Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

Judas Jscarioth wegen der Leut ihrer Reden
schen Vatters gesessen ist. So weiß ich auch/ daß im alten
Testament der grosse Mann Elias durch sondere Göttliche Vor-
sichtigkeit ist durch die Raben gespeist worden in der Wüsten/ es
ist doch viel/ daß ein Galgen-Vogel so freygebig ist? als aber
ein andermal der H. Mann sich muste in die Wüsten reteriren/
wegen Verfolgung der Gottlosen Jezabel/ welche ein rechte
Copty von einem Teuffel gewest/ er aber ihr dieser Höllischen
Fury von Hertzen verziehen/ da wolt mehrmal ein Rab den
Eliam mit Speiß versehen/ aber diesem hat gleich ein Engel vom
Himmel auf den Schnabel geschlagen/ und an statt seiner bey
dem Elias einen Contralor abgeben/ in Erwögung/ daß der
Mann GOttes seiner ärgsten Feindin verziehen/ und sich nicht
Lib. 3.
Reg. c
19
gerächet/ dem sonst gar gern alle Elementen wären an die Hand
gangen/ die Bestia zu züchtigen.

Es ist sonst bey den Leuten ein Gewonheit zu reden: Ver-
zeih mirs GOtt! Jch hab erbärmlich gescholten/ wie mich der
Gutscher umbgeworffen/ und ich wie ein Haas im Pfeffer ge-
legen/ verzeih mirs GOtt! Verwiechen/ als unser etliche bey
einander gewest/ da hab ich wohl zu viel gesoffen/ verzeih mirs
GOtt: Vor diesem weil ich bin jünger gewest/ da hab ich wohl
allerley Ränd angefangen/ und bin bald auf Magdeburg/ bald
auf Frauenhoffen verreist/ verzeih mirs GOtt! Wie ich noch
gestudiret hab/ da hab ich zu Grätz in der Rauber-Gassen ein
Condition gehabt/ daß meinem Herrn offt der Beutel ist aus
dem Leim gangen/ verzeih mirs GOtt! Die alte Rueppin hat
mich vor diesem etwas gelernt/ daß ich mich hauptsächlich gewust
gefroren und vest zu machen/ verzeih mirs GOtt! Wir wollen
halt/ daß uns GOtt alle Laster und begangene Missethaten soll
verzeihen/ und wann wir die geringste Unbild von unseren
Nächsten leiden/ da müssen alsobald Bastoni/ und Spadi
beyhanden seyn/ da heist es/ ich kan ihm es es nicht verzeihen/
alle/ alle (es wär einer schon genug) alle/ alle führen mich hin/
wann ich ihm das verzeih/ wo ich ihn erdapp/ da stoß ich ihm den

Degen

Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden
ſchen Vatters geſeſſen iſt. So weiß ich auch/ daß im alten
Teſtament der groſſe Mann Elias durch ſondere Goͤttliche Vor-
ſichtigkeit iſt durch die Raben geſpeiſt worden in der Wuͤſten/ es
iſt doch viel/ daß ein Galgen-Vogel ſo freygebig iſt? als aber
ein andermal der H. Mann ſich muſte in die Wuͤſten reteriren/
wegen Verfolgung der Gottloſen Jezabel/ welche ein rechte
Copty von einem Teuffel geweſt/ er aber ihr dieſer Hoͤlliſchen
Fury von Hertzen verziehen/ da wolt mehrmal ein Rab den
Eliam mit Speiß verſehen/ aber dieſem hat gleich ein Engel vom
Himmel auf den Schnabel geſchlagen/ und an ſtatt ſeiner bey
dem Elias einen Contralor abgeben/ in Erwoͤgung/ daß der
Mann GOttes ſeiner aͤrgſten Feindin verziehen/ und ſich nicht
Lib. 3.
Reg. c
19
geraͤchet/ dem ſonſt gar gern alle Elementen waͤren an die Hand
gangen/ die Beſtia zu zuͤchtigen.

