Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Fünff und Zwantzigste Geistliche Lection
befohlen/ er soll alsbald die Versuchungen von GOtt widerfordern/ auff
daß er nicht nachlässig werde. Wie gesagt war/ so ist geschehen; und der from-
me Geistliche hat seine vorige Versuchungen abermahl von GOtt erhalten.
Dann gleich wie der Senff oder Mostart/ und viel andere Speisen/ sagt
Christus zu der H. Brigittä/ nicht also zu Ernehrung deß Leibs/ als zu Hei-
lung einiger Mängel/ oder Sauberung einiger Theilen deß Leibs gebraucht
werden; also die böse und versuchende Gedancken; wielwohl selbige die
Seel nit ersättigen noch feist machen/ wie das Oehl der guten Gedancken
thut; so seynd sie doch dienlich/ diesem oder jenem Schaden vorzukom-
men/ oder zu heilen. Viele würden vermeinen/ sie wären Engelen/ und
keine Menschen/ wann sie nicht bißweilen durch böse Gedancken versucht
würden. Nicht umbsonst hat Christus seine Aposteln und deren Nachkömlin-
ge mit diesen Worten erinnert/ daß sie in den Versuchungen tapffer streiten
Matt. 10.
v.
34.
solten: Jhr sollet nicht vermeinen/ daß ich kommen bin/
Friede zu senden auff Erden: ich bin nicht kommen Friede
zu senden/ sondern das Schwert.
So wird dann von dem je-
nigen erfordert/ so dem Dienst GOttes sich ergibt/ daß er das Schwerd/
nemblich die Stärcke ergreiffe/ durch welche er gegen die unfehlbar ankom-
mende Versuchungen sich verthätige und beschütze.

6. Das andere/ so ein geistlicher Neuling wissen soll/ ist; daß er sicher
glaube; das GOtt den Seinigen sehr treu seye/ und nicht zulasse/ daß der-
Serm. de
Patient.
selben einer über sein Vermögen versuchet werde. Dann sagt der heilige
Ephrem/ wann die Menschen wissen/ wie viel und schwehren Last ein
Thier für dem andern tragen kan: wann ein Haffner weiß/ wie lange Zeit die
von ihm auß Leim gemachte Geschirr müssen gebrennen werden: wie viel
mehr wird der allerweiseste GOtt wissen/ mit was oder wie viel Versuchun-
gen seine Diener und dienerinnen müssen probiret werden. Dahero sagt der
H. Bernardus: Dieses sage ich euch vor: daß keiner ohne Ver-
Serm. 15.
in Ps.
90.
suchuug auff Erden leben werde: und wann einem vil-
leicht ein Creutz wird abgenommen/ so soll er eines andern
in Sicherheit gewärtig seyn.
Hierüber haben wir nun dem Mil-
desten GOtt zu dancken/ daß er uns öffters einige Versuchungen zulasse/
damit wir nicht villeicht mit anderen gefährlicheren überfallen werden: und
daß er einige von denselben ehender befreye; auff daß sie in anderen/ so ihnen
nützlicher seynd/ mögen geübet werden.

7. Drit-

Die Fuͤnff und Zwantzigſte Geiſtliche Lection
befohlen/ er ſoll alsbald die Verſuchungen von GOtt widerfordern/ auff
daß er nicht nachlaͤſſig werde. Wie geſagt war/ ſo iſt geſchehen; und der from-
me Geiſtliche hat ſeine vorige Verſuchungen abermahl von GOtt erhalten.
Dann gleich wie der Senff oder Moſtart/ und viel andere Speiſen/ ſagt
Chriſtus zu der H. Brigittaͤ/ nicht alſo zu Ernehrung deß Leibs/ als zu Hei-
lung einiger Maͤngel/ oder Sauberung einiger Theilen deß Leibs gebraucht
werden; alſo die boͤſe und verſuchende Gedancken; wielwohl ſelbige die
Seel nit erſaͤttigen noch feiſt machen/ wie das Oehl der guten Gedancken
thut; ſo ſeynd ſie doch dienlich/ dieſem oder jenem Schaden vorzukom-
men/ oder zu heilen. Viele wuͤrden vermeinen/ ſie waͤren Engelen/ und
keine Menſchen/ wann ſie nicht bißweilen durch boͤſe Gedancken verſucht
wuͤrden. Nicht umbſonſt hat Chriſtus ſeine Apoſteln und deren Nachkoͤmlin-
ge mit dieſen Worten erinnert/ daß ſie in den Verſuchungen tapffer ſtreiten
Matt. 10.
v.
