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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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der einen Seite das Rathhaus und Komödienhaus, und
auf der andern ein grosses Gebäude hat, das von Kauf-
leuten bewohnt wird. Die Stadt hat sie dem Könige
nach dem Frieden setzen lassen. Hat man die a la Pla-
ce de Louis XV.
in Paris gesehen; so kan die einem
nicht sonderlich gefallen. Sie ist aus einem weissen
Steine auf einem weissen Fußgestelle mit einer Grille ein-
faßt. Der König steht in Römischer Kleidung mit nack-
ten Füssen da, streckt die rechte Hand von sich, und legt
die Linke, in der er einen Degen hält, auf eine kleine
Säule. Die Innschrift ist lateinisch, und schon halb
unleserlich. Kleidung und Füsse sind das Schönste am
ganzen Stücke.

Le Rempart de la Ville mußt' ich auch noch besu-
chen. Er ist schmal, hat aber an den Seiten artige
Spaziergänge und einige Gärten. Man hat eine Stun-
de zu gehen, wenn man herum kommen will. Von da
aus kan man die starke Befestigung der Stadt am besten
übersehen. Man findet viele Pulvermagazine und Ber-
ge von Kugeln. Heute war grade der Inspecteur ge-
neral
da, der das Pulver wägen lies und Visitation hielt.
Das Magazin über der Porte a Tournay ist im Klei-
nen gebaut, wie die Bastille in Paris. Le Fort des
Canons
heist der Theil, wo die meisten Kanonen liegen.
Nur die beim Desertiren der Soldaten gelöset werden, lie-
gen auf Lavetten, die übrigen Lavetten stehen im Zeug-
hause, oder unterm Thore in der Citadelle. Mein Ge-
schmack an Manufakturen trieb mich an, auch

La Fabrique de Batiste zu besehen. Die Spi-
tzenarbeiten der kleinen Mädchen im Hopital general
gefielen mir so wohl, daß ich nach den Weberstühlen, wo

Batist

der einen Seite das Rathhaus und Komoͤdienhaus, und
auf der andern ein groſſes Gebaͤude hat, das von Kauf-
leuten bewohnt wird. Die Stadt hat ſie dem Koͤnige
nach dem Frieden ſetzen laſſen. Hat man die à la Pla-
ce de Louis XV.
in Paris geſehen; ſo kan die einem
nicht ſonderlich gefallen. Sie iſt aus einem weiſſen
Steine auf einem weiſſen Fußgeſtelle mit einer Grille ein-
faßt. Der Koͤnig ſteht in Roͤmiſcher Kleidung mit nack-
ten Fuͤſſen da, ſtreckt die rechte Hand von ſich, und legt
die Linke, in der er einen Degen haͤlt, auf eine kleine
Saͤule. Die Innſchrift iſt lateiniſch, und ſchon halb
unleſerlich. Kleidung und Fuͤſſe ſind das Schoͤnſte am
ganzen Stuͤcke.

Le Rempart de la Ville mußt’ ich auch noch beſu-
chen. Er iſt ſchmal, hat aber an den Seiten artige
Spaziergaͤnge und einige Gaͤrten. Man hat eine Stun-
de zu gehen, wenn man herum kommen will. Von da
aus kan man die ſtarke Befeſtigung der Stadt am beſten
uͤberſehen. Man findet viele Pulvermagazine und Ber-
ge von Kugeln. Heute war grade der Inſpecteur ge-
neral
da, der das Pulver waͤgen lies und Viſitation hielt.
Das Magazin uͤber der Porte à Tournay iſt im Klei-
nen gebaut, wie die Baſtille in Paris. Le Fort des
Canons
heiſt der Theil, wo die meiſten Kanonen liegen.
Nur die beim Deſertiren der Soldaten geloͤſet werden, lie-
gen auf Lavetten, die uͤbrigen Lavetten ſtehen im Zeug-
hauſe, oder unterm Thore in der Citadelle. Mein Ge-
ſchmack an Manufakturen trieb mich an, auch

La Fabrique de Batiſte zu beſehen. Die Spi-
tzenarbeiten der kleinen Maͤdchen im Hôpital general
gefielen mir ſo wohl, daß ich nach den Weberſtuͤhlen, wo

Batiſt
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[400/0424] der einen Seite das Rathhaus und Komoͤdienhaus, und auf der andern ein groſſes Gebaͤude hat, das von Kauf- leuten bewohnt wird. Die Stadt hat ſie dem Koͤnige nach dem Frieden ſetzen laſſen. Hat man die à la Pla- ce de Louis XV. in Paris geſehen; ſo kan die einem nicht ſonderlich gefallen. Sie iſt aus einem weiſſen Steine auf einem weiſſen Fußgeſtelle mit einer Grille ein- faßt. Der Koͤnig ſteht in Roͤmiſcher Kleidung mit nack- ten Fuͤſſen da, ſtreckt die rechte Hand von ſich, und legt die Linke, in der er einen Degen haͤlt, auf eine kleine Saͤule. Die Innſchrift iſt lateiniſch, und ſchon halb unleſerlich. Kleidung und Fuͤſſe ſind das Schoͤnſte am ganzen Stuͤcke. Le Rempart de la Ville mußt’ ich auch noch beſu- chen. Er iſt ſchmal, hat aber an den Seiten artige Spaziergaͤnge und einige Gaͤrten. Man hat eine Stun- de zu gehen, wenn man herum kommen will. Von da aus kan man die ſtarke Befeſtigung der Stadt am beſten uͤberſehen. Man findet viele Pulvermagazine und Ber- ge von Kugeln. Heute war grade der Inſpecteur ge- neral da, der das Pulver waͤgen lies und Viſitation hielt. Das Magazin uͤber der Porte à Tournay iſt im Klei- nen gebaut, wie die Baſtille in Paris. Le Fort des Canons heiſt der Theil, wo die meiſten Kanonen liegen. Nur die beim Deſertiren der Soldaten geloͤſet werden, lie- gen auf Lavetten, die uͤbrigen Lavetten ſtehen im Zeug- hauſe, oder unterm Thore in der Citadelle. Mein Ge- ſchmack an Manufakturen trieb mich an, auch La Fabrique de Batiſte zu beſehen. Die Spi- tzenarbeiten der kleinen Maͤdchen im Hôpital general gefielen mir ſo wohl, daß ich nach den Weberſtuͤhlen, wo Batiſt

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 400. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/424>, abgerufen am 29.04.2024.