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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Die physikalischen Maschinen von s'Gravesand,
bekam ich Nachmittags alle, theils in Allemand's Hau-
se, theils im Gebäude der Universität zu sehen. Ich be-
trachtete besonders: 1) Eine herrliche Sammlung
von Prismen aus Felskrystall. 2) Die Heliostata,
eine herrliche Maschine, die 300. Gulden kostet. 3) Ein
Magnet
aus Rußland, der nicht gar gros ist, und
doch 110. Pfund zieht. 4) Isländischer Kry-
stall
prismatisch, und auch rautenförmig von hiesigen
Künstlern geschliffen. Sonst glaubte man nicht, daß
man den Stein bearbeiten könnte. 5) Chinesische Ku-
geln,
die elastisch sind, und bei einer Erwärmung lange
Zeit in eine artige zitternde Bewegung gerathen *). 6)
Modelle von den Potterischen Feuermaschinen, die
Desaguliers beschrieben hat.

Mein
*) Die wir einsmahls sahen und in Händen hatten,
mochte ohngefähr einen Zoll im Durchmesser haben,
war hohl und daher leicht, und schien aus Messing
oder einer ähnlichen gelben Metallmischung zu seyn.
Inwendig soll sich eine um eine Spindel schrauben-
förmig gewundene zarte Feder befinden, die, wenn
die Kugel erwärmt wird, in eine merkliche zitternde
oder schwingende Bewegung geräth; eine Erfahrung,
die wir selbst machten, als wir sie eine Weile in der
verschlossenen Hand hielten. Dergleichen Kugeln
sollen in China verfertigt werden. Neugierige Lieb-
haber suchen sie begierig auf und bezahlen sie oft
theuer, denn sie sind selten. Auch will man sagen,
die chinesischen Frauenzimmer bedienten sich ihrer zu
Erregung einer gewissen wollüstigen Empfindung, die
sich die Leser aus der erwähnten Eigenschaft der Ku-
geln erklären mögen. -- Herausgeber.
L l

Die phyſikaliſchen Maſchinen von s’Graveſand,
bekam ich Nachmittags alle, theils in Allemand’s Hau-
ſe, theils im Gebaͤude der Univerſitaͤt zu ſehen. Ich be-
trachtete beſonders: 1) Eine herrliche Sammlung
von Prismen aus Felskryſtall. 2) Die Helioſtata,
eine herrliche Maſchine, die 300. Gulden koſtet. 3) Ein
Magnet
aus Rußland, der nicht gar gros iſt, und
doch 110. Pfund zieht. 4) Islaͤndiſcher Kry-
ſtall
prismatiſch, und auch rautenfoͤrmig von hieſigen
Kuͤnſtlern geſchliffen. Sonſt glaubte man nicht, daß
man den Stein bearbeiten koͤnnte. 5) Chineſiſche Ku-
geln,
die elaſtiſch ſind, und bei einer Erwaͤrmung lange
Zeit in eine artige zitternde Bewegung gerathen *). 6)
Modelle von den Potteriſchen Feuermaſchinen, die
Desaguliers beſchrieben hat.

Mein
*) Die wir einsmahls ſahen und in Haͤnden hatten,
mochte ohngefaͤhr einen Zoll im Durchmeſſer haben,
war hohl und daher leicht, und ſchien aus Meſſing
oder einer aͤhnlichen gelben Metallmiſchung zu ſeyn.
Inwendig ſoll ſich eine um eine Spindel ſchrauben-
foͤrmig gewundene zarte Feder befinden, die, wenn
die Kugel erwaͤrmt wird, in eine merkliche zitternde
oder ſchwingende Bewegung geraͤth; eine Erfahrung,
die wir ſelbſt machten, als wir ſie eine Weile in der
verſchloſſenen Hand hielten. Dergleichen Kugeln
ſollen in China verfertigt werden. Neugierige Lieb-
haber ſuchen ſie begierig auf und bezahlen ſie oft
theuer, denn ſie ſind ſelten. Auch will man ſagen,
die chineſiſchen Frauenzimmer bedienten ſich ihrer zu
Erregung einer gewiſſen wolluͤſtigen Empfindung, die
ſich die Leſer aus der erwaͤhnten Eigenſchaft der Ku-
geln erklaͤren moͤgen. — Herausgeber.
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[529/0553] Die phyſikaliſchen Maſchinen von s’Graveſand, bekam ich Nachmittags alle, theils in Allemand’s Hau- ſe, theils im Gebaͤude der Univerſitaͤt zu ſehen. Ich be- trachtete beſonders: 1) Eine herrliche Sammlung von Prismen aus Felskryſtall. 2) Die Helioſtata, eine herrliche Maſchine, die 300. Gulden koſtet. 3) Ein Magnet aus Rußland, der nicht gar gros iſt, und doch 110. Pfund zieht. 4) Islaͤndiſcher Kry- ſtall prismatiſch, und auch rautenfoͤrmig von hieſigen Kuͤnſtlern geſchliffen. Sonſt glaubte man nicht, daß man den Stein bearbeiten koͤnnte. 5) Chineſiſche Ku- geln, die elaſtiſch ſind, und bei einer Erwaͤrmung lange Zeit in eine artige zitternde Bewegung gerathen *). 6) Modelle von den Potteriſchen Feuermaſchinen, die Desaguliers beſchrieben hat. Mein *) Die wir einsmahls ſahen und in Haͤnden hatten, mochte ohngefaͤhr einen Zoll im Durchmeſſer haben, war hohl und daher leicht, und ſchien aus Meſſing oder einer aͤhnlichen gelben Metallmiſchung zu ſeyn. Inwendig ſoll ſich eine um eine Spindel ſchrauben- foͤrmig gewundene zarte Feder befinden, die, wenn die Kugel erwaͤrmt wird, in eine merkliche zitternde oder ſchwingende Bewegung geraͤth; eine Erfahrung, die wir ſelbſt machten, als wir ſie eine Weile in der verſchloſſenen Hand hielten. Dergleichen Kugeln ſollen in China verfertigt werden. Neugierige Lieb- haber ſuchen ſie begierig auf und bezahlen ſie oft theuer, denn ſie ſind ſelten. Auch will man ſagen, die chineſiſchen Frauenzimmer bedienten ſich ihrer zu Erregung einer gewiſſen wolluͤſtigen Empfindung, die ſich die Leſer aus der erwaͤhnten Eigenſchaft der Ku- geln erklaͤren moͤgen. — Herausgeber. L l

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/553>, abgerufen am 29.04.2024.