34.
ſolten: Jhr ſollet nicht vermeinen/ daß ich kommen bin/
Friede zu ſenden auff Erden: ich bin nicht kommen Friede
zu ſenden/ ſondern das Schwert.
So wird dann von dem je-
nigen erfordert/ ſo dem Dienſt GOttes ſich ergibt/ daß er das Schwerd/
nemblich die Staͤrcke ergreiffe/ durch welche er gegen die unfehlbar ankom-
mende Verſuchungen ſich verthaͤtige und beſchuͤtze.

6. Das andere/ ſo ein geiſtlicher Neuling wiſſen ſoll/ iſt; daß er ſicher
glaube; das GOtt den Seinigen ſehr treu ſeye/ und nicht zulaſſe/ daß der-
Serm. de
Patient.
ſelben einer uͤber ſein Vermoͤgen verſuchet werde. Dann ſagt der heilige
Ephrem/ wann die Menſchen wiſſen/ wie viel und ſchwehren Laſt ein
Thier fuͤr dem andern tragen kan: wann ein Haffner weiß/ wie lange Zeit die
von ihm auß Leim gemachte Geſchirr muͤſſen gebrennen werden: wie viel
mehr wird der allerweiſeſte GOtt wiſſen/ mit was oder wie viel Verſuchun-
gen ſeine Diener und dienerinnen muͤſſen probiret werden. Dahero ſagt der
H. Bernardus: Dieſes ſage ich euch vor: daß keiner ohne Ver-
Serm. 15.
in Pſ.
90.
ſuchuug auff Erden leben werde: und wann einem vil-
leicht ein Creutz wird abgenommen/ ſo ſoll er eines andern
in Sicherheit gewaͤrtig ſeyn.
Hieruͤber haben wir nun dem Mil-
deſten GOtt zu dancken/ daß er uns oͤffters einige Verſuchungen zulaſſe/
damit wir nicht villeicht mit anderen gefaͤhrlicheren uͤberfallen werden: und
daß er einige von denſelben ehender befreye; auff daß ſie in anderen/ ſo ihnen
nuͤtzlicher ſeynd/ moͤgen geuͤbet werden.

7. Drit-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0338" n="310"/><fw place="top" type="header">Die Fu&#x0364;nff und Zwantzig&#x017F;te Gei&#x017F;tliche <hi rendition="#aq">Lection</hi></fw><lb/>
befohlen/ er &#x017F;oll alsbald die <hi rendition="#fr">V</hi>er&#x017F;uchungen von GOtt widerfordern/ auff<lb/>
daß er nicht nachla&#x0364;&#x017F;&#x017F;ig werde. Wie ge&#x017F;agt war/ &#x017F;o i&#x017F;t ge&#x017F;chehen; und der from-<lb/>
me Gei&#x017F;tliche hat &#x017F;eine vorige <hi rendition="#fr">V</hi>er&#x017F;uchungen abermahl von GOtt erhalten.<lb/>
Dann gleich wie der Senff oder Mo&#x017F;tart/ und viel andere Spei&#x017F;en/ &#x017F;agt<lb/>
Chri&#x017F;tus zu der H. Brigitta&#x0364;/ nicht al&#x017F;o zu Ernehrung deß Leibs/ als zu Hei-<lb/>
lung einiger Ma&#x0364;ngel/ oder Sauberung einiger Theilen deß Leibs gebraucht<lb/>
werden; al&#x017F;o die bo&#x0364;&#x017F;e und ver&#x017F;uchende Gedancken; wielwohl &#x017F;elbige die<lb/>
Seel nit er&#x017F;a&#x0364;ttigen noch fei&#x017F;t machen/ wie das Oehl der guten Gedancken<lb/>
thut; &#x017F;o &#x017F;eynd &#x017F;ie doch dienlich/ die&#x017F;em oder jenem Schaden vorzukom-<lb/>
men/ oder zu heilen. <hi rendition="#fr">V</hi>iele wu&#x0364;rden vermeinen/ &#x017F;ie wa&#x0364;ren Engelen/ und<lb/>
