Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite

sitzet zum allertieffesten in der Höll?
ligen! Aus dem kanst du abnehmen/ was ich leyde/ was ich lei-
de/ indem mir vier Stund wie tausend Jahr vorkommen/ so
hab ich auch dich befragt/ wie dermalen die Menschen leben/
dann mit mir so viel Seelen seynd in die Höll gestiegen/ daß ich
geglaubt/ die gantze Welt habe bereits ein Ende. Jn Summa
alle Peyn der Welt seynd nur ein Schatten gegen der Höll/ und
diß ist nicht allein ein Hyperbole.

Was sagst du Logica, von der Höll? Jch sagt sie/ findt
bey den Verdammten das unendlich wiederholte Ergo, Ergo
erravimus a via veritatis: Ergo
seynd wir irrgangen vom Weeg
der Warheit/ Sap. c. 5. haben so liederlich verschwendt das Ewi-
ge umb das Zeitliche/ und die falsche Wollüsten der ewigen
Glückseeligkeit vorgezogen/ haben mit dem Esau die Primo-
genitur
umb ein schlechtes Linsen-Koch/ so nur den Bauch auf-
bläet/ so spöttlich verschertzt; absonderlich aber find ich in der
Höll keine andere Syllogismos, als in Barbara und in Ferio.
O wie Barbarisch und wild sehen die höllische Gespenster aus!
Der Heilige Antoninus schreibt/ daß einer aus seinen Religio-
sen habe den bösen Feind gesehen/ und an dessen Abscheulichkeit
dergestalt erschrocken/ daß er für todt dahin gelegen/ nach-
dem er aber die Lebens-Geister in etwas wieder erhohlt/ so hat
er freymüthig bestanden/ daß er lieber wolle sich in einen feuri-
gen Ofen stürtzen/ als die höllische Larven nur einmal noch an-
schauen.

Der Heilige Seraphische Franciscus/ nachdeme er durch
Göttliche Zulassung eines verdammten Geists ansichtig worden/
hat dem Fr. AEgidio bekennt/ daß ein Mensch natürlicher Weis
müste sterben/ wann er nur ein Ave Maria lang solt einen bö-
sen Geist anschauen. Die Heilige Catharina Senensis hat es
bestanden/ nachdem ihr ein solche Larven unter die Augen kom-
men/ daß sie lieber wolt biß auf den jüngsten Tag in einem an-
gezündten Scheitter-Hauffen brinnen/ als noch einmal solches
höllische Gespenst anschauen.

Ludovicus Severus, einer aus dem Hoch-Fürstlichen

Stam-

ſitzet zum allertieffeſten in der Hoͤll?
ligen! Aus dem kanſt du abnehmen/ was ich leyde/ was ich lei-
de/ indem mir vier Stund wie tauſend Jahr vorkommen/ ſo
hab ich auch dich befragt/ wie dermalen die Menſchen leben/
dann mit mir ſo viel Seelen ſeynd in die Hoͤll geſtiegen/ daß ich
geglaubt/ die gantze Welt habe bereits ein Ende. Jn Summa
alle Peyn der Welt ſeynd nur ein Schatten gegen der Hoͤll/ und
diß iſt nicht allein ein Hyperbole.

Was ſagſt du Logica, von der Hoͤll? Jch ſagt ſie/ findt
bey den Verdammten das unendlich wiederholte Ergò, Ergò
erravimus à via veritatis: Ergò
ſeynd wir irꝛgangen vom Weeg
der Warheit/ Sap. c. 5. haben ſo liederlich verſchwendt das Ewi-
ge umb das Zeitliche/ und die falſche Wolluͤſten der ewigen
Gluͤckſeeligkeit vorgezogen/ haben mit dem Eſau die Primo-
genitur
umb ein ſchlechtes Linſen-Koch/ ſo nur den Bauch auf-
blaͤet/ ſo ſpoͤttlich verſchertzt; abſonderlich aber find ich in der
Hoͤll keine andere Syllogiſmos, als in Barbara und in Ferio.
O wie Barbariſch und wild ſehen die hoͤlliſche Geſpenſter aus!
Der Heilige Antoninus ſchreibt/ daß einer aus ſeinen Religio-
ſen habe den boͤſen Feind geſehen/ und an deſſen Abſcheulichkeit
dergeſtalt erſchrocken/ daß er fuͤr todt dahin gelegen/ nach-
dem er aber die Lebens-Geiſter in etwas wieder erhohlt/ ſo hat
er freymuͤthig beſtanden/ daß er lieber wolle ſich in einen feuri-
gen Ofen ſtuͤrtzen/ als die hoͤlliſche Larven nur einmal noch an-
ſchauen.

