Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

bei Leuten war, die menschlich denken und menschlich han-
deln. Der Ort ist eine Festung, und doch ist man nicht
im Geringsten genirt. Die Leute rauchen aus langen
Pfeifen auf den Strassen. Gemeine Soldaten und Of-
fiziere sind höflich etc. Hätte das Pariser Bureau mir
meinen Kuffer geschickt; so wäre ich jede Minute voll
herzlicher Freude gewesen.

Anjetzt machten die Leute erst ihr Heu. Das Re-
genwetter hatte es verspätet. Das Heu, das ich auf
der Strasse, wie ich hierher reiste, fand, war auch alles
schwarz. Man ladete es in den Strassen ab, und zog
es an Seilen oben aufs Haus hinauf. Aber es hatte
keinen angenehmen Geruch, ich fand auch Anthoxan-
thum odoratum
nicht darunter. So häufig, wie in
Deutschland, ist die Pflanze hier gewis nicht.

Mein Essen ward mit Holzkohlen gekocht. Das
Kamin war in der Wohnstube. Das Feuer ohne Kosten
zu erhalten, legt man um 1. Uhr eine Scheibe von Torf
auf den Herd, so gros wie ein kleiner Teller, und so dick
wie ein Schaafkäse, zündet sie an einer Stelle an, das
brennt langsam, bis Abends kostet es kaum den achten
Theil, und man hat doch immer glühende Kohlen zum
Schwefelhölzchen. Dazu nehmen die Leute hier aber
kein Holz, sondern Hanfstengel, den ich hier stark bauen
sah. Die Scheiben von Torf verkauft man hier noch
etwas theuer; jeder Hauswirth aber kauft sie Tausend-
weis.

Auch hier sind die Namen der Strassen an den Ecken
angeschrieben.

Den
C c 2

bei Leuten war, die menſchlich denken und menſchlich han-
deln. Der Ort iſt eine Feſtung, und doch iſt man nicht
im Geringſten genirt. Die Leute rauchen aus langen
Pfeifen auf den Straſſen. Gemeine Soldaten und Of-
fiziere ſind hoͤflich ꝛc. Haͤtte das Pariſer Bureau mir
meinen Kuffer geſchickt; ſo waͤre ich jede Minute voll
herzlicher Freude geweſen.

Anjetzt machten die Leute erſt ihr Heu. Das Re-
genwetter hatte es verſpaͤtet. Das Heu, das ich auf
der Straſſe, wie ich hierher reiſte, fand, war auch alles
ſchwarz. Man ladete es in den Straſſen ab, und zog
es an Seilen oben aufs Haus hinauf. Aber es hatte
keinen angenehmen Geruch, ich fand auch Anthoxan-
thum odoratum
nicht darunter. So haͤufig, wie in
Deutſchland, iſt die Pflanze hier gewis nicht.

Mein Eſſen ward mit Holzkohlen gekocht. Das
Kamin war in der Wohnſtube. Das Feuer ohne Koſten
zu erhalten, legt man um 1. Uhr eine Scheibe von Torf
auf den Herd, ſo gros wie ein kleiner Teller, und ſo dick
wie ein Schaafkaͤſe, zuͤndet ſie an einer Stelle an, das
brennt langſam, bis Abends koſtet es kaum den achten
Theil, und man hat doch immer gluͤhende Kohlen zum
Schwefelhoͤlzchen. Dazu nehmen die Leute hier aber
kein Holz, ſondern Hanfſtengel, den ich hier ſtark bauen
ſah. Die Scheiben von Torf verkauft man hier noch
etwas theuer; jeder Hauswirth aber kauft ſie Tauſend-
weis.

Auch hier ſind die Namen der Straſſen an den Ecken
angeſchrieben.

