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Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896.

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Von den Wägungen.
schriebenen das Verhältnis der beiden Hebelarme ein konstantes, sich
gleichbleibendes ist, die sogenannten Brückenwagen. Schon im vorigen
Jahrhundert gab es mehrere derartige Konstruktionen, die aber so schwer-
fällig waren, daß sie sich keinen
Eingang zu verschaffen ver-
mochten. Erst dem Mechaniker
Quintenz in Straßburg gelang
es 1823 sie in einer Form
herzustellen, die ihnen schnell
zu großer Verbreitung verhalf.
Fig. 16 giebt eine Ansicht dieser
Straßburger Wage, schematisch
dargestellt. Bei der Brücken-
wage sind hauptsächlich ein-
armige Hebel in Anwendung
[Abbildung] Fig. 16.

Brückenwage.

gebracht; auch bei diesen findet Gleichgewicht statt, wenn die statischen
Momente gleich sind, nur müssen hier, da beide Kräfte auf derselben
Seite des Drehungspunktes angreifen, die Kräfte entgegengesetzte Rich-
tung haben.

Drückt eine Last nach unten, so kann dieselbe nur aufgehoben
werden durch einen Zug nach oben. Wie man aus der Abbildung
ersieht, ist die horizontale Brücke (der einarmige Lasthebel) mit dem
vorderen Ende E aufgehängt an der vertikalen Stange D E. Diese ist
in D an dem Wagebalken A B befestigt, während das hintere Ende mittelst
einer Schneide F auf einem zweiten einarmigen Hebel H K, dem Trag-
hebel aufruht. Auch dieser hängt an einer senkrechten Stange H B, welche
frei durch die Brücke hindurchgeht und bei B an einem Ende mit
dem Wagebalken verbunden ist, während das andere sich um die
Schneide K dreht. Legt man auf die Brücke eine Last Q, so wird ein
Teil derselben sich bemerkbar machen als Zug p an der Stange E D,
ein anderer als Druck q auf die Schneide F wirken, dann ist Q = p + q.
Das Verhältnis der Hebellängen ist so gewählt, daß C D zu C B im
gleichen Verhältnisse steht wie K F zu K H. Beispielsweise sei C B
zehnmal so lang als C D, also auch K H zehnmal so lang als K F.
Dann würde ein in B wirkender Zug nach oben in Größe von p/10
dem Zuge nach unten p, den die Stange D E ausübt, gerade das
Gleichgewicht halten, und dieser Teil der Last wäre aufgehoben.
Der Teil q drückt durch die Schneide F auf den Traghebel K H und
ruft wegen des Verhältnisses von K F zu H F durch Vermittelung der
Stange H B in B einen Zug nach unten hervor gleich q/10. Ließe man
also in B einen Zug nach oben wirken gleich q/10 + p/10 = Q/10, so wäre
die ganze Last Q aufgehoben. Diesen Zug bringt man hervor, indem
man die andere Seite des Wagebalkens belastet. Wäre C B = C A,
also wäre A B ein gleicharmiger Hebel, so brauchte man in eine bei A
hängende Schale nur ein Zehntel der Gewichtsmenge auflegen, welche

Von den Wägungen.
ſchriebenen das Verhältnis der beiden Hebelarme ein konſtantes, ſich
gleichbleibendes iſt, die ſogenannten Brückenwagen. Schon im vorigen
Jahrhundert gab es mehrere derartige Konſtruktionen, die aber ſo ſchwer-
fällig waren, daß ſie ſich keinen
Eingang zu verſchaffen ver-
mochten. Erſt dem Mechaniker
Quintenz in Straßburg gelang
es 1823 ſie in einer Form
herzuſtellen, die ihnen ſchnell
zu großer Verbreitung verhalf.
Fig. 16 giebt eine Anſicht dieſer
Straßburger Wage, ſchematiſch
dargeſtellt. Bei der Brücken-
wage ſind hauptſächlich ein-
armige Hebel in Anwendung
[Abbildung] Fig. 16.

Brückenwage.

gebracht; auch bei dieſen findet Gleichgewicht ſtatt, wenn die ſtatiſchen
Momente gleich ſind, nur müſſen hier, da beide Kräfte auf derſelben
Seite des Drehungspunktes angreifen, die Kräfte entgegengeſetzte Rich-
tung haben.