keine Men&#x017F;chen/ wann &#x017F;ie nicht bißweilen durch bo&#x0364;&#x017F;e Gedancken ver&#x017F;ucht<lb/>
wu&#x0364;rden. Nicht umb&#x017F;on&#x017F;t hat Chri&#x017F;tus &#x017F;eine Apo&#x017F;teln und deren Nachko&#x0364;mlin-<lb/>
ge mit die&#x017F;en Worten erinnert/ daß &#x017F;ie in den <hi rendition="#fr">V</hi>er&#x017F;uchungen tapffer &#x017F;treiten<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Matt. 10.<lb/>
v.</hi> 34.</note>&#x017F;olten: <hi rendition="#fr">Jhr &#x017F;ollet nicht vermeinen/ daß ich kommen bin/<lb/>
Friede zu &#x017F;enden auff Erden: ich bin nicht kommen Friede<lb/>
zu &#x017F;enden/ &#x017F;ondern das Schwert.</hi> So wird dann von dem je-<lb/>
nigen erfordert/ &#x017F;o dem Dien&#x017F;t GOttes &#x017F;ich ergibt/ daß er das Schwerd/<lb/>
nemblich die Sta&#x0364;rcke ergreiffe/ durch welche er gegen die unfehlbar ankom-<lb/>
mende <hi rendition="#fr">V</hi>er&#x017F;uchungen &#x017F;ich vertha&#x0364;tige und be&#x017F;chu&#x0364;tze.</p><lb/>
          <p>6. Das andere/ &#x017F;o ein gei&#x017F;tlicher Neuling wi&#x017F;&#x017F;en &#x017F;oll/ i&#x017F;t; daß er &#x017F;icher<lb/>
glaube; das GOtt den Seinigen &#x017F;ehr treu &#x017F;eye/ und nicht zula&#x017F;&#x017F;e/ daß der-<lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Serm. de<lb/>
Patient.</hi></note>&#x017F;elben einer u&#x0364;ber &#x017F;ein Vermo&#x0364;gen ver&#x017F;uchet werde. Dann &#x017F;agt der heilige<lb/>
Ephrem/ wann die Men&#x017F;chen wi&#x017F;&#x017F;en/ wie viel und &#x017F;chwehren La&#x017F;t ein<lb/>
Thier fu&#x0364;r dem andern tragen kan: wann ein Haffner weiß/ wie lange Zeit die<lb/>
von ihm auß Leim gemachte Ge&#x017F;chirr mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en gebrennen werden: wie viel<lb/>
mehr wird der allerwei&#x017F;e&#x017F;te GOtt wi&#x017F;&#x017F;en/ mit was oder wie viel Ver&#x017F;uchun-<lb/>
gen &#x017F;eine Diener und dienerinnen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en probiret werden. Dahero &#x017F;agt der<lb/>
H. Bernardus: <hi rendition="#fr">Die&#x017F;es &#x017F;age ich euch vor: daß keiner ohne Ver-</hi><lb/><note place="left"><hi rendition="#aq">Serm. 15.<lb/>
in P&#x017F;.</hi> 90.</note><hi rendition="#fr">&#x017F;uchuug auff Erden leben werde: und wann einem vil-<lb/>
leicht ein Creutz wird abgenommen/ &#x017F;o &#x017F;oll er eines andern<lb/>
in Sicherheit gewa&#x0364;rtig &#x017F;eyn.</hi> Hieru&#x0364;ber haben wir nun dem Mil-<lb/>
de&#x017F;ten GOtt zu dancken/ daß er uns o&#x0364;ffters einige Ver&#x017F;uchungen zula&#x017F;&#x017F;e/<lb/>
damit wir nicht villeicht mit anderen gefa&#x0364;hrlicheren u&#x0364;berfallen werden: und<lb/>
daß er einige von den&#x017F;elben ehender befreye; auff daß &#x017F;ie in anderen/ &#x017F;o ihnen<lb/>
