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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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Judas stihlt das Geld aus der Cassa
ernstlichen Worten eingerathen/ er solle sein Seel und Seelig-
keit in Obacht nemmen/ und vilmehr im Testament verschaffen/
damit das ungerechte Gut möchte erstattet/ und zuruck geben
werden den jenigen/ denen ers Gewissenloß abgenommen. Wahr ist
es/ gab hierauff der reiche Gesell zur Antwort/ wahr ist es/ daß
hart seye die Höll außzustehen/ aber herentgegen geduncke ihn
nit weniger hart/ Weib/ und Kinder in Armuth zu stürtzen; dann
so fern alles/ was ungerecht/ solt zuruck gehen/ so wurde gar ein
klein Portion überblieben. Der Pater hielte noch inständiger
an/ disen irrenden Tropffen auff den rechten Weg zubringen/
aber sein Arbeit und Mühe ist so Fruchtloß gewesen/ als hette
er eine gantze Zeit einen Raaben gewaschen. Endlich durch deß
Paters geheimen und schlauen Anschlag trage der Medicus
und Artzt vor/ wie das dem guten Herrn noch kunte geholffen
werden/ wann jemand aus seiner nechster Bluts-Freundschafft
möchte nur so lang den Finger über ein Glut heben/ biß zwey
oder drey Tropffen theten herunter schweissen/ wormit die
Brust geschmirt kunte werden/ und solches dises das werthe-
ste/ und zwar ein unfehlbares Mittel seyn des völligen Auff-
kommens. Den Gesellen kitzlete noch die Hoffnung eines weite-
ren Lebens/ und last alsobald sein Weib zu sich ruffen/ bittet sie
bester massen umb dise Lieb; da behüt mich GOtt/ sagt dise/ das
mag ich nit/ das kan ich nit: er halt ferner bey seinen Söhnen
und Töchtern an umb dise Liebe: ein jedes aber auß ihne schütt-
lete den Kopff/ und nahm den Abschid. Auff solches hat sich der
Pater mit einem sondern Eyffer und Ernst zu dem Krancken und
halb Todten gewendet: da sehet ihr/ elender und unglückseeli-
ger Tropff/ sprach er/ eurentwegen wie weder Weib noch Kin-
der nur eine viertel Stund ein einigen Finger über das Feur
halten/ und ihr wolt wegen ihrer mit Leib|und Seel auff ewig
in dem höllischen Feur brinnen? mit diser Pedarden hat er
endlich das harte Hertz deß reichen Wuchers übergewältiget/
daß selbiger nicht mehr angesehen das Blut der Seinigen/

son-

Judas ſtihlt das Geld aus der Caſſa
ernſtlichen Worten eingerathen/ er ſolle ſein Seel und Seelig-
keit in Obacht nem̃en/ und vilmehr im Teſtament verſchaffen/
damit das ungerechte Gut moͤchte erſtattet/ und zuruck geben
weꝛden den jenigen/ denẽ ers Gewiſſenloß abgenom̃en. Wahꝛ iſt
es/ gab hierauff der reiche Geſell zur Antwort/ wahr iſt es/ daß
hart ſeye die Hoͤll außzuſtehen/ aber herentgegen geduncke ihn
nit weniger hart/ Weib/ und Kinder in Armuth zu ſtuͤrtzen; dañ
ſo fern alles/ was ungerecht/ ſolt zuruck gehen/ ſo wurde gar ein
klein Portion uͤberblieben. Der Pater hielte noch inſtaͤndiger
an/ diſen irrenden Tropffen auff den rechten Weg zubringen/
aber ſein Arbeit und Muͤhe iſt ſo Fruchtloß geweſen/ als hette
er eine gantze Zeit einen Raaben gewaſchen. Endlich durch deß
Paters geheimen und ſchlauen Anſchlag trage der Medicus
und Artzt vor/ wie das dem guten Herrn noch kunte geholffen
werden/ wann jemand aus ſeiner nechſter Bluts-Fꝛeundſchafft
moͤchte nur ſo lang den Finger uͤber ein Glut heben/ biß zwey
oder drey Tropffen theten herunter ſchweiſſen/ wormit die
Bruſt geſchmirt kunte werden/ und ſolches diſes das werthe-
ſte/ und zwar ein unfehlbares Mittel ſeyn des voͤlligen Auff-
kom̃ens. Den Geſellen kitzlete noch die Hoffnung eines weite-
ren Lebens/ und laſt alſobald ſein Weib zu ſich ruffen/ bittet ſie
beſter maſſen umb diſe Lieb; da behuͤt mich GOtt/ ſagt diſe/ das
mag ich nit/ das kan ich nit: er halt ferner bey ſeinen Soͤhnen
und Toͤchtern an umb diſe Liebe: ein jedes aber auß ihne ſchuͤtt-
lete den Kopff/ und nahm den Abſchid. Auff ſolches hat ſich der
Pater mit einem ſondern Eyffer und Ernſt zu dem Krancken uñ
halb Todten gewendet: da ſehet ihr/ elender und ungluͤckſeeli-
ger Tropff/ ſprach er/ eurentwegen wie weder Weib noch Kin-
der nur eine viertel Stund ein einigen Finger uͤber das Feur
halten/ und ihr wolt wegen ihrer mit Leib|und Seel auff ewig
in dem hoͤlliſchen Feur brinnen? mit diſer Pedarden hat er
endlich das harte Hertz deß reichen Wuchers uͤbergewaͤltiget/
daß ſelbiger nicht mehr angeſehen das Blut der Seinigen/