Drückt eine Laſt nach unten, ſo kann dieſelbe nur aufgehoben
werden durch einen Zug nach oben. Wie man aus der Abbildung
erſieht, iſt die horizontale Brücke (der einarmige Laſthebel) mit dem
vorderen Ende E aufgehängt an der vertikalen Stange D E. Dieſe iſt
in D an dem Wagebalken A B befeſtigt, während das hintere Ende mittelſt
einer Schneide F auf einem zweiten einarmigen Hebel H K, dem Trag-
hebel aufruht. Auch dieſer hängt an einer ſenkrechten Stange H B, welche
frei durch die Brücke hindurchgeht und bei B an einem Ende mit
dem Wagebalken verbunden iſt, während das andere ſich um die
Schneide K dreht. Legt man auf die Brücke eine Laſt Q, ſo wird ein
Teil derſelben ſich bemerkbar machen als Zug p an der Stange E D,
ein anderer als Druck q auf die Schneide F wirken, dann iſt Q = p + q.
Das Verhältnis der Hebellängen iſt ſo gewählt, daß C D zu C B im
gleichen Verhältniſſe ſteht wie K F zu K H. Beiſpielsweiſe ſei C B
zehnmal ſo lang als C D, alſo auch K H zehnmal ſo lang als K F.
Dann würde ein in B wirkender Zug nach oben in Größe von p/10
dem Zuge nach unten p, den die Stange D E ausübt, gerade das
Gleichgewicht halten, und dieſer Teil der Laſt wäre aufgehoben.
Der Teil q drückt durch die Schneide F auf den Traghebel K H und
ruft wegen des Verhältniſſes von K F zu H F durch Vermittelung der
Stange H B in B einen Zug nach unten hervor gleich q/10. Ließe man
alſo in B einen Zug nach oben wirken gleich q/10 + p/10 = Q/10, ſo wäre
die ganze Laſt Q aufgehoben. Dieſen Zug bringt man hervor, indem
man die andere Seite des Wagebalkens belaſtet. Wäre C B = C A,
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[21/0039] Von den Wägungen. ſchriebenen das Verhältnis der beiden Hebelarme ein konſtantes, ſich gleichbleibendes iſt, die ſogenannten Brückenwagen. Schon im vorigen Jahrhundert gab es mehrere derartige Konſtruktionen, die aber ſo ſchwer- fällig waren, daß ſie ſich keinen Eingang zu verſchaffen ver- mochten. Erſt dem Mechaniker Quintenz in Straßburg gelang es 1823 ſie in einer Form herzuſtellen, die ihnen ſchnell zu großer Verbreitung verhalf. Fig. 16 giebt eine Anſicht dieſer Straßburger Wage, ſchematiſch dargeſtellt. Bei der Brücken- wage ſind hauptſächlich ein- armige Hebel in Anwendung [Abbildung Fig. 16. Brückenwage.] gebracht; auch bei dieſen findet Gleichgewicht ſtatt, wenn die ſtatiſchen Momente gleich ſind, nur müſſen hier, da beide Kräfte auf derſelben Seite des Drehungspunktes angreifen, die Kräfte entgegengeſetzte Rich- tung haben. Drückt eine Laſt nach unten, ſo kann dieſelbe nur aufgehoben werden durch einen Zug nach oben. Wie man aus der Abbildung erſieht, iſt die horizontale Brücke (der einarmige Laſthebel) mit dem vorderen Ende E aufgehängt an der vertikalen Stange D E. Dieſe iſt in D an dem Wagebalken A B befeſtigt, während das hintere Ende mittelſt einer Schneide F auf einem zweiten einarmigen Hebel H K, dem Trag- hebel aufruht. Auch dieſer hängt an einer ſenkrechten Stange H B, welche frei durch die Brücke hindurchgeht und bei B an einem Ende mit dem Wagebalken verbunden iſt, während das andere ſich um die Schneide K dreht. Legt man auf die Brücke eine Laſt Q, ſo wird ein Teil derſelben ſich bemerkbar machen als Zug p an der Stange E D, ein anderer als Druck q auf die Schneide F wirken, dann iſt Q = p + q. Das Verhältnis der Hebellängen iſt ſo gewählt, daß C D zu C B im gleichen Verhältniſſe ſteht wie K F zu K H. Beiſpielsweiſe ſei C B zehnmal ſo lang als C D, alſo auch K H zehnmal ſo lang als K F. Dann würde ein in B wirkender Zug nach oben in Größe von p/10 dem Zuge nach unten p, den die Stange D E ausübt, gerade das Gleichgewicht halten, und dieſer Teil der Laſt wäre aufgehoben. Der Teil q drückt durch die Schneide F auf den Traghebel K H und ruft wegen des Verhältniſſes von K F zu H F durch Vermittelung der Stange H B in B einen Zug nach unten hervor gleich q/10. Ließe man alſo in B einen Zug nach oben wirken gleich q/10 + p/10 = Q/10, ſo wäre die ganze Laſt Q aufgehoben. Dieſen Zug bringt man hervor, indem man die andere Seite des Wagebalkens belaſtet. Wäre C B = C A, alſo wäre A B ein gleicharmiger Hebel, ſo brauchte man in eine bei A hängende Schale nur ein Zehntel der Gewichtsmenge auflegen, welche

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Zitationshilfe: Samter, Heinrich: Das Reich der Erfindungen. Berlin, 1896, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/samter_erfindungen_1896/39>, abgerufen am 29.04.2024.