nu&#x0364;tzlicher &#x017F;eynd/ mo&#x0364;gen geu&#x0364;bet werden.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">7. Drit-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0338] Die Fuͤnff und Zwantzigſte Geiſtliche Lection befohlen/ er ſoll alsbald die Verſuchungen von GOtt widerfordern/ auff daß er nicht nachlaͤſſig werde. Wie geſagt war/ ſo iſt geſchehen; und der from- me Geiſtliche hat ſeine vorige Verſuchungen abermahl von GOtt erhalten. Dann gleich wie der Senff oder Moſtart/ und viel andere Speiſen/ ſagt Chriſtus zu der H. Brigittaͤ/ nicht alſo zu Ernehrung deß Leibs/ als zu Hei- lung einiger Maͤngel/ oder Sauberung einiger Theilen deß Leibs gebraucht werden; alſo die boͤſe und verſuchende Gedancken; wielwohl ſelbige die Seel nit erſaͤttigen noch feiſt machen/ wie das Oehl der guten Gedancken thut; ſo ſeynd ſie doch dienlich/ dieſem oder jenem Schaden vorzukom- men/ oder zu heilen. Viele wuͤrden vermeinen/ ſie waͤren Engelen/ und keine Menſchen/ wann ſie nicht bißweilen durch boͤſe Gedancken verſucht wuͤrden. Nicht umbſonſt hat Chriſtus ſeine Apoſteln und deren Nachkoͤmlin- ge mit dieſen Worten erinnert/ daß ſie in den Verſuchungen tapffer ſtreiten ſolten: Jhr ſollet nicht vermeinen/ daß ich kommen bin/ Friede zu ſenden auff Erden: ich bin nicht kommen Friede zu ſenden/ ſondern das Schwert. So wird dann von dem je- nigen erfordert/ ſo dem Dienſt GOttes ſich ergibt/ daß er das Schwerd/ nemblich die Staͤrcke ergreiffe/ durch welche er gegen die unfehlbar ankom- mende Verſuchungen ſich verthaͤtige und beſchuͤtze. Matt. 10. v. 34. 6. Das andere/ ſo ein geiſtlicher Neuling wiſſen ſoll/ iſt; daß er ſicher glaube; das GOtt den Seinigen ſehr treu ſeye/ und nicht zulaſſe/ daß der- ſelben einer uͤber ſein Vermoͤgen verſuchet werde. Dann ſagt der heilige Ephrem/ wann die Menſchen wiſſen/ wie viel und ſchwehren Laſt ein Thier fuͤr dem andern tragen kan: wann ein Haffner weiß/ wie lange Zeit die von ihm auß Leim gemachte Geſchirr muͤſſen gebrennen werden: wie viel mehr wird der allerweiſeſte GOtt wiſſen/ mit was oder wie viel Verſuchun- gen ſeine Diener und dienerinnen muͤſſen probiret werden. Dahero ſagt der H. Bernardus: Dieſes ſage ich euch vor: daß keiner ohne Ver- ſuchuug auff Erden leben werde: und wann einem vil- leicht ein Creutz wird abgenommen/ ſo ſoll er eines andern in Sicherheit gewaͤrtig ſeyn. Hieruͤber haben wir nun dem Mil- deſten GOtt zu dancken/ daß er uns oͤffters einige Verſuchungen zulaſſe/ damit wir nicht villeicht mit anderen gefaͤhrlicheren uͤberfallen werden: und daß er einige von denſelben ehender befreye; auff daß ſie in anderen/ ſo ihnen nuͤtzlicher ſeynd/ moͤgen geuͤbet werden. Serm. de Patient. Serm. 15. in Pſ. 90. 7. Drit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/338
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/338>, abgerufen am 01.05.2024.