Den
C c 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0427" n="403"/>
bei Leuten war, die men&#x017F;chlich denken und men&#x017F;chlich han-<lb/>
deln. Der Ort i&#x017F;t eine Fe&#x017F;tung, und doch i&#x017F;t man nicht<lb/>
im Gering&#x017F;ten genirt. Die Leute rauchen aus langen<lb/>
Pfeifen auf den Stra&#x017F;&#x017F;en. Gemeine Soldaten und Of-<lb/>
fiziere &#x017F;ind ho&#x0364;flich &#xA75B;c. Ha&#x0364;tte das <hi rendition="#fr">Pari</hi>&#x017F;er Bureau mir<lb/>
meinen Kuffer ge&#x017F;chickt; &#x017F;o wa&#x0364;re ich jede Minute voll<lb/>
herzlicher Freude gewe&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Anjetzt machten die Leute er&#x017F;t ihr <hi rendition="#fr">Heu.</hi> Das Re-<lb/>
genwetter hatte es ver&#x017F;pa&#x0364;tet. Das Heu, das ich auf<lb/>
der Stra&#x017F;&#x017F;e, wie ich hierher rei&#x017F;te, fand, war auch alles<lb/>
&#x017F;chwarz. Man ladete es in den Stra&#x017F;&#x017F;en ab, und zog<lb/>
es an Seilen oben aufs Haus hinauf. Aber es hatte<lb/>
keinen angenehmen Geruch, ich fand auch <hi rendition="#aq">Anthoxan-<lb/>
thum odoratum</hi> nicht darunter. So ha&#x0364;ufig, wie in<lb/><hi rendition="#fr">Deut&#x017F;chland,</hi> i&#x017F;t die Pflanze hier gewis nicht.</p><lb/>
            <p>Mein E&#x017F;&#x017F;en ward mit <hi rendition="#fr">Holzkohlen gekocht.</hi> Das<lb/>
Kamin war in der Wohn&#x017F;tube. Das Feuer ohne Ko&#x017F;ten<lb/>
zu erhalten, legt man um 1. Uhr eine Scheibe von Torf<lb/>
auf den Herd, &#x017F;o gros wie ein kleiner Teller, und &#x017F;o dick<lb/>
wie ein Schaafka&#x0364;&#x017F;e, zu&#x0364;ndet &#x017F;ie an einer Stelle an, das<lb/>
brennt lang&#x017F;am, bis Abends ko&#x017F;tet es kaum den achten<lb/>
Theil, und man hat doch immer glu&#x0364;hende Kohlen zum<lb/>
Schwefelho&#x0364;lzchen. Dazu nehmen die Leute hier aber<lb/>
kein Holz, &#x017F;ondern Hanf&#x017F;tengel, den ich hier &#x017F;tark bauen<lb/>
&#x017F;ah. Die Scheiben von Torf verkauft man hier noch<lb/>
etwas theuer; jeder Hauswirth aber kauft &#x017F;ie Tau&#x017F;end-<lb/>
weis.</p><lb/>
            <p>Auch hier &#x017F;ind die <hi rendition="#fr">Namen</hi> der Stra&#x017F;&#x017F;en an den Ecken<lb/>
ange&#x017F;chrieben.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">C c 2</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Den</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[403/0427] bei Leuten war, die menſchlich denken und menſchlich han- deln. Der Ort iſt eine Feſtung, und doch iſt man nicht im Geringſten genirt. Die Leute rauchen aus langen Pfeifen auf den Straſſen. Gemeine Soldaten und Of- fiziere ſind hoͤflich ꝛc. Haͤtte das Pariſer Bureau mir meinen Kuffer geſchickt; ſo waͤre ich jede Minute voll herzlicher Freude geweſen. Anjetzt machten die Leute erſt ihr Heu. Das Re- genwetter hatte es verſpaͤtet. Das Heu, das ich auf der Straſſe, wie ich hierher reiſte, fand, war auch alles ſchwarz. Man ladete es in den Straſſen ab, und zog es an Seilen oben aufs Haus hinauf. Aber es hatte keinen angenehmen Geruch, ich fand auch Anthoxan- thum odoratum nicht darunter. So haͤufig, wie in Deutſchland, iſt die Pflanze hier gewis nicht. Mein Eſſen ward mit Holzkohlen gekocht. Das Kamin war in der Wohnſtube. Das Feuer ohne Koſten zu erhalten, legt man um 1. Uhr eine Scheibe von Torf auf den Herd, ſo gros wie ein kleiner Teller, und ſo dick wie ein Schaafkaͤſe, zuͤndet ſie an einer Stelle an, das brennt langſam, bis Abends koſtet es kaum den achten Theil, und man hat doch immer gluͤhende Kohlen zum Schwefelhoͤlzchen. Dazu nehmen die Leute hier aber kein Holz, ſondern Hanfſtengel, den ich hier ſtark bauen ſah. Die Scheiben von Torf verkauft man hier noch etwas theuer; jeder Hauswirth aber kauft ſie Tauſend- weis. Auch hier ſind die Namen der Straſſen an den Ecken angeſchrieben. Den C c 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/427
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/427>, abgerufen am 28.04.2024.