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Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Mir, verstehen Sie, macht er eine ganze Scene, daß ich meine Frau vernachlässige, und was für eine Frau! Eine schöne Frau, eine Frau, die so ein Gemüth hat, pures Gemüth, und eine geistvolle Frau, die den Puschkin lies't, wie ein Gebetbuch.

Das ist leicht zu sagen. Du hast sie beim Samowar, Freund, im Eichhörnchenpelz und lebhaft wie ein Eichkatzel, und ich -- ah! lassen wir das gehen.

Sie läßt sich von ihm also ganze Bücher vorlesen, bekommt dadurch so Ideen und seufzt, wenn von mir die Rede ist.

Und was ist denn eigentlich? Was haben wir uns etwa gethan? -- Wir verstehen uns nicht, sagt sie, wissen Sie, wörtlich aus einem deutschen Buch, wörtlich, sag' ich Ihnen, da haben Sie diese Ideen.

Einmal Nachts komme ich auf diese Weise zu Hause, von einer Licitation von Dobromil, wissen Sie.

Meine Frau sitzt auf dem Divan, den einen Fuß oben und hält das Bein mit den Händen, so verloren vor sich hin.

Mein Freund war eben da. -- Meine Frau hat ihren Eichhörnchenpelz, und dann -- rieche ich ihn. Einen Augenblick möchte ich mich ärgern, aber ich lasse es bleiben. Meine Frau gefällt mir so, ich küsse ihr die Hände und streiche den Pelz an ihrer Jacke. Auf einmal sieht sie mich an, so ein Blick -- so fremd, ich staune nur.

Das kann nicht so bleiben, sagte sie ganz plötzlich.

Mir, verstehen Sie, macht er eine ganze Scene, daß ich meine Frau vernachlässige, und was für eine Frau! Eine schöne Frau, eine Frau, die so ein Gemüth hat, pures Gemüth, und eine geistvolle Frau, die den Puschkin lies't, wie ein Gebetbuch.

Das ist leicht zu sagen. Du hast sie beim Samowar, Freund, im Eichhörnchenpelz und lebhaft wie ein Eichkatzel, und ich — ah! lassen wir das gehen.

Sie läßt sich von ihm also ganze Bücher vorlesen, bekommt dadurch so Ideen und seufzt, wenn von mir die Rede ist.

Und was ist denn eigentlich? Was haben wir uns etwa gethan? — Wir verstehen uns nicht, sagt sie, wissen Sie, wörtlich aus einem deutschen Buch, wörtlich, sag' ich Ihnen, da haben Sie diese Ideen.

Einmal Nachts komme ich auf diese Weise zu Hause, von einer Licitation von Dobromil, wissen Sie.

Meine Frau sitzt auf dem Divan, den einen Fuß oben und hält das Bein mit den Händen, so verloren vor sich hin.

Mein Freund war eben da. — Meine Frau hat ihren Eichhörnchenpelz, und dann — rieche ich ihn. Einen Augenblick möchte ich mich ärgern, aber ich lasse es bleiben. Meine Frau gefällt mir so, ich küsse ihr die Hände und streiche den Pelz an ihrer Jacke. Auf einmal sieht sie mich an, so ein Blick — so fremd, ich staune nur.

Das kann nicht so bleiben, sagte sie ganz plötzlich.

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[0071] Mir, verstehen Sie, macht er eine ganze Scene, daß ich meine Frau vernachlässige, und was für eine Frau! Eine schöne Frau, eine Frau, die so ein Gemüth hat, pures Gemüth, und eine geistvolle Frau, die den Puschkin lies't, wie ein Gebetbuch. Das ist leicht zu sagen. Du hast sie beim Samowar, Freund, im Eichhörnchenpelz und lebhaft wie ein Eichkatzel, und ich — ah! lassen wir das gehen. Sie läßt sich von ihm also ganze Bücher vorlesen, bekommt dadurch so Ideen und seufzt, wenn von mir die Rede ist. Und was ist denn eigentlich? Was haben wir uns etwa gethan? — Wir verstehen uns nicht, sagt sie, wissen Sie, wörtlich aus einem deutschen Buch, wörtlich, sag' ich Ihnen, da haben Sie diese Ideen. Einmal Nachts komme ich auf diese Weise zu Hause, von einer Licitation von Dobromil, wissen Sie. Meine Frau sitzt auf dem Divan, den einen Fuß oben und hält das Bein mit den Händen, so verloren vor sich hin. Mein Freund war eben da. — Meine Frau hat ihren Eichhörnchenpelz, und dann — rieche ich ihn. Einen Augenblick möchte ich mich ärgern, aber ich lasse es bleiben. Meine Frau gefällt mir so, ich küsse ihr die Hände und streiche den Pelz an ihrer Jacke. Auf einmal sieht sie mich an, so ein Blick — so fremd, ich staune nur. Das kann nicht so bleiben, sagte sie ganz plötzlich.

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/71>, abgerufen am 29.04.2024.