Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

verschiedenen Stockwerken übereinander gebaut; und alle
diese schon ausgeleerte Gänge sind jetzt oben und zu beiden
Seiten mit Holz ausgezimmert und unterstützt, damit
die Steine von beiden Seiten nicht hinabfallen und den
Weg verschütten. Jedes Stockwerk hat eine Treppe,
auf der man trocken, bequem, und sicher hinabsteigen
kan. Von einem Stockwerke zum andern geht ein klei-
ner Weg mit einer Thüre, wo man freilich nicht aufrecht
stehen kan. Aber zwischen 2. Lichtern in der Mitte kommt
man recht gut fort, und sieht zu beiden Seiten immer die
Reste von der alten schon lange ausgeleerten Grube. In
diesen unterirrdischen Gängen ist's so still, so ruhig. --
Man hört und sieht nicht was oben vorgeht. Recht ma-
jestätisch, dunkel, schweigend, siehts überall aus. Die
Arbeiter, die unten ihr Tagwerk haben, begegnen einem,
und diese Leute sind es so gewohnt unter der Erde zu seyn,
daß sie mit ihrem Licht auf dem Hut herumkriechen, wie
wir in Zimmer herumgehen. Da wir endlich unten
an der Gallerie waren, oder an der Grube, die wirklich
gebaut wird, so fuhren wir: 1) linker Hand hin nach
dem Schachte, wo die Kübel herabgehen und hinaufstei-
gen. Und Beides sah ich da in der Tiefe von 660.
Schuh, wie ichs oben auf der Oberfläche der Erde gese-
hen hatte. Und doch gingen die Kübel noch viel tiefer
hinab, und man sah die Lichter der Arbeiter in einer un-
geheuren Entfernung, sehr klein, im Dunkeln aber lieb-
lich schimmern. 2) Dann fuhren wir rechter Hand
in den mit Holz ausgezimmerten Gang hinein, bis wir
die Arbeiter wirklich antrafen. Das war ein Weg von
140. Toisen oder 840. Schuh unter der Erde. Durch
den Kompaß weis man, in welcher Gegend man ist.

Wir

verſchiedenen Stockwerken uͤbereinander gebaut; und alle
dieſe ſchon ausgeleerte Gaͤnge ſind jetzt oben und zu beiden
Seiten mit Holz ausgezimmert und unterſtuͤtzt, damit
die Steine von beiden Seiten nicht hinabfallen und den
Weg verſchuͤtten. Jedes Stockwerk hat eine Treppe,
auf der man trocken, bequem, und ſicher hinabſteigen
kan. Von einem Stockwerke zum andern geht ein klei-
ner Weg mit einer Thuͤre, wo man freilich nicht aufrecht
ſtehen kan. Aber zwiſchen 2. Lichtern in der Mitte kommt
man recht gut fort, und ſieht zu beiden Seiten immer die
Reſte von der alten ſchon lange ausgeleerten Grube. In
dieſen unterirrdiſchen Gaͤngen iſt’s ſo ſtill, ſo ruhig. —
Man hoͤrt und ſieht nicht was oben vorgeht. Recht ma-
jeſtaͤtiſch, dunkel, ſchweigend, ſiehts uͤberall aus. Die
Arbeiter, die unten ihr Tagwerk haben, begegnen einem,
und dieſe Leute ſind es ſo gewohnt unter der Erde zu ſeyn,
daß ſie mit ihrem Licht auf dem Hut herumkriechen, wie
wir in Zimmer herumgehen. Da wir endlich unten
an der Gallerie waren, oder an der Grube, die wirklich
gebaut wird, ſo fuhren wir: 1) linker Hand hin nach
dem Schachte, wo die Kuͤbel herabgehen und hinaufſtei-
gen. Und Beides ſah ich da in der Tiefe von 660.
Schuh, wie ichs oben auf der Oberflaͤche der Erde geſe-
hen hatte. Und doch gingen die Kuͤbel noch viel tiefer
hinab, und man ſah die Lichter der Arbeiter in einer un-
geheuren Entfernung, ſehr klein, im Dunkeln aber lieb-
lich ſchimmern. 2) Dann fuhren wir rechter Hand
in den mit Holz ausgezimmerten Gang hinein, bis wir
die Arbeiter wirklich antrafen. Das war ein Weg von
140. Toiſen oder 840. Schuh unter der Erde. Durch
den Kompaß weis man, in welcher Gegend man iſt.