ſon-
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[286/0298] Judas ſtihlt das Geld aus der Caſſa ernſtlichen Worten eingerathen/ er ſolle ſein Seel und Seelig- keit in Obacht nem̃en/ und vilmehr im Teſtament verſchaffen/ damit das ungerechte Gut moͤchte erſtattet/ und zuruck geben weꝛden den jenigen/ denẽ ers Gewiſſenloß abgenom̃en. Wahꝛ iſt es/ gab hierauff der reiche Geſell zur Antwort/ wahr iſt es/ daß hart ſeye die Hoͤll außzuſtehen/ aber herentgegen geduncke ihn nit weniger hart/ Weib/ und Kinder in Armuth zu ſtuͤrtzen; dañ ſo fern alles/ was ungerecht/ ſolt zuruck gehen/ ſo wurde gar ein klein Portion uͤberblieben. Der Pater hielte noch inſtaͤndiger an/ diſen irrenden Tropffen auff den rechten Weg zubringen/ aber ſein Arbeit und Muͤhe iſt ſo Fruchtloß geweſen/ als hette er eine gantze Zeit einen Raaben gewaſchen. Endlich durch deß Paters geheimen und ſchlauen Anſchlag trage der Medicus und Artzt vor/ wie das dem guten Herrn noch kunte geholffen werden/ wann jemand aus ſeiner nechſter Bluts-Fꝛeundſchafft moͤchte nur ſo lang den Finger uͤber ein Glut heben/ biß zwey oder drey Tropffen theten herunter ſchweiſſen/ wormit die Bruſt geſchmirt kunte werden/ und ſolches diſes das werthe- ſte/ und zwar ein unfehlbares Mittel ſeyn des voͤlligen Auff- kom̃ens. Den Geſellen kitzlete noch die Hoffnung eines weite- ren Lebens/ und laſt alſobald ſein Weib zu ſich ruffen/ bittet ſie beſter maſſen umb diſe Lieb; da behuͤt mich GOtt/ ſagt diſe/ das mag ich nit/ das kan ich nit: er halt ferner bey ſeinen Soͤhnen und Toͤchtern an umb diſe Liebe: ein jedes aber auß ihne ſchuͤtt- lete den Kopff/ und nahm den Abſchid. Auff ſolches hat ſich der Pater mit einem ſondern Eyffer und Ernſt zu dem Krancken uñ halb Todten gewendet: da ſehet ihr/ elender und ungluͤckſeeli- ger Tropff/ ſprach er/ eurentwegen wie weder Weib noch Kin- der nur eine viertel Stund ein einigen Finger uͤber das Feur halten/ und ihr wolt wegen ihrer mit Leib|und Seel auff ewig in dem hoͤlliſchen Feur brinnen? mit diſer Pedarden hat er endlich das harte Hertz deß reichen Wuchers uͤbergewaͤltiget/ daß ſelbiger nicht mehr angeſehen das Blut der Seinigen/ ſon-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/298>, abgerufen am 11.05.2024.