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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Zwantzigste Geistliche Lection
nun in die Einsamkeit sich begeben/ hat er GOtt abermahl gebetten/ Er
mögte ihn führen auff den Weeg deß Heyls: und siehe/ da ist ihm wiederumb
vom Himmel zu Ohren kommen dieser heylsame Rath: Arseni/ flie-
he/ schweige und ruhe; diese seynd der Anfang deß Heyls.

Derhalben hat sich dieser neue Einsidler deß Stillschweigens und der Ein-
samkeit so unbeschreiblicher Weiß beflissen/ daß es auch für ein Wunderwerck
gehalten worden/ wann man dem Arsenium seine Leffzen zu einer anderen
Rede/ als zum Lob GOttes hat bewegen sehen. Die Einsamkeit hat er der-
gestalt geliebet/ daß er zumahlen nichts unterlassen/ dadurch er den Zulauff
der Leuthen/ so wegen seiner Heiligkeit geschehen/ verhindern mögte. Unter
L. 5. §. 4.
Edit.
Rosvv.
solchen ist auch einsmahls der Theophilus ein Patriarch von Alerandria
sambt dem Vorsteher derselben Stadt kommen/ und begehret/ er mögte ih-
nen nur ein oder andere gute geistliche Lehr zum Heyl ihrer Seelen mitthei-
len. Arsenius aber hat ihnen nicht alsbald geantwortet; sondern/ nachdem er sie
eine lange Zeit hat warten lassen/ hat er sie endlich gefragt/ ob sie demjeni-
gen/ was er ihnen sagen würde/ auch nachkommen wolten? darauff selbi-
ge geantwortet/ daß sie alles/ was er ihnen befehlen würde/ unsträfflich zu
halten versicherten. Wolan dann/ sagt der H. Vatter/ so gehet/ und kom-
met niemahlen dahin/ wo ihr hören werdet/ daß Arsenius seye. So ange-
nehm ware diesem Gott-seeligen Einsidler die Einsambkeit; dahero er auch
einen so grossen Nutzen sich erworben/ daß keine eintzige Tugend unter den
andern Einsidlern zu finden gewesen/ mit der Arsenius nicht gezieret; keint
Heiligkeit geleuchtet/ die an ihme sich nicht hervorgethan; und/ mit einem
Wort zu sagen/ alle andere heilige Mit-Brüder hat er an Verdiensten und
Heiligkeit weit übertroffen/ und dieses alles hat er durch die GOtt-gefälligt
Einsambkeit glücklich erhalten. Als nun diese ungemeine Menschen-
Flucht desselben Heiligen der sämptlichen Gesellschafft in etwa frembt vor-
kommen; hat ihn einsmahls einer seiner heiligen Brüder Nahmens Mar-
cus auß geistlichem Vorwitz gefragt; warumb er auch die Geistliche also
fliehe/ von denen er ja keinen Schaden zu leyden habe; und sie hergegen mit
seinem Gespräch können erbauet werden? deme er mit diesen Worten ge-
Vit. P. P.
Lib. 7. c.
[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt] 4. §. 1.
Edit.
Rosvv.
antwortet: GOTT weiß/ daß ich alle Menschen liebe/
ich kan aber mit GOTT und den Menschen zugleich
nicht umbgehen: Dann die himmlische Geister und Jn-
wohner seynd eines Willens/ die Menschen aber haben
nicht einen/ sondern vielerley und unterschiedliche Wil-

len/

Die Zwantzigſte Geiſtliche Lection
nun in die Einſamkeit ſich begeben/ hat er GOtt abermahl gebetten/ Er
moͤgte ihn fuͤhren auff den Weeg deß Heyls: und ſiehe/ da iſt ihm wiederumb
vom Himmel zu Ohren kommen dieſer heylſame Rath: Arſeni/ flie-
he/ ſchweige und ruhe; dieſe ſeynd der Anfang deß Heyls.