Wir
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0444" n="420"/>
ver&#x017F;chiedenen Stockwerken u&#x0364;bereinander gebaut; und alle<lb/>
die&#x017F;e &#x017F;chon ausgeleerte Ga&#x0364;nge &#x017F;ind jetzt oben und zu beiden<lb/>
Seiten mit Holz ausgezimmert und unter&#x017F;tu&#x0364;tzt, damit<lb/>
die Steine von beiden Seiten nicht hinabfallen und den<lb/>
Weg ver&#x017F;chu&#x0364;tten. Jedes Stockwerk hat eine Treppe,<lb/>
auf der man trocken, bequem, und &#x017F;icher hinab&#x017F;teigen<lb/>
kan. Von einem Stockwerke zum andern geht ein klei-<lb/>
ner Weg mit einer Thu&#x0364;re, wo man freilich nicht aufrecht<lb/>
&#x017F;tehen kan. Aber zwi&#x017F;chen 2. Lichtern in der Mitte kommt<lb/>
man recht gut fort, und &#x017F;ieht zu beiden Seiten immer die<lb/>
Re&#x017F;te von der alten &#x017F;chon lange ausgeleerten Grube. In<lb/>
die&#x017F;en unterirrdi&#x017F;chen Ga&#x0364;ngen i&#x017F;t&#x2019;s &#x017F;o &#x017F;till, &#x017F;o ruhig. &#x2014;<lb/>
Man ho&#x0364;rt und &#x017F;ieht nicht was oben vorgeht. Recht ma-<lb/>
je&#x017F;ta&#x0364;ti&#x017F;ch, dunkel, &#x017F;chweigend, &#x017F;iehts u&#x0364;berall aus. Die<lb/>
Arbeiter, die unten ihr Tagwerk haben, begegnen einem,<lb/>
und die&#x017F;e Leute &#x017F;ind es &#x017F;o gewohnt unter der Erde zu &#x017F;eyn,<lb/>
daß &#x017F;ie mit ihrem Licht auf dem Hut herumkriechen, wie<lb/>
wir in Zimmer herumgehen. Da wir endlich unten<lb/>
an der Gallerie waren, oder an der Grube, die wirklich<lb/>
gebaut wird, &#x017F;o fuhren wir: 1) <hi rendition="#fr">linker Hand</hi> hin nach<lb/>
dem Schachte, wo die Ku&#x0364;bel herabgehen und hinauf&#x017F;tei-<lb/>
gen. Und Beides &#x017F;ah ich da in der Tiefe von 660.<lb/>
Schuh, wie ichs oben auf der Oberfla&#x0364;che der Erde ge&#x017F;e-<lb/>
hen hatte. Und doch gingen die Ku&#x0364;bel noch viel tiefer<lb/>
hinab, und man &#x017F;ah die Lichter der Arbeiter in einer un-<lb/>
geheuren Entfernung, &#x017F;ehr klein, im Dunkeln aber lieb-<lb/>
lich &#x017F;chimmern. 2) Dann fuhren wir <hi rendition="#fr">rechter Hand</hi><lb/>
in den mit Holz ausgezimmerten Gang hinein, bis wir<lb/>
die Arbeiter wirklich antrafen. Das war ein Weg von<lb/>
140. Toi&#x017F;en oder 840. Schuh unter der Erde. Durch<lb/>
den Kompaß weis man, in welcher Gegend man i&#x017F;t.<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Wir</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[420/0444] verſchiedenen Stockwerken uͤbereinander gebaut; und alle dieſe ſchon ausgeleerte Gaͤnge ſind jetzt oben und zu beiden Seiten mit Holz ausgezimmert und unterſtuͤtzt, damit die Steine von beiden Seiten nicht hinabfallen und den Weg verſchuͤtten. Jedes Stockwerk hat eine Treppe, auf der man trocken, bequem, und ſicher hinabſteigen kan. Von einem Stockwerke zum andern geht ein klei- ner Weg mit einer Thuͤre, wo man freilich nicht aufrecht ſtehen kan. Aber zwiſchen 2. Lichtern in der Mitte kommt man recht gut fort, und ſieht zu beiden Seiten immer die Reſte von der alten ſchon lange ausgeleerten Grube. In dieſen unterirrdiſchen Gaͤngen iſt’s ſo ſtill, ſo ruhig. — Man hoͤrt und ſieht nicht was oben vorgeht. Recht ma- jeſtaͤtiſch, dunkel, ſchweigend, ſiehts uͤberall aus. Die Arbeiter, die unten ihr Tagwerk haben, begegnen einem, und dieſe Leute ſind es ſo gewohnt unter der Erde zu ſeyn, daß ſie mit ihrem Licht auf dem Hut herumkriechen, wie wir in Zimmer herumgehen. Da wir endlich unten an der Gallerie waren, oder an der Grube, die wirklich gebaut wird, ſo fuhren wir: 1) linker Hand hin nach dem Schachte, wo die Kuͤbel herabgehen und hinaufſtei- gen. Und Beides ſah ich da in der Tiefe von 660. Schuh, wie ichs oben auf der Oberflaͤche der Erde geſe- hen hatte. Und doch gingen die Kuͤbel noch viel tiefer hinab, und man ſah die Lichter der Arbeiter in einer un- geheuren Entfernung, ſehr klein, im Dunkeln aber lieb- lich ſchimmern. 2) Dann fuhren wir rechter Hand in den mit Holz ausgezimmerten Gang hinein, bis wir die Arbeiter wirklich antrafen. Das war ein Weg von 140. Toiſen oder 840. Schuh unter der Erde. Durch den Kompaß weis man, in welcher Gegend man iſt. Wir

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/444
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 420. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/444>, abgerufen am 06.05.2024.