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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Die Vier und Zwantzigste Geistliche Lection

5. Hierauß nun vernünfftlich zu schliessen ist/ daß die untb GOttes Wil-
len gelittene Widerwärtigkeiten sehr reichlich/ so wohl zeitlich als ewiglich
belohnet werden. Soll aber die Frucht/ so auß den Trübsaalen zu erwach-
sen pfleget/ nicht alsbald hervorbrechen; so muß man derhalben doch nicht
verzweiffeln/ sondern gedencken/ daß der jenige/ welcher da säct/ nicht
Ps. 125. v.
5. 6. 7.
alsbald nach außgeworffenem Saamen mähen könne. Also werden
die jenige/
nach Zeugnuß deß Königlichen Propheten/ so mit
Thränensäen/ mit Frolocken erndten. Sie giengen hin/
giengen und weineten/ und wurffen ihren Saamen: a-
der sie werden kommen/ ja gewißlich werden sie kommen
mit Frolocken/ und ihre Garben tragen.
Darum spricht
unser H. Vatter Augustinus über diesen Ort: Jsts nicht bißweilen kalt/
windig und übel Wetter/ wann der Ackers-Mann seinen Saamen traget/
und zum Außwerffen sich rüstet: er schauet gen Himmel/ und schet einen
unlüstigen Tag mit betrübten Augen an; er wartet und gibt Achtung auff
einen fröhligen Tag/ damit die Zeit nicht vorbeygehe/ und er nichts finde
zu mähen. Also säetihr auch im Winter/ säet gute Werck. Auff daß a-
ber keiner verzage/ so muß er gleich einem Ackers-Mannden Arnd/ das ist
das ewige und glückseelige Leben/ als eine Frucht/ so da in den Trübsalen
versamblet wird/ erwarten. Diese Frucht ist also gewiß und ansehnlich/ daß/
nach Zeugnuß deß Apostels: Das Leyden dieser Zeit nicht gleich
Rom. 8.zu achten seye der kunfftigen Herrligkeit/ welche in uns soll
offenbahret werden.
Uber diesen Text der H. Schrifft sagen die H. H.
Chrysostomus und Augustinus: Wann wir alle Tage Tormenten/ und
auch ein wenige Zeit die höllische Peinen selbst hätten außzustehen/ damit
wir Christum inseiner Herrlichkeit sehen/ und der Gesellschafft seiner Hei-
ligen zugesellet werden mögten: so wäre doch all das Leyden nicht gleich zu
achten solcher unendlich grosser Freud und Crgetzligkeit. Wolan dann/
mein Christliche Seel/ hat dir der gütige GOtt einige Trübsäligkeiten zu-
geschickt/ nehme selbige mit freudigem Hertzen an/ trage sie mit einem Hel-
denmuth/ sie kommen woher sie immer wollen; dancke deinem GOtt/ daß
du mit den Apostelen gewürdiget werdest/ für den Nahmen JEsu Schmach
L. Dial. c.
20.
und Trangsaalen außzustehen; welcheder Gott-seelige Henricus Suso so
hoch geschätzet/ daß er gesagt hat: wann einer hundert Jahr GOtt Fuß-
fällig bettete/ so könnte er sich doch hierdurch nicht würdig machen/ ein eintzi-
ges Creutz zu erlangen.

Der
Die Vier und Zwantzigſte Geiſtliche Lection

5. Hierauß nun vernuͤnfftlich zu ſchlieſſen iſt/ daß die untb GOttes Wil-
len gelittene Widerwaͤrtigkeiten ſehr reichlich/ ſo wohl zeitlich als ewiglich
belohnet werden. Soll aber die Frucht/ ſo auß den Truͤbſaalen zu erwach-
ſen pfleget/ nicht alsbald hervorbrechen; ſo muß man derhalben doch nicht
verzweiffeln/ ſondern gedencken/ daß der jenige/ welcher da ſaͤct/ nicht
Pſ. 125. v.
5. 6. 7.
alsbald nach außgeworffenem Saamen maͤhen koͤnne. Alſo werden
die jenige/
nach Zeugnuß deß Koͤniglichen Propheten/ ſo mit
Thraͤnenſaͤen/ mit Frolocken erndten. Sie giengen hin/
giengen und weineten/ und wurffen ihren Saamen: a-
der ſie werden kommen/ ja gewißlich werden ſie kommen
mit Frolocken/ und ihre Garben tragen.
Darum ſpricht
unſer H. Vatter Auguſtinus uͤber dieſen Ort: Jſts nicht bißweilen kalt/
windig und uͤbel Wetter/ wann der Ackers-Mann ſeinen Saamen traget/
und zum Außwerffen ſich ruͤſtet: er ſchauet gen Himmel/ und ſchet einen
unluͤſtigen Tag mit betruͤbten Augen an; er wartet und gibt Achtung auff
einen froͤhligen Tag/ damit die Zeit nicht vorbeygehe/ und er nichts finde
zu maͤhen. Alſo ſaͤetihr auch im Winter/ ſaͤet gute Werck. Auff daß a-
ber keiner verzage/ ſo muß er gleich einem Ackers-Mannden Arnd/ das iſt
das ewige und gluͤckſeelige Leben/ als eine Frucht/ ſo da in den Truͤbſalen
verſamblet wird/ erwarten. Dieſe Frucht iſt alſo gewiß und anſehnlich/ daß/
nach Zeugnuß deß Apoſtels: Das Leyden dieſer Zeit nicht gleich
Rom. 8.zu achten ſeye der kůnfftigen Herrligkeit/ welche in uns ſoll
offenbahret werden.
Uber dieſen Text der H. Schrifft ſagen die H. H.
Chryſoſtomus und Auguſtinus: Wann wir alle Tage Tormenten/ und
auch ein wenige Zeit die hoͤlliſche Peinen ſelbſt haͤtten außzuſtehen/ damit
wir Chriſtum inſeiner Herrlichkeit ſehen/ und der Geſellſchafft ſeiner Hei-
ligen zugeſellet werden moͤgten: ſo waͤre doch all das Leyden nicht gleich zu
achten ſolcher unendlich groſſer Freud und Crgetzligkeit. Wolan dann/
mein Chriſtliche Seel/ hat dir der guͤtige GOtt einige Truͤbſaͤligkeiten zu-
geſchickt/ nehme ſelbige mit freudigem Hertzen an/ trage ſie mit einem Hel-
denmuth/ ſie kommen woher ſie immer wollen; dancke deinem GOtt/ daß
du mit den Apoſtelen gewuͤrdiget werdeſt/ fuͤr den Nahmen JEſu Schmach
L. Dial. c.
20.
und Trangſaalen außzuſtehen; welcheder Gott-ſeelige Henricus Suſo ſo
hoch geſchaͤtzet/ daß er geſagt hat: wann einer hundert Jahr GOtt Fuß-
faͤllig bettete/ ſo koͤnnte er ſich doch hierdurch nicht wuͤrdig machen/ ein eintzi-
ges Creutz zu erlangen.

