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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von dem Haß.
gang/ damit er sich also gelimpfflich anmelde; die empfangene vermeinte
Schmach vergrössere; das Geblüt bewege; die Gall erwecke; und also mit
seinen bösen Engelen die natürliche Begird deß Rachs zu ewerem ewigen Un-
tergang entzünde.

9. Billig haben sich die GOtt gewidmete Seelen auch vorzusehen/ daß
sie von einem gar geringen unzimblichen Eyffer zu einem grösseren und
schädlicheren Zorn nicht gelangen; sie haben Ursach sich zu hüten/ auff daß
auß emer ewigen Ungedult in eine Bitterkeit deß Hertzens nicht fortschreiten:
auß dieser in unterschiedliche Anstöß eines Widerwillens; von selbigem in ei-
nen Hader und Zanck; auß diesem aber in ein Abschewen ihres Nechstens/ und
endlich in eine höllische Uneinigkeit nicht gerathen: davon also redet der Heil.
Basilius: Der Zweyspalt unter den Geistlichen pflegt an-Orat. 9.
ex Col-
lect.

fänglich gar gering zu seyn/ und wird leichtlich beygelegt;
wann selbiger aber veraltet/ so ist hernacher der Sachen
zumahlen nicht/ oder doch schwerlich zu helffen:
Darumb2. Tim. 2.
24.

sagt recht der Heil. Paulus: Ein Knecht deß Herrn muß nicht
zancken/ sondern sanfftmutig seyn gegen jederman.
Der lei-
dige Sathan ein Urheber deß Zorns ist gleich einer Schlangen/ so durch das
Loch mit gantzem Leib sehr leichtlich wischet/ durch welches sie den Kopff al-
lein hat durch gebracht. Jm übrigen ist noch zu beobachten/ was der heilige
Athanasius schreibet: daß nemblich der jenige/ so das empfangene Unbill
nicht verzeyhet/ nicht für sich bette/ sondern den Fluch deß Herrn über sich
bringe/ indem er sagt/ vergeb uns unsere Schuld/ als wir vergeben: dieses hat
mit ihrem Schaden erfahren jenes Weib/ so in allen GOtt gefälligen Wer-
cken/ als Fasten/ Betten und dergleichen sich fleissig übete; auch so gar/ damit
sie Gott auch zu nächtlicher Zeit dienen könte/ sehr wenig schlaffete: dieser al-
ler Tugenden Vortrefflichkeit aber verwüstete der Zorn; zumahlen sie nicht
zu versöhnen ware/ und bliebe in unzimblichem Haß verhärtet/ so offt sie von
einem andern beleidiget wurde: Endlich ist gemeldtes Weib mit einer schwä-
ren Kranckheit von GOtt heimgesucht worden/ hat ihre Sünden dem Prie-
ster gebeichtet/ das Laster aber deß ungebührlichen Zorns verschwiegen: Da
ihr nun das allerheiligste Sarrament der Communion gereichet worden/ hat
sie den Mund versperret/ das Angesicht umbgewendet/ und gesagt; gleich wie
ich mich offtmahlen von denen hab abgewendet/ die mich umb Verzeyhung
gebetten; also kehret GOtt nun auch sein Angesicht von mir ab: ich bin ver-
worffen/ ich bin verlohren; ich werde das gottliche Angesicht nicht anschauen;
sondern werde den Teuffeln in der Höllen alsbald zu Theil werden: Wie ge-

sagt/
L

Von dem Haß.
gang/ damit er ſich alſo gelimpfflich anmelde; die empfangene vermeinte
Schmach vergroͤſſere; das Gebluͤt bewege; die Gall erwecke; und alſo mit
ſeinen boͤſen Engelen die natuͤrliche Begird deß Rachs zu ewerem ewigen Un-
tergang entzuͤnde.

9. Billig haben ſich die GOtt gewidmete Seelen auch vorzuſehen/ daß
ſie von einem gar geringen unzimblichen Eyffer zu einem groͤſſeren und
ſchaͤdlicheren Zorn nicht gelangen; ſie haben Urſach ſich zu huͤten/ auff daß
auß emer ewigen Ungedult in eine Bitterkeit deß Hertzens nicht fortſchreiten:
auß dieſer in unterſchiedliche Anſtoͤß eines Widerwillens; von ſelbigem in ei-
nen Hader und Zanck; auß dieſem aber in ein Abſchewen ihres Nechſtens/ und
endlich in eine hoͤlliſche Uneinigkeit nicht gerathen: davon alſo redet der Heil.
Baſilius: Der Zweyſpalt unter den Geiſtlichen pflegt an-Orat. 9.
ex Col-
lect.

faͤnglich gar gering zu ſeyn/ und wird leichtlich beygelegt;
wann ſelbiger aber veraltet/ ſo iſt hernacher der Sachen
zumahlen nicht/ oder doch ſchwerlich zu helffen:
Darumb2. Tim. 2.
24.