Der Heilige Seraphiſche Franciſcus/ nachdeme er durch
Goͤttliche Zulaſſung eines verdammten Geiſts anſichtig worden/
hat dem Fr. Ægidio bekennt/ daß ein Menſch natuͤrlicher Weis
muͤſte ſterben/ wann er nur ein Ave Maria lang ſolt einen boͤ-
ſen Geiſt anſchauen. Die Heilige Catharina Senenſis hat es
beſtanden/ nachdem ihr ein ſolche Larven unter die Augen kom-
men/ daß ſie lieber wolt biß auf den juͤngſten Tag in einem an-
gezuͤndten Scheitter-Hauffen brinnen/ als noch einmal ſolches
hoͤlliſche Geſpenſt anſchauen.

Ludovicus Severus, einer aus dem Hoch-Fuͤrſtlichen

Stam-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0539" n="527"/><fw place="top" type="header">&#x017F;itzet zum allertieffe&#x017F;ten in der Ho&#x0364;ll?</fw><lb/>
ligen! Aus dem kan&#x017F;t du abnehmen/ was ich leyde/ was ich lei-<lb/>
de/ indem mir vier Stund wie tau&#x017F;end Jahr vorkommen/ &#x017F;o<lb/>
hab ich auch dich befragt/ wie dermalen die Men&#x017F;chen leben/<lb/>
dann mit mir &#x017F;o viel Seelen &#x017F;eynd in die Ho&#x0364;ll ge&#x017F;tiegen/ daß ich<lb/>
geglaubt/ die gantze Welt habe bereits ein Ende. Jn Summa<lb/>
alle Peyn der Welt &#x017F;eynd nur ein Schatten gegen der Ho&#x0364;ll/ und<lb/>
diß i&#x017F;t nicht allein ein <hi rendition="#aq">Hyperbole.</hi></p><lb/>
        <p>Was &#x017F;ag&#x017F;t du <hi rendition="#aq">Logica</hi>, von der Ho&#x0364;ll? Jch &#x017F;agt &#x017F;ie/ findt<lb/>
bey den Verdammten das unendlich wiederholte <hi rendition="#aq">Ergò, Ergò<lb/>
erravimus à via veritatis: Ergò</hi> &#x017F;eynd wir ir&#xA75B;gangen vom Weeg<lb/>
der Warheit/ <hi rendition="#aq">Sap. c.</hi> 5. haben &#x017F;o liederlich ver&#x017F;chwendt das Ewi-<lb/>
ge umb das Zeitliche/ und die fal&#x017F;che Wollu&#x0364;&#x017F;ten der ewigen<lb/>
Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit vorgezogen/ haben mit dem E&#x017F;au die <hi rendition="#aq">Primo-<lb/>
genitur</hi> umb ein &#x017F;chlechtes Lin&#x017F;en-Koch/ &#x017F;o nur den Bauch auf-<lb/>
bla&#x0364;et/ &#x017F;o &#x017F;po&#x0364;ttlich ver&#x017F;chertzt; ab&#x017F;onderlich aber find ich in der<lb/>
Ho&#x0364;ll keine andere <hi rendition="#aq">Syllogi&#x017F;mos</hi>, als in <hi rendition="#aq">Barbara</hi> und in <hi rendition="#aq">Ferio.</hi><lb/>
O wie Barbari&#x017F;ch und wild &#x017F;ehen die ho&#x0364;lli&#x017F;che Ge&#x017F;pen&#x017F;ter aus!<lb/>
Der Heilige <hi rendition="#aq">Antoninus</hi> &#x017F;chreibt/ daß einer aus &#x017F;einen Religio-<lb/>
&#x017F;en habe den bo&#x0364;&#x017F;en Feind ge&#x017F;ehen/ und an de&#x017F;&#x017F;en Ab&#x017F;cheulichkeit<lb/>
derge&#x017F;talt er&#x017F;chrocken/ daß er fu&#x0364;r todt dahin gelegen/ nach-<lb/>
dem er aber die Lebens-Gei&#x017F;ter in etwas wieder erhohlt/ &#x017F;o hat<lb/>
er freymu&#x0364;thig be&#x017F;tanden/ daß er lieber wolle &#x017F;ich in einen feuri-<lb/>
gen Ofen &#x017F;tu&#x0364;rtzen/ als die ho&#x0364;lli&#x017F;che Larven nur einmal noch an-<lb/>
&#x017F;chauen.</p><lb/>
        <p>Der Heilige Seraphi&#x017F;che Franci&#x017F;cus/ nachdeme er durch<lb/>
Go&#x0364;ttliche Zula&#x017F;&#x017F;ung eines verdammten Gei&#x017F;ts an&#x017F;ichtig worden/<lb/>
