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Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838.

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54.
Schön ist es überall, ein Stellvertreter seyn,
Zu gelten für die Welt, und nicht für sich allein.
Die vielen gehn dahin, vom Drang des Tags getrieben,
Und wo sie gingen, ist nicht ihre Spur geblieben.
Stehn bleiben wenige, das Zeugniß nachzutragen
Vom Streben ihrer Zeit, wann andre Zeiten tagen.
Das sind die Geister auf der Menschheit höchsten Stufen,
Bei deren Namen sind die Zeiten aufgerufen.
Doch wie ein weit Gebirg am Horizonte sinkt,
Und endlich sichtbar nur der höchste Gipfel blinkt;
Die vielen Gipfel, die im Ferneduft verschwammen,
Sind gleichsam unsichtbar im Einen nun beisammen;
So von den Geistern auch wird Einem aufgetragen,
Im Namen aller, die hinuntergehn, zu ragen;
Und alles sammelt sich, was groß nur ist und schön,
Um die am Horizont geblieb'nen Menschheitshöhn.

54.
Schoͤn iſt es uͤberall, ein Stellvertreter ſeyn,
Zu gelten fuͤr die Welt, und nicht fuͤr ſich allein.
Die vielen gehn dahin, vom Drang des Tags getrieben,
Und wo ſie gingen, iſt nicht ihre Spur geblieben.
Stehn bleiben wenige, das Zeugniß nachzutragen
Vom Streben ihrer Zeit, wann andre Zeiten tagen.
Das ſind die Geiſter auf der Menſchheit hoͤchſten Stufen,
Bei deren Namen ſind die Zeiten aufgerufen.
Doch wie ein weit Gebirg am Horizonte ſinkt,
Und endlich ſichtbar nur der hoͤchſte Gipfel blinkt;
Die vielen Gipfel, die im Ferneduft verſchwammen,
Sind gleichſam unſichtbar im Einen nun beiſammen;
So von den Geiſtern auch wird Einem aufgetragen,
Im Namen aller, die hinuntergehn, zu ragen;
Und alles ſammelt ſich, was groß nur iſt und ſchoͤn,
Um die am Horizont geblieb'nen Menſchheitshoͤhn.

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[300/0310] 54. Schoͤn iſt es uͤberall, ein Stellvertreter ſeyn, Zu gelten fuͤr die Welt, und nicht fuͤr ſich allein. Die vielen gehn dahin, vom Drang des Tags getrieben, Und wo ſie gingen, iſt nicht ihre Spur geblieben. Stehn bleiben wenige, das Zeugniß nachzutragen Vom Streben ihrer Zeit, wann andre Zeiten tagen. Das ſind die Geiſter auf der Menſchheit hoͤchſten Stufen, Bei deren Namen ſind die Zeiten aufgerufen. Doch wie ein weit Gebirg am Horizonte ſinkt, Und endlich ſichtbar nur der hoͤchſte Gipfel blinkt; Die vielen Gipfel, die im Ferneduft verſchwammen, Sind gleichſam unſichtbar im Einen nun beiſammen; So von den Geiſtern auch wird Einem aufgetragen, Im Namen aller, die hinuntergehn, zu ragen; Und alles ſammelt ſich, was groß nur iſt und ſchoͤn, Um die am Horizont geblieb'nen Menſchheitshoͤhn.

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Zitationshilfe: Rückert, Friedrich: Die Weisheit des Brahmanen. Bd. 4. Leipzig, 1838, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rueckert_brahmane04_1838/310>, abgerufen am 28.04.2024.