Buch, "ausschließlich jene Art von Seele besitzt, durch welche sie ernährt werden, wachsen und ihnen Aehnliches erzeugen, dafür aber der Empfindungskraft und Bewegung entbehren, worin die Natur der Thiere besteht, so bedurften die Pflanzen mit gutem Recht eines weit geringeren Apparates von Werkzeugen als die Thiere". In unzähligen Wiederholungen zieht sich dieser Ge- danke durch die Geschichte der Botanik hin und zumal die Ana- tomen und Physiologen des 18. Jahrhunderts wurden nicht müde, die Einfachheit des Pflanzenbaues und der vegetabilischen Functionen hervorzuheben.-- "Da aber", heißt es weiterhin, "die Thätigkeit der ernährenden Seele darin besteht, etwas Aehn- liches zu erzeugen und da dieses aus der Nahrung zur Erhaltung der Einzelwesen, oder aus dem Samen zur Verewigung der Species entsteht, so sind den vollkommenen höchstens zweierlei Theile verliehen, die aber von der höchsten Nothwendigkeit sind: ein Theil, durch welchen sie die Nahrung aufnehmen, welcher Wurzel genannt wird, und ein anderer, durch welchen sie die Frucht, gleichsam den Foetus zur Fortpflanzung der Species tragen, welcher Theil Stengel (caulis) genannt wird bei kleineren Pflanzen, Stamm (caudex) dagegen bei den Bäumen."
Auch diese in der Hauptsache richtige Auffassung des auf- rechten Stammes als Samenträger der Pflanze zieht sich durch die spätere Botanik noch lange hin. Zu beachten ist auch im An- fange dieses Satzes, daß die Erzeugung des Samens nur als eine andere Art der Ernährung betrachtet wird, eine Annahme, durch welche später noch Malpighi an der richtigen Deutung der Blüthen und Früchte gehindert wurde, und welche in jedoch verändertem Sinne 1759 bei Caspar Friedrich Wolff zu einer sehr schiefen Auffassung der Bedeutung der Sexualfunction führte. -- Mitten in die aristotelische Mißdeutung der Pflanze, wonach die Wurzel eigentlich dem Mund oder Magen entspricht, daher dem Begriffe nach als der obere Theil betrachtet werden muß, obgleich sie unten liegt, die Pflanze also einem auf den Kopf gestellten Thiere zu vergleichen wäre, wonach sich das Oben und Unten bei der Pflanze bestimmen lasse; in diese Auffassung
der Organe von Caeſalpin bis auf Linné.
Buch, „ausſchließlich jene Art von Seele beſitzt, durch welche ſie ernährt werden, wachſen und ihnen Aehnliches erzeugen, dafür aber der Empfindungskraft und Bewegung entbehren, worin die Natur der Thiere beſteht, ſo bedurften die Pflanzen mit gutem Recht eines weit geringeren Apparates von Werkzeugen als die Thiere“. In unzähligen Wiederholungen zieht ſich dieſer Ge- danke durch die Geſchichte der Botanik hin und zumal die Ana- tomen und Phyſiologen des 18. Jahrhunderts wurden nicht müde, die Einfachheit des Pflanzenbaues und der vegetabiliſchen Functionen hervorzuheben.— „Da aber“, heißt es weiterhin, „die Thätigkeit der ernährenden Seele darin beſteht, etwas Aehn- liches zu erzeugen und da dieſes aus der Nahrung zur Erhaltung der Einzelweſen, oder aus dem Samen zur Verewigung der Species entſteht, ſo ſind den vollkommenen höchſtens zweierlei Theile verliehen, die aber von der höchſten Nothwendigkeit ſind: ein Theil, durch welchen ſie die Nahrung aufnehmen, welcher Wurzel genannt wird, und ein anderer, durch welchen ſie die Frucht, gleichſam den Foetus zur Fortpflanzung der Species tragen, welcher Theil Stengel (caulis) genannt wird bei kleineren Pflanzen, Stamm (caudex) dagegen bei den Bäumen.“
Auch dieſe in der Hauptſache richtige Auffaſſung des auf- rechten Stammes als Samenträger der Pflanze zieht ſich durch die ſpätere Botanik noch lange hin. Zu beachten iſt auch im An- fange dieſes Satzes, daß die Erzeugung des Samens nur als eine andere Art der Ernährung betrachtet wird, eine Annahme, durch welche ſpäter noch Malpighi an der richtigen Deutung der Blüthen und Früchte gehindert wurde, und welche in jedoch verändertem Sinne 1759 bei Caspar Friedrich Wolff zu einer ſehr ſchiefen Auffaſſung der Bedeutung der Sexualfunction führte. — Mitten in die ariſtoteliſche Mißdeutung der Pflanze, wonach die Wurzel eigentlich dem Mund oder Magen entſpricht, daher dem Begriffe nach als der obere Theil betrachtet werden muß, obgleich ſie unten liegt, die Pflanze alſo einem auf den Kopf geſtellten Thiere zu vergleichen wäre, wonach ſich das Oben und Unten bei der Pflanze beſtimmen laſſe; in dieſe Auffaſſung
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[47/0059]
der Organe von Caeſalpin bis auf Linné.
