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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875.

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Zellhautgerüstes der Pflanzen.
darin lag ein Fortschritt, der die ganze Pflanzenkunde betraf,
daß abgesehen von Rudolphi, alle diese Männer, ebenso wie
vorher Hedwig, Botaniker von Fach waren; die Ueberzeugung
brach sich endlich Bahn, daß neben der Pflanzenbeschreibung nach dem
Linne'schen Schematismus doch auch die Untersuchung der
innern Struktur mit in das Bereich der botanischen Forschung
gehöre; und nicht zu verkennen ist anderseits, daß die botanischen
Kenntnisse dieser Männer ihren phytotomischen Forschungen
vielfach Vorschub leisteten, ihrer Arbeit sofort eine bestimmtere
Richtung auf das wirklich Wissenswerthe und auf das zu-
nächst anzustrebende Ziel gaben. In noch höheren Grade, als
von den eben Genannten, gilt dies von dem jüngeren Mol-
denhawer, der durch seine 1812 herausgegebenen Beiträge
den ersten Abschnitt dieses Zeitraums gewissermaßen zu einem
vorläufigen Abschluß brachte, indem er die Beobachtungsmethoden
vervollkommnete, eine kritisch vergleichende Behandlung des Selbst-
gesehenen und der Literatur mit großer Schärfe durchführte,
überhaupt mit den Mikroskopen jener Zeit Alles leistete, was
irgend erwartet werden darf.

Auf Moldenhawer folgt nun aber ein für uns leerer
Zeitraum von ungefähr 16 Jahren (1812-1828), in welchem
Nichts von erheblicher Bedeutung auf dem anatomischen Gebiet
geleistet wurde. Dagegen fällt in diesen Zeitraum eine Reihe
der wichtigsten Verbesserungen, welche das zusamengesetzte Mikroskop
seit seiner Erfindung erfahren hat.

Schon 1784 hatte Aepinus Objektivlinsen aus Flint-
und Kronglas hergestellt, schon 1807 van Deyl 1) solche mit
zwei achromatischen Linsen konstruirt, was jedoch nicht ausschloß,
daß die Phytotomen auch später noch über den Zustand des
Instruments Klage führten; ihre Abbildungen zeigen, wie wenig
klar sie mit ihren Instrumenten zu sehen vermochten und doch
waren die Vergrößerungen unbedeutend; Link sagt ausdrücklich
in der Vorrede zu seiner Preisschrift 1807, daß er gewöhnlich

1) Vergl. P. Harting "das Mikroskop" § 433 und 434.

Zellhautgerüſtes der Pflanzen.
darin lag ein Fortſchritt, der die ganze Pflanzenkunde betraf,
daß abgeſehen von Rudolphi, alle dieſe Männer, ebenſo wie
vorher Hedwig, Botaniker von Fach waren; die Ueberzeugung
brach ſich endlich Bahn, daß neben der Pflanzenbeſchreibung nach dem
Linné'ſchen Schematismus doch auch die Unterſuchung der
innern Struktur mit in das Bereich der botaniſchen Forſchung
gehöre; und nicht zu verkennen iſt anderſeits, daß die botaniſchen
Kenntniſſe dieſer Männer ihren phytotomiſchen Forſchungen
vielfach Vorſchub leiſteten, ihrer Arbeit ſofort eine beſtimmtere
Richtung auf das wirklich Wiſſenswerthe und auf das zu-
nächſt anzuſtrebende Ziel gaben. In noch höheren Grade, als
von den eben Genannten, gilt dies von dem jüngeren Mol-
denhawer, der durch ſeine 1812 herausgegebenen Beiträge
den erſten Abſchnitt dieſes Zeitraums gewiſſermaßen zu einem
vorläufigen Abſchluß brachte, indem er die Beobachtungsmethoden
vervollkommnete, eine kritiſch vergleichende Behandlung des Selbſt-
geſehenen und der Literatur mit großer Schärfe durchführte,
überhaupt mit den Mikroſkopen jener Zeit Alles leiſtete, was
irgend erwartet werden darf.

