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Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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wilder Zärtlichkeit. Sie war erfinderisch, sich dadurch zu verrathen, daß sie sich zu sehr verbergen wollte. Sie legte mir eines Tages einen Brief auf den Tisch, welchen der Kosak meiner Geliebten gebracht hatte, und lachte auf -- aber ihr Lachen brach so mitten entzwei, das war beinah häßlich.

Aus zuviel Liebe wendete ich mich von ihr, und sie seufzte nach Rache aus leidenschaftlicher, verschmähter Liebe.

Wenn sie ging, so war es mit einer Hast. Sie schrie aus dem Traume, sie schlug die Dienstleute, die Kinder.

Auf einmal war sie verändert.

Sie schien gefaßt, befriedigt. Ihr Auge ruhte so eigenthümlich gesättigt auf mir, und doch zuckte es wie Schmerz durch ihr stolzes Lachen.

Mein Heger kam.

Der Herr geht gar nicht mehr in den Wald. Ich kenne einen Fuchs über der Moosrinne und tüchtige Schnepfen -- diese schoß ich nämlich besonders gern -- und sie -- sie wartet bei dem Steine. Thun Sie dem armen Weib die Gnade.

Ich nehme die Flinte und gehe mit ihm bis an den letzten Zaun des Dorfes.

Dort faßt mich eine namenlose Angst; ich lasse meinen Heger und laufe beinahe nach Hause.

Ich schäme mich fast -- gehe leise auf den Fußspitzen -- da hör' ich --

wilder Zärtlichkeit. Sie war erfinderisch, sich dadurch zu verrathen, daß sie sich zu sehr verbergen wollte. Sie legte mir eines Tages einen Brief auf den Tisch, welchen der Kosak meiner Geliebten gebracht hatte, und lachte auf — aber ihr Lachen brach so mitten entzwei, das war beinah häßlich.

Aus zuviel Liebe wendete ich mich von ihr, und sie seufzte nach Rache aus leidenschaftlicher, verschmähter Liebe.

Wenn sie ging, so war es mit einer Hast. Sie schrie aus dem Traume, sie schlug die Dienstleute, die Kinder.

Auf einmal war sie verändert.

Sie schien gefaßt, befriedigt. Ihr Auge ruhte so eigenthümlich gesättigt auf mir, und doch zuckte es wie Schmerz durch ihr stolzes Lachen.

Mein Heger kam.

Der Herr geht gar nicht mehr in den Wald. Ich kenne einen Fuchs über der Moosrinne und tüchtige Schnepfen — diese schoß ich nämlich besonders gern — und sie — sie wartet bei dem Steine. Thun Sie dem armen Weib die Gnade.

Ich nehme die Flinte und gehe mit ihm bis an den letzten Zaun des Dorfes.

Dort faßt mich eine namenlose Angst; ich lasse meinen Heger und laufe beinahe nach Hause.

Ich schäme mich fast — gehe leise auf den Fußspitzen — da hör' ich —

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[0078] wilder Zärtlichkeit. Sie war erfinderisch, sich dadurch zu verrathen, daß sie sich zu sehr verbergen wollte. Sie legte mir eines Tages einen Brief auf den Tisch, welchen der Kosak meiner Geliebten gebracht hatte, und lachte auf — aber ihr Lachen brach so mitten entzwei, das war beinah häßlich. Aus zuviel Liebe wendete ich mich von ihr, und sie seufzte nach Rache aus leidenschaftlicher, verschmähter Liebe. Wenn sie ging, so war es mit einer Hast. Sie schrie aus dem Traume, sie schlug die Dienstleute, die Kinder. Auf einmal war sie verändert. Sie schien gefaßt, befriedigt. Ihr Auge ruhte so eigenthümlich gesättigt auf mir, und doch zuckte es wie Schmerz durch ihr stolzes Lachen. Mein Heger kam. Der Herr geht gar nicht mehr in den Wald. Ich kenne einen Fuchs über der Moosrinne und tüchtige Schnepfen — diese schoß ich nämlich besonders gern — und sie — sie wartet bei dem Steine. Thun Sie dem armen Weib die Gnade. Ich nehme die Flinte und gehe mit ihm bis an den letzten Zaun des Dorfes. Dort faßt mich eine namenlose Angst; ich lasse meinen Heger und laufe beinahe nach Hause. Ich schäme mich fast — gehe leise auf den Fußspitzen — da hör' ich —

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T10:36:14Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T10:36:14Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Sacher-Masoch, Leopold von: Don Juan von Kolomea. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 24. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 197–279. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sacher_kolomea_1910/78>, abgerufen am 29.04.2024.