Es iſt ſonſt bey den Leuten ein Gewonheit zu reden: Ver-
zeih mirs GOtt! Jch hab erbaͤrmlich geſcholten/ wie mich der
Gutſcher umbgeworffen/ und ich wie ein Haas im Pfeffer ge-
legen/ verzeih mirs GOtt! Verwiechen/ als unſer etliche bey
einander geweſt/ da hab ich wohl zu viel geſoffen/ verzeih mirs
GOtt: Vor dieſem weil ich bin juͤnger geweſt/ da hab ich wohl
allerley Raͤnd angefangen/ und bin bald auf Magdeburg/ bald
auf Frauenhoffen verreiſt/ verzeih mirs GOtt! Wie ich noch
geſtudiret hab/ da hab ich zu Graͤtz in der Rauber-Gaſſen ein
Condition gehabt/ daß meinem Herꝛn offt der Beutel iſt aus
dem Leim gangen/ verzeih mirs GOtt! Die alte Rueppin hat
mich vor dieſem etwas gelernt/ daß ich mich hauptſaͤchlich gewuſt
gefroren und veſt zu machen/ verzeih mirs GOtt! Wir wollen
halt/ daß uns GOtt alle Laſter und begangene Miſſethaten ſoll
verzeihen/ und wann wir die geringſte Unbild von unſeren
Naͤchſten leiden/ da muͤſſen alſobald Baſtoni/ und Spadi
beyhanden ſeyn/ da heiſt es/ ich kan ihm es es nicht verzeihen/
alle/ alle (es waͤr einer ſchon genug) alle/ alle fuͤhren mich hin/
wann ich ihm das verzeih/ wo ich ihn erdapp/ da ſtoß ich ihm den