Auf Moldenhawer folgt nun aber ein für uns leerer
Zeitraum von ungefähr 16 Jahren (1812-1828), in welchem
Nichts von erheblicher Bedeutung auf dem anatomiſchen Gebiet
geleiſtet wurde. Dagegen fällt in dieſen Zeitraum eine Reihe
der wichtigſten Verbeſſerungen, welche das zuſamengeſetzte Mikroſkop
ſeit ſeiner Erfindung erfahren hat.

Schon 1784 hatte Aepinus Objektivlinſen aus Flint-
und Kronglas hergeſtellt, ſchon 1807 van Deyl 1) ſolche mit
zwei achromatiſchen Linſen konſtruirt, was jedoch nicht ausſchloß,
daß die Phytotomen auch ſpäter noch über den Zuſtand des
Inſtruments Klage führten; ihre Abbildungen zeigen, wie wenig
klar ſie mit ihren Inſtrumenten zu ſehen vermochten und doch
waren die Vergrößerungen unbedeutend; Link ſagt ausdrücklich
in der Vorrede zu ſeiner Preisſchrift 1807, daß er gewöhnlich

1) Vergl. P. Harting „das Mikroſkop“ § 433 und 434.
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[277/0289] Zellhautgerüſtes der Pflanzen. darin lag ein Fortſchritt, der die ganze Pflanzenkunde betraf, daß abgeſehen von Rudolphi, alle dieſe Männer, ebenſo wie vorher Hedwig, Botaniker von Fach waren; die Ueberzeugung brach ſich endlich Bahn, daß neben der Pflanzenbeſchreibung nach dem Linné'ſchen Schematismus doch auch die Unterſuchung der innern Struktur mit in das Bereich der botaniſchen Forſchung gehöre; und nicht zu verkennen iſt anderſeits, daß die botaniſchen Kenntniſſe dieſer Männer ihren phytotomiſchen Forſchungen vielfach Vorſchub leiſteten, ihrer Arbeit ſofort eine beſtimmtere Richtung auf das wirklich Wiſſenswerthe und auf das zu- nächſt anzuſtrebende Ziel gaben. In noch höheren Grade, als von den eben Genannten, gilt dies von dem jüngeren Mol- denhawer, der durch ſeine 1812 herausgegebenen Beiträge den erſten Abſchnitt dieſes Zeitraums gewiſſermaßen zu einem vorläufigen Abſchluß brachte, indem er die Beobachtungsmethoden vervollkommnete, eine kritiſch vergleichende Behandlung des Selbſt- geſehenen und der Literatur mit großer Schärfe durchführte, überhaupt mit den Mikroſkopen jener Zeit Alles leiſtete, was irgend erwartet werden darf. Auf Moldenhawer folgt nun aber ein für uns leerer Zeitraum von ungefähr 16 Jahren (1812-1828), in welchem Nichts von erheblicher Bedeutung auf dem anatomiſchen Gebiet geleiſtet wurde. Dagegen fällt in dieſen Zeitraum eine Reihe der wichtigſten Verbeſſerungen, welche das zuſamengeſetzte Mikroſkop ſeit ſeiner Erfindung erfahren hat. Schon 1784 hatte Aepinus Objektivlinſen aus Flint- und Kronglas hergeſtellt, ſchon 1807 van Deyl 1) ſolche mit zwei achromatiſchen Linſen konſtruirt, was jedoch nicht ausſchloß, daß die Phytotomen auch ſpäter noch über den Zuſtand des Inſtruments Klage führten; ihre Abbildungen zeigen, wie wenig klar ſie mit ihren Inſtrumenten zu ſehen vermochten und doch waren die Vergrößerungen unbedeutend; Link ſagt ausdrücklich in der Vorrede zu ſeiner Preisſchrift 1807, daß er gewöhnlich 1) Vergl. P. Harting „das Mikroſkop“ § 433 und 434.

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Zitationshilfe: Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/289>, abgerufen am 29.04.2024.