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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas der Ertzschelm hat den Feyertag nit geheiliget/
an dergleichen Festtägen so frey und freventlich pflegt zu
leben. Ehe und bevor Pilatus Christum den HErrn zum
Tod verurtheilt/ hat er dem gesamten Jüdischen Volck
vortragen lassen/ wie daß es schon ein uralter Brauch
und Gewonheit seye/ jährlich/ zu Ehren des hohen Fest-
tags/ einen Gefangenen frey und loß lassen/ stehe dem-
nach bey ihrem Willen/ den Barrabam oder JEsum frey
zu sprechen: Worauf alle insgesamt mit lauter und hel-
ler Stimm aufgeschryen/ zu Ehren des Fests wollen sie
den Schelmen/ den Dieb/ den Mörder Barrabam auf
freyen Fuß stellen/ JEsus aber solle gekreutziget wer-
den. O ihr verruchte Gesellen! so wollet ihr den Heil.
Festtag mit einem solchen Haubtschelmen und grossen
Sünder verehren?

Nicht um ein Haarbesser seynd wir Christen bey je-
tziger Zeit/ dann man allerseits wahrnimmt/ daß die
Fest und Feyertag nit anderst celebrirt und begangen
werden/ als mit Freylassung alles Muthwillens und
Ubels. Am Feyertag butzen wir die Kirchen besser auf/
aber verschleudern anbey die guten Sitten. Am Feyertag
seynd bey uns die Altär mehrer gezieret/ aber entgegen
werden die Seelen mehrer entblöst. Am Feyertag zün-
den wir mehrer Liechter an/ aber beynebens wird desto
mehrer das Gewissen verfinstert. Am Feyertag läuten
wir mehrer Glocken/ aber darbey lauten die Werck de-
sto übler. Am Feyertag seynd die heiligen Ablaß/ aber
nichts wenigers als ablassen vom Bösen. Am Feyertag
ist nichts als Feuer/ und zwar das Feuer der Gailheit
und Unzucht. Am Feyertag ist nichts als Feuer/ und
zwar das Feuer des Zorns/ Feuer im Dach. Am Feyer-
tag ist nichts als Feuer/ und zwar das Feuer zum Sieden
und Braten. Wie? wo? wann seynd mehrer Bulschaff-
ten als am Feyertag. Wie? wo? wann geschehen meh-
rer Mordthaten als am Feyertag? Wie? wo? wann

schlemmt

Judas der Ertzſchelm hat den Feyertag nit geheiliget/
an dergleichen Feſttaͤgen ſo frey und freventlich pflegt zu
leben. Ehe und bevor Pilatus Chriſtum den HErrn zum
Tod verurtheilt/ hat er dem geſamten Juͤdiſchen Volck
vortragen laſſen/ wie daß es ſchon ein uralter Brauch
und Gewonheit ſeye/ jaͤhrlich/ zu Ehren des hohen Feſt-
tags/ einen Gefangenen frey und loß laſſen/ ſtehe dem-
nach bey ihrem Willen/ den Barrabam oder JEſum frey
zu ſprechen: Worauf alle insgeſamt mit lauter und hel-
ler Stimm aufgeſchryen/ zu Ehren des Feſts wollen ſie
den Schelmen/ den Dieb/ den Moͤrder Barrabam auf
freyen Fuß ſtellen/ JEſus aber ſolle gekreutziget wer-
den. O ihr verruchte Geſellen! ſo wollet ihr den Heil.
Feſttag mit einem ſolchen Haubtſchelmen und groſſen
Suͤnder verehren?

Nicht um ein Haarbeſſer ſeynd wir Chriſten bey je-
tziger Zeit/ dann man allerſeits wahrnimmt/ daß die
Feſt und Feyertag nit anderſt celebrirt und begangen
werden/ als mit Freylaſſung alles Muthwillens und
Ubels. Am Feyertag butzen wir die Kirchen beſſer auf/
aber verſchleudern anbey die guten Sitten. Am Feyertag
ſeynd bey uns die Altaͤr mehrer gezieret/ aber entgegen
werden die Seelen mehrer entbloͤſt. Am Feyertag zuͤn-
den wir mehrer Liechter an/ aber beynebens wird deſto
mehrer das Gewiſſen verfinſtert. Am Feyertag laͤuten
wir mehrer Glocken/ aber darbey lauten die Werck de-
ſto uͤbler. Am Feyertag ſeynd die heiligen Ablaß/ aber
nichts wenigers als ablaſſen vom Boͤſen. Am Feyertag
iſt nichts als Feuer/ und zwar das Feuer der Gailheit
und Unzucht. Am Feyertag iſt nichts als Feuer/ und
zwar das Feuer des Zorns/ Feuer im Dach. Am Feyer-
tag iſt nichts als Feuer/ und zwar das Feuer zum Sieden
und Braten. Wie? wo? wann ſeynd mehrer Bulſchaff-
ten als am Feyertag. Wie? wo? wann geſchehen meh-
rer Mordthaten als am Feyertag? Wie? wo? wann

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[178/0210] Judas der Ertzſchelm hat den Feyertag nit geheiliget/ an dergleichen Feſttaͤgen ſo frey und freventlich pflegt zu leben. Ehe und bevor Pilatus Chriſtum den HErrn zum Tod verurtheilt/ hat er dem geſamten Juͤdiſchen Volck vortragen laſſen/ wie daß es ſchon ein uralter Brauch und Gewonheit ſeye/ jaͤhrlich/ zu Ehren des hohen Feſt- tags/ einen Gefangenen frey und loß laſſen/ ſtehe dem- nach bey ihrem Willen/ den Barrabam oder JEſum frey zu ſprechen: Worauf alle insgeſamt mit lauter und hel- ler Stimm aufgeſchryen/ zu Ehren des Feſts wollen ſie den Schelmen/ den Dieb/ den Moͤrder Barrabam auf freyen Fuß ſtellen/ JEſus aber ſolle gekreutziget wer- den. O ihr verruchte Geſellen! ſo wollet ihr den Heil. Feſttag mit einem ſolchen Haubtſchelmen und groſſen Suͤnder verehren? Nicht um ein Haarbeſſer ſeynd wir Chriſten bey je- tziger Zeit/ dann man allerſeits wahrnimmt/ daß die Feſt und Feyertag nit anderſt celebrirt und begangen werden/ als mit Freylaſſung alles Muthwillens und Ubels. Am Feyertag butzen wir die Kirchen beſſer auf/ aber verſchleudern anbey die guten Sitten. Am Feyertag ſeynd bey uns die Altaͤr mehrer gezieret/ aber entgegen werden die Seelen mehrer entbloͤſt. Am Feyertag zuͤn- den wir mehrer Liechter an/ aber beynebens wird deſto mehrer das Gewiſſen verfinſtert. Am Feyertag laͤuten wir mehrer Glocken/ aber darbey lauten die Werck de- ſto uͤbler. Am Feyertag ſeynd die heiligen Ablaß/ aber nichts wenigers als ablaſſen vom Boͤſen. Am Feyertag iſt nichts als Feuer/ und zwar das Feuer der Gailheit und Unzucht. Am Feyertag iſt nichts als Feuer/ und zwar das Feuer des Zorns/ Feuer im Dach. Am Feyer- tag iſt nichts als Feuer/ und zwar das Feuer zum Sieden und Braten. Wie? wo? wann ſeynd mehrer Bulſchaff- ten als am Feyertag. Wie? wo? wann geſchehen meh- rer Mordthaten als am Feyertag? Wie? wo? wann ſchlemmt

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/210>, abgerufen am 28.04.2024.