Buch, „ausſchließlich jene Art von Seele beſitzt, durch welche ſie
ernährt werden, wachſen und ihnen Aehnliches erzeugen, dafür
aber der Empfindungskraft und Bewegung entbehren, worin die
Natur der Thiere beſteht, ſo bedurften die Pflanzen mit gutem
Recht eines weit geringeren Apparates von Werkzeugen als die
Thiere“. In unzähligen Wiederholungen zieht ſich dieſer Ge-
danke durch die Geſchichte der Botanik hin und zumal die Ana-
tomen und Phyſiologen des 18. Jahrhunderts wurden nicht
müde, die Einfachheit des Pflanzenbaues und der vegetabiliſchen
Functionen hervorzuheben.— „Da aber“, heißt es weiterhin,
„die Thätigkeit der ernährenden Seele darin beſteht, etwas Aehn-
liches zu erzeugen und da dieſes aus der Nahrung zur Erhaltung
der Einzelweſen, oder aus dem Samen zur Verewigung der
Species entſteht, ſo ſind den vollkommenen höchſtens zweierlei
Theile verliehen, die aber von der höchſten Nothwendigkeit ſind:
ein Theil, durch welchen ſie die Nahrung aufnehmen, welcher
Wurzel genannt wird, und ein anderer, durch welchen ſie die
Frucht, gleichſam den Foetus zur Fortpflanzung der Species
tragen, welcher Theil Stengel (caulis) genannt wird bei kleineren
Pflanzen, Stamm (caudex) dagegen bei den Bäumen.“
Auch dieſe in der Hauptſache richtige Auffaſſung des auf-
rechten Stammes als Samenträger der Pflanze zieht ſich durch die
ſpätere Botanik noch lange hin. Zu beachten iſt auch im An-
fange dieſes Satzes, daß die Erzeugung des Samens nur als
eine andere Art der Ernährung betrachtet wird, eine Annahme,
durch welche ſpäter noch Malpighi an der richtigen Deutung
der Blüthen und Früchte gehindert wurde, und welche in jedoch
verändertem Sinne 1759 bei Caspar Friedrich Wolff zu
einer ſehr ſchiefen Auffaſſung der Bedeutung der Sexualfunction
führte. — Mitten in die ariſtoteliſche Mißdeutung der Pflanze,
wonach die Wurzel eigentlich dem Mund oder Magen entſpricht,
daher dem Begriffe nach als der obere Theil betrachtet werden
muß, obgleich ſie unten liegt, die Pflanze alſo einem auf den
Kopf geſtellten Thiere zu vergleichen wäre, wonach ſich das Oben
und Unten bei der Pflanze beſtimmen laſſe; in dieſe Auffaſſung
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Sachs, Julius: Geschichte der Botanik. München, 1875, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sachs_botanik_1875/59>, abgerufen am 16.06.2024.
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