Der
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[296/0324] Die Vier und Zwantzigſte Geiſtliche Lection 5. Hierauß nun vernuͤnfftlich zu ſchlieſſen iſt/ daß die untb GOttes Wil- len gelittene Widerwaͤrtigkeiten ſehr reichlich/ ſo wohl zeitlich als ewiglich belohnet werden. Soll aber die Frucht/ ſo auß den Truͤbſaalen zu erwach- ſen pfleget/ nicht alsbald hervorbrechen; ſo muß man derhalben doch nicht verzweiffeln/ ſondern gedencken/ daß der jenige/ welcher da ſaͤct/ nicht alsbald nach außgeworffenem Saamen maͤhen koͤnne. Alſo werden die jenige/ nach Zeugnuß deß Koͤniglichen Propheten/ ſo mit Thraͤnenſaͤen/ mit Frolocken erndten. Sie giengen hin/ giengen und weineten/ und wurffen ihren Saamen: a- der ſie werden kommen/ ja gewißlich werden ſie kommen mit Frolocken/ und ihre Garben tragen. Darum ſpricht unſer H. Vatter Auguſtinus uͤber dieſen Ort: Jſts nicht bißweilen kalt/ windig und uͤbel Wetter/ wann der Ackers-Mann ſeinen Saamen traget/ und zum Außwerffen ſich ruͤſtet: er ſchauet gen Himmel/ und ſchet einen unluͤſtigen Tag mit betruͤbten Augen an; er wartet und gibt Achtung auff einen froͤhligen Tag/ damit die Zeit nicht vorbeygehe/ und er nichts finde zu maͤhen. Alſo ſaͤetihr auch im Winter/ ſaͤet gute Werck. Auff daß a- ber keiner verzage/ ſo muß er gleich einem Ackers-Mannden Arnd/ das iſt das ewige und gluͤckſeelige Leben/ als eine Frucht/ ſo da in den Truͤbſalen verſamblet wird/ erwarten. Dieſe Frucht iſt alſo gewiß und anſehnlich/ daß/ nach Zeugnuß deß Apoſtels: Das Leyden dieſer Zeit nicht gleich zu achten ſeye der kůnfftigen Herrligkeit/ welche in uns ſoll offenbahret werden. Uber dieſen Text der H. Schrifft ſagen die H. H. Chryſoſtomus und Auguſtinus: Wann wir alle Tage Tormenten/ und auch ein wenige Zeit die hoͤlliſche Peinen ſelbſt haͤtten außzuſtehen/ damit wir Chriſtum inſeiner Herrlichkeit ſehen/ und der Geſellſchafft ſeiner Hei- ligen zugeſellet werden moͤgten: ſo waͤre doch all das Leyden nicht gleich zu achten ſolcher unendlich groſſer Freud und Crgetzligkeit. Wolan dann/ mein Chriſtliche Seel/ hat dir der guͤtige GOtt einige Truͤbſaͤligkeiten zu- geſchickt/ nehme ſelbige mit freudigem Hertzen an/ trage ſie mit einem Hel- denmuth/ ſie kommen woher ſie immer wollen; dancke deinem GOtt/ daß du mit den Apoſtelen gewuͤrdiget werdeſt/ fuͤr den Nahmen JEſu Schmach und Trangſaalen außzuſtehen; welcheder Gott-ſeelige Henricus Suſo ſo hoch geſchaͤtzet/ daß er geſagt hat: wann einer hundert Jahr GOtt Fuß- faͤllig bettete/ ſo koͤnnte er ſich doch hierdurch nicht wuͤrdig machen/ ein eintzi- ges Creutz zu erlangen. Pſ. 125. v. 5. 6. 7. Rom. 8. L. Dial. c. 20. Der

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/324>, abgerufen am 29.04.2024.