Derhalben hat ſich dieſer neue Einſidler deß Stillſchweigens und der Ein-
ſamkeit ſo unbeſchreiblicher Weiß befliſſen/ daß es auch fuͤr ein Wunderwerck
gehalten worden/ wann man dem Arſenium ſeine Leffzen zu einer anderen
Rede/ als zum Lob GOttes hat bewegen ſehen. Die Einſamkeit hat er der-
geſtalt geliebet/ daß er zumahlen nichts unterlaſſen/ dadurch er den Zulauff
der Leuthen/ ſo wegen ſeiner Heiligkeit geſchehen/ verhindern moͤgte. Unter
L. 5. §. 4.
Edit.
Roſvv.
ſolchen iſt auch einsmahls der Theophilus ein Patriarch von Alerandria
ſambt dem Vorſteher derſelben Stadt kommen/ und begehret/ er moͤgte ih-
nen nur ein oder andere gute geiſtliche Lehr zum Heyl ihrer Seelen mitthei-
len. Arſenius aber hat ihnen nicht alsbald geantwortet; ſondern/ nachdem er ſie
eine lange Zeit hat warten laſſen/ hat er ſie endlich gefragt/ ob ſie demjeni-
gen/ was er ihnen ſagen wuͤrde/ auch nachkommen wolten? darauff ſelbi-
ge geantwortet/ daß ſie alles/ was er ihnen befehlen wuͤrde/ unſtraͤfflich zu
halten verſicherten. Wolan dann/ ſagt der H. Vatter/ ſo gehet/ und kom-
met niemahlen dahin/ wo ihr hoͤren werdet/ daß Arſenius ſeye. So ange-
nehm ware dieſem Gott-ſeeligen Einſidler die Einſambkeit; dahero er auch
einen ſo groſſen Nutzen ſich erworben/ daß keine eintzige Tugend unter den
andern Einſidlern zu finden geweſen/ mit der Arſenius nicht gezieret; keint
Heiligkeit geleuchtet/ die an ihme ſich nicht hervorgethan; und/ mit einem
Wort zu ſagen/ alle andere heilige Mit-Bruͤder hat er an Verdienſten und
Heiligkeit weit uͤbertroffen/ und dieſes alles hat er durch die GOtt-gefaͤlligt
Einſambkeit gluͤcklich erhalten. Als nun dieſe ungemeine Menſchen-
Flucht deſſelben Heiligen der ſaͤmptlichen Geſellſchafft in etwa frembt vor-
kommen; hat ihn einsmahls einer ſeiner heiligen Bruͤder Nahmens Mar-
cus auß geiſtlichem Vorwitz gefragt; warumb er auch die Geiſtliche alſo
fliehe/ von denen er ja keinen Schaden zu leyden habe; und ſie hergegen mit
ſeinem Geſpraͤch koͤnnen erbauet werden? deme er mit dieſen Worten ge-
Vit. P. P.
Lib. 7. c.
[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt] 4. §. 1.
Edit.
Roſvv.
antwortet: GOTT weiß/ daß ich alle Menſchen liebe/
ich kan aber mit GOTT und den Menſchen zugleich
nicht umbgehen: Dann die himmliſche Geiſter und Jn-
wohner ſeynd eines Willens/ die Menſchen aber haben
nicht einen/ ſondern vielerley und unterſchiedliche Wil-

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[238/0266] Die Zwantzigſte Geiſtliche Lection nun in die Einſamkeit ſich begeben/ hat er GOtt abermahl gebetten/ Er moͤgte ihn fuͤhren auff den Weeg deß Heyls: und ſiehe/ da iſt ihm wiederumb vom Himmel zu Ohren kommen dieſer heylſame Rath: Arſeni/ flie- he/ ſchweige und ruhe; dieſe ſeynd der Anfang deß Heyls. Derhalben hat ſich dieſer neue Einſidler deß Stillſchweigens und der Ein- ſamkeit ſo unbeſchreiblicher Weiß befliſſen/ daß es auch fuͤr ein Wunderwerck gehalten worden/ wann man dem Arſenium ſeine Leffzen zu einer anderen Rede/ als zum Lob GOttes hat bewegen ſehen. Die Einſamkeit hat er der- geſtalt geliebet/ daß er zumahlen nichts unterlaſſen/ dadurch er den Zulauff der Leuthen/ ſo wegen ſeiner Heiligkeit geſchehen/ verhindern moͤgte. Unter ſolchen iſt auch einsmahls der Theophilus ein Patriarch von Alerandria ſambt dem Vorſteher derſelben Stadt kommen/ und begehret/ er moͤgte ih- nen nur ein oder andere gute geiſtliche Lehr zum Heyl ihrer Seelen mitthei- len. Arſenius aber hat ihnen nicht alsbald geantwortet; ſondern/ nachdem er ſie eine lange Zeit hat warten laſſen/ hat er ſie endlich gefragt/ ob ſie demjeni- gen/ was er ihnen ſagen wuͤrde/ auch nachkommen wolten? darauff ſelbi- ge geantwortet/ daß ſie alles/ was er ihnen befehlen wuͤrde/ unſtraͤfflich zu halten verſicherten. Wolan dann/ ſagt der H. Vatter/ ſo gehet/ und kom- met niemahlen dahin/ wo ihr hoͤren werdet/ daß Arſenius ſeye. So ange- nehm ware dieſem Gott-ſeeligen Einſidler die Einſambkeit; dahero er auch einen ſo groſſen Nutzen ſich erworben/ daß keine eintzige Tugend unter den andern Einſidlern zu finden geweſen/ mit der Arſenius nicht gezieret; keint Heiligkeit geleuchtet/ die an ihme ſich nicht hervorgethan; und/ mit einem Wort zu ſagen/ alle andere heilige Mit-Bruͤder hat er an Verdienſten und Heiligkeit weit uͤbertroffen/ und dieſes alles hat er durch die GOtt-gefaͤlligt Einſambkeit gluͤcklich erhalten. Als nun dieſe ungemeine Menſchen- Flucht deſſelben Heiligen der ſaͤmptlichen Geſellſchafft in etwa frembt vor- kommen; hat ihn einsmahls einer ſeiner heiligen Bruͤder Nahmens Mar- cus auß geiſtlichem Vorwitz gefragt; warumb er auch die Geiſtliche alſo fliehe/ von denen er ja keinen Schaden zu leyden habe; und ſie hergegen mit ſeinem Geſpraͤch koͤnnen erbauet werden? deme er mit dieſen Worten ge- antwortet: GOTT weiß/ daß ich alle Menſchen liebe/ ich kan aber mit GOTT und den Menſchen zugleich nicht umbgehen: Dann die himmliſche Geiſter und Jn- wohner ſeynd eines Willens/ die Menſchen aber haben nicht einen/ ſondern vielerley und unterſchiedliche Wil- len/ L. 5. §. 4. Edit. Roſvv. Vit. P. P. Lib. 7. c. _ 4. §. 1. Edit. Roſvv.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/266>, abgerufen am 27.04.2024.