Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>
Dritter Abschnitt.
Mit schwerem, umwölktem Sinn
Wandelt am Abgrund der Elende,
Und stürzet hinab! -- ach! er wähnte
Näher zu kommen dem Lastenbefreyer,
Zu sehen das Beyfallslächen, und zu hören,
Daß der Vater rufte dem schwachen Kind!
Es wecket des Ruhmes Posaunenklang
In des Liebelnden kranker Seele
Den Heroismus auf, daß, tollkühn
Er sich das Leben entreist mit eigner Hand:
Aber Gerichtsposaune! du wirst
Des Ruhmes Disharmonieen verdonnern.
Wut und Schwachheit kämpfen
In des verzweifelnden Seele,
"Stürzen in zerstäubter Welten Chaos und Nichtseyn" --!
-- Du verhültest das lichte, trosterrungene Ziel,
Und zur Stütze gabst du ihm Moosrohr!
Tyrann! Tyrann! Tyrann!
Nicht
Dritter Abſchnitt.
Mit ſchwerem, umwölktem Sinn
Wandelt am Abgrund der Elende,
Und ſtürzet hinab! — ach! er wähnte
Näher zu kommen dem Laſtenbefreyer,
Zu ſehen das Beyfallslächen, und zu hören,
Daß der Vater rufte dem ſchwachen Kind!
Es wecket des Ruhmes Poſaunenklang
In des Liebelnden kranker Seele
Den Heroismus auf, daß, tollkühn
Er ſich das Leben entreist mit eigner Hand:
Aber Gerichtspoſaune! du wirſt
Des Ruhmes Disharmonieen verdonnern.
Wut und Schwachheit kämpfen
In des verzweifelnden Seele,
„Stürzen in zerſtäubter Welten Chaos und Nichtſeyn“ —!
— Du verhülteſt das lichte, troſterrungene Ziel,
Und zur Stütze gabſt du ihm Moosrohr!
Tyrann! Tyrann! Tyrann!
Nicht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <l>
            <pb facs="#f0232" n="220"/>
          </l>
          <fw place="top" type="header">Dritter Ab&#x017F;chnitt.</fw><lb/>
          <l>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </l>
          <lg n="7">
            <l> <hi rendition="#aq">Mit &#x017F;chwerem, umwölktem Sinn</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Wandelt am Abgrund der Elende,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Und &#x017F;türzet hinab! &#x2014; ach! er wähnte</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Näher zu kommen dem La&#x017F;tenbefreyer,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Zu &#x017F;ehen das Beyfallslächen, und zu hören,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Daß der Vater rufte dem &#x017F;chwachen Kind!</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <l>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </l>
          <lg n="8">
            <l> <hi rendition="#aq">Es wecket des Ruhmes Po&#x017F;aunenklang</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">In des Liebelnden kranker Seele</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Den Heroismus auf, daß, tollkühn</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Er &#x017F;ich das Leben entreist mit eigner Hand:</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Aber Gerichtspo&#x017F;aune! du wir&#x017F;t</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Des Ruhmes Disharmonieen verdonnern.</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <l>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
          </l>
          <lg n="9">
            <l> <hi rendition="#aq">Wut und Schwachheit kämpfen</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">In des verzweifelnden Seele,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">&#x201E;Stürzen in zer&#x017F;täubter Welten Chaos und Nicht&#x017F;eyn&#x201C; &#x2014;!</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">&#x2014; Du verhülte&#x017F;t das lichte, tro&#x017F;terrungene Ziel,</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Und zur Stütze gab&#x017F;t du ihm Moosrohr!</hi> </l><lb/>
            <l> <hi rendition="#aq">Tyrann! Tyrann! Tyrann!</hi> </l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#aq">Nicht</hi> </fw><lb/>
          <l>
</l>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[220/0232] Dritter Abſchnitt. Mit ſchwerem, umwölktem Sinn Wandelt am Abgrund der Elende, Und ſtürzet hinab! — ach! er wähnte Näher zu kommen dem Laſtenbefreyer, Zu ſehen das Beyfallslächen, und zu hören, Daß der Vater rufte dem ſchwachen Kind! Es wecket des Ruhmes Poſaunenklang In des Liebelnden kranker Seele Den Heroismus auf, daß, tollkühn Er ſich das Leben entreist mit eigner Hand: Aber Gerichtspoſaune! du wirſt Des Ruhmes Disharmonieen verdonnern. Wut und Schwachheit kämpfen In des verzweifelnden Seele, „Stürzen in zerſtäubter Welten Chaos und Nichtſeyn“ —! — Du verhülteſt das lichte, troſterrungene Ziel, Und zur Stütze gabſt du ihm Moosrohr! Tyrann! Tyrann! Tyrann! Nicht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/232
Zitationshilfe: Sailer, Johann Michael: Über den Selbstmord. München, 1785, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sailer_selbstmord_1785/232>, abgerufen am 05.05.2024.