hat dem <hi rendition="#aq">Fr. Ægidio</hi> bekennt/ daß ein Men&#x017F;ch natu&#x0364;rlicher Weis<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;te &#x017F;terben/ wann er nur ein Ave Maria lang &#x017F;olt einen bo&#x0364;-<lb/>
&#x017F;en Gei&#x017F;t an&#x017F;chauen. Die Heilige <hi rendition="#aq">Catharina Senen&#x017F;is</hi> hat es<lb/>
be&#x017F;tanden/ nachdem ihr ein &#x017F;olche Larven unter die Augen kom-<lb/>
men/ daß &#x017F;ie lieber wolt biß auf den ju&#x0364;ng&#x017F;ten Tag in einem an-<lb/>
gezu&#x0364;ndten Scheitter-Hauffen brinnen/ als noch einmal &#x017F;olches<lb/>
ho&#x0364;lli&#x017F;che Ge&#x017F;pen&#x017F;t an&#x017F;chauen.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#aq">Ludovicus Severus</hi>, einer aus dem Hoch-Fu&#x0364;r&#x017F;tlichen<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Stam-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[527/0539] ſitzet zum allertieffeſten in der Hoͤll? ligen! Aus dem kanſt du abnehmen/ was ich leyde/ was ich lei- de/ indem mir vier Stund wie tauſend Jahr vorkommen/ ſo hab ich auch dich befragt/ wie dermalen die Menſchen leben/ dann mit mir ſo viel Seelen ſeynd in die Hoͤll geſtiegen/ daß ich geglaubt/ die gantze Welt habe bereits ein Ende. Jn Summa alle Peyn der Welt ſeynd nur ein Schatten gegen der Hoͤll/ und diß iſt nicht allein ein Hyperbole. Was ſagſt du Logica, von der Hoͤll? Jch ſagt ſie/ findt bey den Verdammten das unendlich wiederholte Ergò, Ergò erravimus à via veritatis: Ergò ſeynd wir irꝛgangen vom Weeg der Warheit/ Sap. c. 5. haben ſo liederlich verſchwendt das Ewi- ge umb das Zeitliche/ und die falſche Wolluͤſten der ewigen Gluͤckſeeligkeit vorgezogen/ haben mit dem Eſau die Primo- genitur umb ein ſchlechtes Linſen-Koch/ ſo nur den Bauch auf- blaͤet/ ſo ſpoͤttlich verſchertzt; abſonderlich aber find ich in der Hoͤll keine andere Syllogiſmos, als in Barbara und in Ferio. O wie Barbariſch und wild ſehen die hoͤlliſche Geſpenſter aus! Der Heilige Antoninus ſchreibt/ daß einer aus ſeinen Religio- ſen habe den boͤſen Feind geſehen/ und an deſſen Abſcheulichkeit dergeſtalt erſchrocken/ daß er fuͤr todt dahin gelegen/ nach- dem er aber die Lebens-Geiſter in etwas wieder erhohlt/ ſo hat er freymuͤthig beſtanden/ daß er lieber wolle ſich in einen feuri- gen Ofen ſtuͤrtzen/ als die hoͤlliſche Larven nur einmal noch an- ſchauen. Der Heilige Seraphiſche Franciſcus/ nachdeme er durch Goͤttliche Zulaſſung eines verdammten Geiſts anſichtig worden/ hat dem Fr. Ægidio bekennt/ daß ein Menſch natuͤrlicher Weis muͤſte ſterben/ wann er nur ein Ave Maria lang ſolt einen boͤ- ſen Geiſt anſchauen. Die Heilige Catharina Senenſis hat es beſtanden/ nachdem ihr ein ſolche Larven unter die Augen kom- men/ daß ſie lieber wolt biß auf den juͤngſten Tag in einem an- gezuͤndten Scheitter-Hauffen brinnen/ als noch einmal ſolches hoͤlliſche Geſpenſt anſchauen. Ludovicus Severus, einer aus dem Hoch-Fuͤrſtlichen Stam-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/539
Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 527. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/539>, abgerufen am 14.05.2024.