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Sanders, Daniel: Brief an Karl Gutzkow. Altstrelitz, 25. Januar 1876.

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Diebstahl, stiehlt, bestiehlt, gestohlen, befohlen pp. wegen des nicht anzutastenden
befehlen, stehlen pp.; lam, lämen, nachamen, wie kam pp., aber nahm, Ausnahme,
wegen nehmen, ferner z.B. our, loun , Son pp., füren, kün ppp.) - über dies Ver-
fa[h]ren habe ich einen ausfü[h]rlichen Aufsatz für die National-Zeitung geschrieben,
der wo[h]l in diesen Tagen zum Abdruck und zu Ihrer Kenntnis kommen wird[.]

Ich will nur noch als besonders kennzeichnend für die Haltung der
Versammlung erwähnen, daß mit 13 gegen meine Stimme das Streichen des
h im th aus deutschen Wörtern beschlossen, daß ich aber für den eventuellen
Antrag, dann wenigstens auch in fremden (namentlich in griechischen Wörtern)
das für unsere Aussprache ganz bedeutungslose th durch t zu ersetzen,
wie es die Italiäner, Spanier pp. thun, keine Stimme gewinnen konnte!
O des Gelehrtenzopfs!

Aus dem Gesagten, namentlich im Zusammenhalt mit dem Aufsatz
in der National-Zeitung, werden Sie Sich gewiß leicht ein richtiges Bild von
den Berathungen und Beschlüssen entwerfen können und ich glaube
nicht zu viel zu versichern, wenn ich sage, daß mit mir auch das deutsche
Volk Ihnen zu innigem Dank verpflichtet sein wird, wenn Sie für das
in d allmählicher Entwicklung Gewordene gegen die (mit den
"Historikern", richtigen Rückschritten sich in vielen Punkten begegnenden)
Machtgebote der einseitigen, rohen und zu däppischen "Phonetiker"
eine Lanze einlegen wollen.

Ich bitte Sie von ganzem Herzen, die möglichst bald
mit der ganzen Kraft einleuchtenden Gründe und Ihres
tausend Phonetiker aufwiegenden Namens zu thun.

Entschuldigen Sie die in diesen Zeilen sich nur zu deutlich
abspiegelnde Hast und bewahren Sie Ihre freundschaftliche
Gesinnung und unschätzbare Beihilfe

Ihrem Ihnen in größter Hochachtung
ergebener
Daniel Sanders[.]
.

Diebstahl, stiehlt, bestiehlt, gestohlen, befohlen pp. wegen des nicht anzutastenden
befehlen, stehlen pp.; lam, lämen, nachamen, wie kam pp., aber nahm, Ausnahme,
wegen nehmen, ferner z.B. our, loun , Son pp., füren, kün ppp.) – über dies Ver-
fa[h]ren habe ich einen ausfü[h]rlichen Aufsatz für die National-Zeitung geschrieben,
der wo[h]l in diesen Tagen zum Abdruck und zu Ihrer Keñtnis kom̃en wird[.]

Ich will nur noch als besonders keñzeichnend für die Haltung der
Versam̃lung erwähnen, daß mit 13 gegen meine Stim̃e das Streichen des
h im th aus deutschen Wörtern beschlossen, daß ich aber für den eventuellen
Antrag, dañ wenigstens auch in fremden (namentlich in griechischen Wörtern)
das für unsere Aussprache ganz bedeutungslose th durch t zu ersetzen,
wie es die Italiäner, Spanier pp. thun, keine Stim̃e gewiñen koñte!
O des Gelehrtenzopfs!

Aus dem Gesagten, namentlich im Zusam̃enhalt mit dem Aufsatz
in der National-Zeitung, werden Sie Sich gewiß leicht ein richtiges Bild von
den Berathungen und Beschlüssen entwerfen köñen und ich glaube
nicht zu viel zu versichern, weñ ich sage, daß mit mir auch das deutsche
Volk Ihnen zu iñigem Dank verpflichtet sein wird, weñ Sie für das
in d allmählicher Entwicklung Gewordene gegen die (mit den
„Historikern“, richtigen Rückschritten sich in vielen Punkten begegnenden)
Machtgebote der einseitigen, rohen und zu däppischen „Phonetiker“
eine Lanze einlegen wollen.

Ich bitte Sie von ganzem Herzen, die möglichst bald
mit der ganzen Kraft einleuchtenden Gründe und Ihres
tausend Phonetiker aufwiegenden Namens zu thun.

Entschuldigen Sie die in diesen Zeilen sich nur zu deutlich
abspiegelnde Hast und bewahren Sie Ihre freundschaftliche
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Zitationshilfe: Sanders, Daniel: Brief an Karl Gutzkow. Altstrelitz, 25. Januar 1876, S. [2r]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sanders_gutzkow_1876/3>, abgerufen am 26.04.2024.