ſagt recht der Heil. Paulus: Ein Knecht deß Herrn muß nicht
zancken/ ſondern ſanfftmůtig ſeyn gegen jederman.
Der lei-
dige Sathan ein Urheber deß Zorns iſt gleich einer Schlangen/ ſo durch das
Loch mit gantzem Leib ſehr leichtlich wiſchet/ durch welches ſie den Kopff al-
lein hat durch gebracht. Jm uͤbrigen iſt noch zu beobachten/ was der heilige
Athanaſius ſchreibet: daß nemblich der jenige/ ſo das empfangene Unbill
nicht verzeyhet/ nicht fuͤr ſich bette/ ſondern den Fluch deß Herrn uͤber ſich
bringe/ indem er ſagt/ vergeb uns unſere Schuld/ als wir vergeben: dieſes hat
mit ihrem Schaden erfahren jenes Weib/ ſo in allen GOtt gefaͤlligen Wer-
cken/ als Faſten/ Betten und dergleichen ſich fleiſſig uͤbete; auch ſo gar/ damit
ſie Gott auch zu naͤchtlicher Zeit dienen koͤnte/ ſehr wenig ſchlaffete: dieſer al-
ler Tugenden Vortrefflichkeit aber verwuͤſtete der Zorn; zumahlen ſie nicht
zu verſoͤhnen ware/ und bliebe in unzimblichem Haß verhaͤrtet/ ſo offt ſie von
einem andern beleidiget wurde: Endlich iſt gemeldtes Weib mit einer ſchwaͤ-
ren Kranckheit von GOtt heimgeſucht worden/ hat ihre Suͤnden dem Prie-
ſter gebeichtet/ das Laſter aber deß ungebuͤhrlichen Zorns verſchwiegen: Da
ihr nun das allerheiligſte Sarrament der Communion gereichet worden/ hat
ſie den Mund verſperret/ das Angeſicht umbgewendet/ und geſagt; gleich wie
ich mich offtmahlen von denen hab abgewendet/ die mich umb Verzeyhung
gebetten; alſo kehret GOtt nun auch ſein Angeſicht von mir ab: ich bin ver-
worffen/ ich bin verlohren; ich werde das gottliche Angeſicht nicht anſchauen;
ſondern werde den Teuffeln in der Hoͤllen alsbald zu Theil werden: Wie ge-

ſagt/
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[81/0109] Von dem Haß. gang/ damit er ſich alſo gelimpfflich anmelde; die empfangene vermeinte Schmach vergroͤſſere; das Gebluͤt bewege; die Gall erwecke; und alſo mit ſeinen boͤſen Engelen die natuͤrliche Begird deß Rachs zu ewerem ewigen Un- tergang entzuͤnde. 9. Billig haben ſich die GOtt gewidmete Seelen auch vorzuſehen/ daß ſie von einem gar geringen unzimblichen Eyffer zu einem groͤſſeren und ſchaͤdlicheren Zorn nicht gelangen; ſie haben Urſach ſich zu huͤten/ auff daß auß emer ewigen Ungedult in eine Bitterkeit deß Hertzens nicht fortſchreiten: auß dieſer in unterſchiedliche Anſtoͤß eines Widerwillens; von ſelbigem in ei- nen Hader und Zanck; auß dieſem aber in ein Abſchewen ihres Nechſtens/ und endlich in eine hoͤlliſche Uneinigkeit nicht gerathen: davon alſo redet der Heil. Baſilius: Der Zweyſpalt unter den Geiſtlichen pflegt an- faͤnglich gar gering zu ſeyn/ und wird leichtlich beygelegt; wann ſelbiger aber veraltet/ ſo iſt hernacher der Sachen zumahlen nicht/ oder doch ſchwerlich zu helffen: Darumb ſagt recht der Heil. Paulus: Ein Knecht deß Herrn muß nicht zancken/ ſondern ſanfftmůtig ſeyn gegen jederman. Der lei- dige Sathan ein Urheber deß Zorns iſt gleich einer Schlangen/ ſo durch das Loch mit gantzem Leib ſehr leichtlich wiſchet/ durch welches ſie den Kopff al- lein hat durch gebracht. Jm uͤbrigen iſt noch zu beobachten/ was der heilige Athanaſius ſchreibet: daß nemblich der jenige/ ſo das empfangene Unbill nicht verzeyhet/ nicht fuͤr ſich bette/ ſondern den Fluch deß Herrn uͤber ſich bringe/ indem er ſagt/ vergeb uns unſere Schuld/ als wir vergeben: dieſes hat mit ihrem Schaden erfahren jenes Weib/ ſo in allen GOtt gefaͤlligen Wer- cken/ als Faſten/ Betten und dergleichen ſich fleiſſig uͤbete; auch ſo gar/ damit ſie Gott auch zu naͤchtlicher Zeit dienen koͤnte/ ſehr wenig ſchlaffete: dieſer al- ler Tugenden Vortrefflichkeit aber verwuͤſtete der Zorn; zumahlen ſie nicht zu verſoͤhnen ware/ und bliebe in unzimblichem Haß verhaͤrtet/ ſo offt ſie von einem andern beleidiget wurde: Endlich iſt gemeldtes Weib mit einer ſchwaͤ- ren Kranckheit von GOtt heimgeſucht worden/ hat ihre Suͤnden dem Prie- ſter gebeichtet/ das Laſter aber deß ungebuͤhrlichen Zorns verſchwiegen: Da ihr nun das allerheiligſte Sarrament der Communion gereichet worden/ hat ſie den Mund verſperret/ das Angeſicht umbgewendet/ und geſagt; gleich wie ich mich offtmahlen von denen hab abgewendet/ die mich umb Verzeyhung gebetten; alſo kehret GOtt nun auch ſein Angeſicht von mir ab: ich bin ver- worffen/ ich bin verlohren; ich werde das gottliche Angeſicht nicht anſchauen; ſondern werde den Teuffeln in der Hoͤllen alsbald zu Theil werden: Wie ge- ſagt/ Orat. 9. ex Col- lect. 2. Tim. 2. 24. L

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/109>, abgerufen am 29.04.2024.