer-
den! Er schüttelte das Haupt noch ein wenig, ob-
gleich er etwas von Wahrheit in der Antwort füh-
len mochte. Lebe für heute wohl, meine Gute!
Deine Jda hat Dir ganz ausführlich geschrieben.



Acht und sechszigster Brief.

Unsere arme Seraphine ist sehr krank gewesen.
Sie hat uns viel Angst gemacht. Jch und die
Kinder haben wechselsweise bei ihr gewacht. Durch
diese Krankheit und besonders in der nachfolgenden
Kränkelei der langsamen Genesung ist uns die
Kleine gar eigenwillig worden. So lange sie sehr
litt, geschah alles wie sie es wollte; dies ist seit-
dem zu einer Art Gewohnheit worden, und das
macht uns viel zu schaffen. Jetzt habe ich's beson-
ders mit der allzuweichen Jda und mit der seelen-
guten Clare zu thun, daß sie in ihrer Nachgiebig-
keit nicht zu weit gehen. "Tante, ich will ja so
gerne was das beste ist, und kann es hier auch



Geheimniß der übrigen Geiſterwelt belaſtet wer-
den! Er ſchüttelte das Haupt noch ein wenig, ob-
gleich er etwas von Wahrheit in der Antwort füh-
len mochte. Lebe für heute wohl, meine Gute!
Deine Jda hat Dir ganz ausführlich geſchrieben.



Acht und ſechszigſter Brief.

Unſere arme Seraphine iſt ſehr krank geweſen.
Sie hat uns viel Angſt gemacht. Jch und die
Kinder haben wechſelsweiſe bei ihr gewacht. Durch
dieſe Krankheit und beſonders in der nachfolgenden
Kränkelei der langſamen Geneſung iſt uns die
Kleine gar eigenwillig worden. So lange ſie ſehr
litt, geſchah alles wie ſie es wollte; dies iſt ſeit-
dem zu einer Art Gewohnheit worden, und das
macht uns viel zu ſchaffen. Jetzt habe ich’s beſon-
ders mit der allzuweichen Jda und mit der ſeelen-
guten Clare zu thun, daß ſie in ihrer Nachgiebig-
keit nicht zu weit gehen. „Tante, ich will ja ſo
gerne was das beſte iſt, und kann es hier auch

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[227/0235] Geheimniß der übrigen Geiſterwelt belaſtet wer- den! Er ſchüttelte das Haupt noch ein wenig, ob- gleich er etwas von Wahrheit in der Antwort füh- len mochte. Lebe für heute wohl, meine Gute! Deine Jda hat Dir ganz ausführlich geſchrieben. Acht und ſechszigſter Brief. Unſere arme Seraphine iſt ſehr krank geweſen. Sie hat uns viel Angſt gemacht. Jch und die Kinder haben wechſelsweiſe bei ihr gewacht. Durch dieſe Krankheit und beſonders in der nachfolgenden Kränkelei der langſamen Geneſung iſt uns die Kleine gar eigenwillig worden. So lange ſie ſehr litt, geſchah alles wie ſie es wollte; dies iſt ſeit- dem zu einer Art Gewohnheit worden, und das macht uns viel zu ſchaffen. Jetzt habe ich’s beſon- ders mit der allzuweichen Jda und mit der ſeelen- guten Clare zu thun, daß ſie in ihrer Nachgiebig- keit nicht zu weit gehen. „Tante, ich will ja ſo gerne was das beſte iſt, und kann es hier auch

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Zitationshilfe: Rudolphi, Caroline Christiane Louise: Gemälde weiblicher Erziehung. Bd. 2. Heidelberg, 1807, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rudolphi_erziehung02_1807/235>, abgerufen am 30.04.2024.