Degen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0408" n="396"/><fw type="header" place="top">Judas J&#x017F;carioth wegen der Leut ihrer Reden</fw><lb/>
&#x017F;chen Vatters ge&#x017F;e&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t. So weiß ich auch/ daß im alten<lb/>
Te&#x017F;tament der gro&#x017F;&#x017F;e Mann <hi rendition="#aq">Elias</hi> durch &#x017F;ondere Go&#x0364;ttliche Vor-<lb/>
&#x017F;ichtigkeit i&#x017F;t durch die Raben ge&#x017F;pei&#x017F;t worden in der Wu&#x0364;&#x017F;ten/ es<lb/>
i&#x017F;t doch viel/ daß ein Galgen-Vogel &#x017F;o freygebig i&#x017F;t? als aber<lb/>
ein andermal der H. Mann &#x017F;ich mu&#x017F;te in die Wu&#x0364;&#x017F;ten <hi rendition="#aq">reteri</hi>ren/<lb/>
wegen Verfolgung der Gottlo&#x017F;en Jezabel/ welche ein rechte<lb/>
Copty von einem Teuffel gewe&#x017F;t/ er aber ihr die&#x017F;er Ho&#x0364;lli&#x017F;chen<lb/>
Fury von Hertzen verziehen/ da wolt mehrmal ein Rab den<lb/>
Eliam mit Speiß ver&#x017F;ehen/ aber die&#x017F;em hat gleich ein Engel vom<lb/>
Himmel auf den Schnabel ge&#x017F;chlagen/ und an &#x017F;tatt &#x017F;einer bey<lb/>
dem Elias einen <hi rendition="#aq">Contralor</hi> abgeben/ in Erwo&#x0364;gung/ daß der<lb/>
Mann GOttes &#x017F;einer a&#x0364;rg&#x017F;ten Feindin verziehen/ und &#x017F;ich nicht<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Lib. 3.<lb/>
Reg. c</hi> 19</note>gera&#x0364;chet/ dem &#x017F;on&#x017F;t gar gern alle Elementen wa&#x0364;ren an die Hand<lb/>
gangen/ die <hi rendition="#aq">Be&#x017F;tia</hi> zu zu&#x0364;chtigen.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t &#x017F;on&#x017F;t bey den Leuten ein Gewonheit zu reden: Ver-<lb/>
zeih mirs GOtt! Jch hab erba&#x0364;rmlich ge&#x017F;cholten/ wie mich der<lb/>
Gut&#x017F;cher umbgeworffen/ und ich wie ein Haas im Pfeffer ge-<lb/>
legen/ verzeih mirs GOtt! Verwiechen/ als un&#x017F;er etliche bey<lb/>
einander gewe&#x017F;t/ da hab ich wohl zu viel ge&#x017F;offen/ verzeih mirs<lb/>
GOtt: Vor die&#x017F;em weil ich bin ju&#x0364;nger gewe&#x017F;t/ da hab ich wohl<lb/>
allerley Ra&#x0364;nd angefangen/ und bin bald auf Magdeburg/ bald<lb/>
auf Frauenhoffen verrei&#x017F;t/ verzeih mirs GOtt! Wie ich noch<lb/><hi rendition="#aq">ge&#x017F;tudi</hi>ret hab/ da hab ich zu Gra&#x0364;tz in der Rauber-Ga&#x017F;&#x017F;en ein<lb/><hi rendition="#aq">Condition</hi> gehabt/ daß meinem Her&#xA75B;n offt der Beutel i&#x017F;t aus<lb/>
dem Leim gangen/ verzeih mirs GOtt! Die alte Rueppin hat<lb/>
mich vor die&#x017F;em etwas gelernt/ daß ich mich haupt&#x017F;a&#x0364;chlich gewu&#x017F;t<lb/>
gefroren und ve&#x017F;t zu machen/ verzeih mirs GOtt! Wir wollen<lb/>
halt/ daß uns GOtt alle La&#x017F;ter und begangene Mi&#x017F;&#x017F;ethaten &#x017F;oll<lb/>
verzeihen/ und wann wir die gering&#x017F;te Unbild von un&#x017F;eren<lb/>
Na&#x0364;ch&#x017F;ten leiden/ da mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en al&#x017F;obald Ba&#x017F;toni/ und Spadi<lb/>
beyhanden &#x017F;eyn/ da hei&#x017F;t es/ ich kan ihm es es nicht verzeihen/<lb/>
alle/ alle (es wa&#x0364;r einer &#x017F;chon genug) alle/ alle fu&#x0364;hren mich hin/<lb/>
wann ich ihm das verzeih/ wo ich ihn erdapp/ da &#x017F;toß ich ihm den<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">Degen</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[396/0408] Judas Jſcarioth wegen der Leut ihrer Reden ſchen Vatters geſeſſen iſt. So weiß ich auch/ daß im alten Teſtament der groſſe Mann Elias durch ſondere Goͤttliche Vor- ſichtigkeit iſt durch die Raben geſpeiſt worden in der Wuͤſten/ es iſt doch viel/ daß ein Galgen-Vogel ſo freygebig iſt? als aber ein andermal der H. Mann ſich muſte in die Wuͤſten reteriren/ wegen Verfolgung der Gottloſen Jezabel/ welche ein rechte Copty von einem Teuffel geweſt/ er aber ihr dieſer Hoͤlliſchen Fury von Hertzen verziehen/ da wolt mehrmal ein Rab den Eliam mit Speiß verſehen/ aber dieſem hat gleich ein Engel vom Himmel auf den Schnabel geſchlagen/ und an ſtatt ſeiner bey dem Elias einen Contralor abgeben/ in Erwoͤgung/ daß der Mann GOttes ſeiner aͤrgſten Feindin verziehen/ und ſich nicht geraͤchet/ dem ſonſt gar gern alle Elementen waͤren an die Hand gangen/ die Beſtia zu zuͤchtigen. Lib. 3. Reg. c 19 Es iſt ſonſt bey den Leuten ein Gewonheit zu reden: Ver- zeih mirs GOtt! Jch hab erbaͤrmlich geſcholten/ wie mich der Gutſcher umbgeworffen/ und ich wie ein Haas im Pfeffer ge- legen/ verzeih mirs GOtt! Verwiechen/ als unſer etliche bey einander geweſt/ da hab ich wohl zu viel geſoffen/ verzeih mirs GOtt: Vor dieſem weil ich bin juͤnger geweſt/ da hab ich wohl allerley Raͤnd angefangen/ und bin bald auf Magdeburg/ bald auf Frauenhoffen verreiſt/ verzeih mirs GOtt! Wie ich noch geſtudiret hab/ da hab ich zu Graͤtz in der Rauber-Gaſſen ein Condition gehabt/ daß meinem Herꝛn offt der Beutel iſt aus dem Leim gangen/ verzeih mirs GOtt! Die alte Rueppin hat mich vor dieſem etwas gelernt/ daß ich mich hauptſaͤchlich gewuſt gefroren und veſt zu machen/ verzeih mirs GOtt! Wir wollen halt/ daß uns GOtt alle Laſter und begangene Miſſethaten ſoll verzeihen/ und wann wir die geringſte Unbild von unſeren Naͤchſten leiden/ da muͤſſen alſobald Baſtoni/ und Spadi beyhanden ſeyn/ da heiſt es/ ich kan ihm es es nicht verzeihen/ alle/ alle (es waͤr einer ſchon genug) alle/ alle fuͤhren mich hin/ wann ich ihm das verzeih/ wo ich ihn erdapp/ da ſtoß ich ihm den Degen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/408
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 396. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/408>, abgerufen am 19.05.2024.