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Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827.

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für die nachfolgende der fränkisch-sächsischen Herrschaft viel zu
alterthümlich und selbst zu kunstreich; daß die Namenszüge
der Heiligen in eckigen, obwohl ungleichen Capitalbuchstaben
geschrieben sind, welche keine neuere Schrift-Gewohnheiten
verrathen: so dürfte die Vermuthung, daß sie vor Ankunft
Karls des Großen oder während der longobardischen Herrschaft
beschafft worden, an Sicherheit gewinnen. Gewiß ist das
Gemäuer, an welchem diese Malereyen haften, nach seiner ar-
chitectonischen Anlage und Ausführung *) um Vieles älter,
als der neue Bau; auch haben die roh angelegten Verstärkun-
gen der Seitenmauern der Unterkirche offenbar den Zweck, die
Pfeiler der oberen, neueren Kirche zu unterstützen. Die An-
nahme eines örtlichen Forschers, daß jene Malereyen nicht
früher, als eben damals beschafft worden, als der Heilige
seine neue, glänzendere Wohnung bezog, ist nach diesen Vor-
aussetzungen ganz unhaltbar **).

Den eben beschriebenen Wandmalereyen sind die besser
bewahrten der kleinen, gleichfalls unterirdischen Kapelle S.
Nazario e Celso zu Verona in Entwurf, Manier und Aus-
führung nicht unähnlich. Ich übergehe sie indeß, da sie vor
kurzem beschrieben und so glücklich charakterisirt worden, daß
Niemand so leicht ihr Zeitalter verkennen wird ***).


*) S. Disamina degli scritt. e Doc. risguardauti S. Rufino vesc.
e martire di Asisi. ib. 1797. 4. p. 171. s
.
**) Ebendas. Die Vermuthung dieses Localscribenten ist durchaus
unbegründet, nur einer jener willkührlichen Griffe, in welche die
Geschichtschreiber leicht verfallen, wenn es Dinge angeht, die ihnen
minder wichtig scheinen.
***) S. Fr. H. von der Hagen, Briefe in die Heimat,
Bd. II. S. 62.

fuͤr die nachfolgende der fraͤnkiſch-ſaͤchſiſchen Herrſchaft viel zu
alterthuͤmlich und ſelbſt zu kunſtreich; daß die Namenszuͤge
der Heiligen in eckigen, obwohl ungleichen Capitalbuchſtaben
geſchrieben ſind, welche keine neuere Schrift-Gewohnheiten
verrathen: ſo duͤrfte die Vermuthung, daß ſie vor Ankunft
Karls des Großen oder waͤhrend der longobardiſchen Herrſchaft
beſchafft worden, an Sicherheit gewinnen. Gewiß iſt das
Gemaͤuer, an welchem dieſe Malereyen haften, nach ſeiner ar-
chitectoniſchen Anlage und Ausfuͤhrung *) um Vieles aͤlter,
als der neue Bau; auch haben die roh angelegten Verſtaͤrkun-
gen der Seitenmauern der Unterkirche offenbar den Zweck, die
Pfeiler der oberen, neueren Kirche zu unterſtuͤtzen. Die An-
nahme eines oͤrtlichen Forſchers, daß jene Malereyen nicht
fruͤher, als eben damals beſchafft worden, als der Heilige
ſeine neue, glaͤnzendere Wohnung bezog, iſt nach dieſen Vor-
ausſetzungen ganz unhaltbar **).

Den eben beſchriebenen Wandmalereyen ſind die beſſer
bewahrten der kleinen, gleichfalls unterirdiſchen Kapelle S.
Nazario e Celſo zu Verona in Entwurf, Manier und Aus-
fuͤhrung nicht unaͤhnlich. Ich uͤbergehe ſie indeß, da ſie vor
kurzem beſchrieben und ſo gluͤcklich charakteriſirt worden, daß
Niemand ſo leicht ihr Zeitalter verkennen wird ***).


*) S. Disamina degli scritt. e Doc. risguardauti S. Rufino vesc.
e martire di Asisi. ib. 1797. 4. p. 171. s
.
**) Ebendaſ. Die Vermuthung dieſes Localſcribenten iſt durchaus
unbegruͤndet, nur einer jener willkuͤhrlichen Griffe, in welche die
Geſchichtſchreiber leicht verfallen, wenn es Dinge angeht, die ihnen
minder wichtig ſcheinen.
***) S. Fr. H. von der Hagen, Briefe in die Heimat,
Bd. II. S. 62.
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[194/0212] fuͤr die nachfolgende der fraͤnkiſch-ſaͤchſiſchen Herrſchaft viel zu alterthuͤmlich und ſelbſt zu kunſtreich; daß die Namenszuͤge der Heiligen in eckigen, obwohl ungleichen Capitalbuchſtaben geſchrieben ſind, welche keine neuere Schrift-Gewohnheiten verrathen: ſo duͤrfte die Vermuthung, daß ſie vor Ankunft Karls des Großen oder waͤhrend der longobardiſchen Herrſchaft beſchafft worden, an Sicherheit gewinnen. Gewiß iſt das Gemaͤuer, an welchem dieſe Malereyen haften, nach ſeiner ar- chitectoniſchen Anlage und Ausfuͤhrung *) um Vieles aͤlter, als der neue Bau; auch haben die roh angelegten Verſtaͤrkun- gen der Seitenmauern der Unterkirche offenbar den Zweck, die Pfeiler der oberen, neueren Kirche zu unterſtuͤtzen. Die An- nahme eines oͤrtlichen Forſchers, daß jene Malereyen nicht fruͤher, als eben damals beſchafft worden, als der Heilige ſeine neue, glaͤnzendere Wohnung bezog, iſt nach dieſen Vor- ausſetzungen ganz unhaltbar **). Den eben beſchriebenen Wandmalereyen ſind die beſſer bewahrten der kleinen, gleichfalls unterirdiſchen Kapelle S. Nazario e Celſo zu Verona in Entwurf, Manier und Aus- fuͤhrung nicht unaͤhnlich. Ich uͤbergehe ſie indeß, da ſie vor kurzem beſchrieben und ſo gluͤcklich charakteriſirt worden, daß Niemand ſo leicht ihr Zeitalter verkennen wird ***). *) S. Disamina degli scritt. e Doc. risguardauti S. Rufino vesc. e martire di Asisi. ib. 1797. 4. p. 171. s. **) Ebendaſ. Die Vermuthung dieſes Localſcribenten iſt durchaus unbegruͤndet, nur einer jener willkuͤhrlichen Griffe, in welche die Geſchichtſchreiber leicht verfallen, wenn es Dinge angeht, die ihnen minder wichtig ſcheinen. ***) S. Fr. H. von der Hagen, Briefe in die Heimat, Bd. II. S. 62.

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Zitationshilfe: Rumohr, Karl Friedrich von: Italienische Forschungen. T. 1. Berlin u. a., 1827, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rumohr_forschungen01_1827/212>, abgerufen am 29.04.2024.