Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680.

Bild:
<< vorherige Seite

Mercks Wienn.
betrübte Begebenheit zu beweinen; Es ist geschehen/
daß der todte Mann zum Haus hinaus ist geschleifft
worden/ das Weib auch bereits den letzten Athem
schöpffte/ und die verlassene Kinder um ein Brod
geschryen/ denen aber nicht lang hernach der Tod-
ten-Graber an Statt deß Beckens aus der Noth
geholffen.

Es ist geschehen/ daß man das kleine Kind hat an-
getroffen an den Brüsten der todten Mutter han-
gen/ allwo das unschuldige Engerl nicht gewust/ daß
es auf solche Weis durch solchen Trunk/ dem Tod
eins Bescheid thue.

Es ist geschehen/ wann man die todte Mutter auf
den Wagen gelegt/ daß das kleine Töchterl mit Ge-
walt sie wolte begleiten/ deßhalben mit ungelöster
Zungen unaufhörlich Mami/ Mami geschrien/
wordurch auch den hartherzigen Siechknechten das
Wasser aus den Augen getrieben worden.

Es ist geschehen/ daß auf der Strassen naher dem
Käiserl. Markt Himberg/ daß man bey einer Geis
hat angetroffen/ ein verlassenes kleines Knäbl/ wel-
ches mit kindlichen Geberden gleichsam diese zottete
Ammel um einen Trunk ersucht/ auf solche Weis/
wie Romulus und Remus in ihrer Kindheit bey ei-
ner Wölffin in die Kost gangen.

Es seynd die verlassene Wäisel in solcher Men-
ge gewest/ daß mans Wagen-Weis zusammen
führte/ und in der Spitlaw gleichsam ein kleine
Kinder-Armee aufrichtete/ die aber meistens den
Freydhof belägert/ und denselben ohne vielen
Streit erobert/ seynd also solche/ die unlängst
von der Mutter kommen/ bald wieder in die Schoß
der allgemeinen Mutter der Erd gerathen.

Zu
H

Mercks Wienn.
betruͤbte Begebenheit zu beweinen; Es iſt geſchehen/
daß der todte Mann zum Haus hinaus iſt geſchleifft
worden/ das Weib auch bereits den letzten Athem
ſchoͤpffte/ und die verlaſſene Kinder um ein Brod
geſchryen/ denen aber nicht lang hernach der Tod-
ten-Graber an Statt deß Beckens aus der Noth
geholffen.

Es iſt geſchehen/ daß man das kleine Kind hat an-
getroffen an den Bruͤſten der todten Mutter han-
gen/ allwo das unſchuldige Engerl nicht gewuſt/ daß
es auf ſolche Weis durch ſolchen Trunk/ dem Tod
eins Beſcheid thue.

Es iſt geſchehen/ wann man die todte Mutter auf
den Wagen gelegt/ daß das kleine Toͤchterl mit Ge-
walt ſie wolte begleiten/ deßhalben mit ungeloͤſter
Zungen unaufhoͤrlich Mami/ Mami geſchrien/
wordurch auch den hartherzigen Siechknechten das
Waſſer aus den Augen getrieben worden.

Es iſt geſchehen/ daß auf der Straſſen naher dem
Kaͤiſerl. Markt Himberg/ daß man bey einer Geis
hat angetroffen/ ein verlaſſenes kleines Knaͤbl/ wel-
ches mit kindlichen Geberden gleichſam dieſe zottete
Ammel um einen Trunk erſucht/ auf ſolche Weis/
wie Romulus und Remus in ihrer Kindheit bey ei-
ner Woͤlffin in die Koſt gangen.

Es ſeynd die verlaſſene Waͤiſel in ſolcher Men-
ge geweſt/ daß mans Wagen-Weis zuſammen
fuͤhrte/ und in der Spitlaw gleichſam ein kleine
Kinder-Armee aufrichtete/ die aber meiſtens den
Freydhof belaͤgert/ und denſelben ohne vielen
Streit erobert/ ſeynd alſo ſolche/ die unlaͤngſt
von der Mutter kommen/ bald wieder in die Schoß
der allgemeinen Mutter der Erd gerathen.

Zu
H
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0121" n="111"/><fw place="top" type="header">Mercks Wienn.</fw><lb/>
betru&#x0364;bte Begebenheit zu beweinen; Es i&#x017F;t ge&#x017F;chehen/<lb/>
daß der todte Mann zum Haus hinaus i&#x017F;t ge&#x017F;chleifft<lb/>
worden/ das Weib auch bereits den letzten Athem<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;pffte/ und die verla&#x017F;&#x017F;ene Kinder um ein Brod<lb/>
ge&#x017F;chryen/ denen aber nicht lang hernach der Tod-<lb/>
ten-Graber an Statt deß Beckens aus der Noth<lb/>
geholffen.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t ge&#x017F;chehen/ daß man das kleine Kind hat an-<lb/>
getroffen an den Bru&#x0364;&#x017F;ten der todten Mutter han-<lb/>
gen/ allwo das un&#x017F;chuldige Engerl nicht gewu&#x017F;t/ daß<lb/>
es auf &#x017F;olche Weis durch &#x017F;olchen Trunk/ dem Tod<lb/>
eins Be&#x017F;cheid thue.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t ge&#x017F;chehen/ wann man die todte Mutter auf<lb/>
den Wagen gelegt/ daß das kleine To&#x0364;chterl mit Ge-<lb/>
walt &#x017F;ie wolte begleiten/ deßhalben mit ungelo&#x0364;&#x017F;ter<lb/>
Zungen unaufho&#x0364;rlich Mami/ Mami ge&#x017F;chrien/<lb/>
wordurch auch den hartherzigen Siechknechten das<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er aus den Augen getrieben worden.</p><lb/>
        <p>Es i&#x017F;t ge&#x017F;chehen/ daß auf der Stra&#x017F;&#x017F;en naher dem<lb/>
Ka&#x0364;i&#x017F;erl. Markt Himberg/ daß man bey einer Geis<lb/>
hat angetroffen/ ein verla&#x017F;&#x017F;enes kleines Kna&#x0364;bl/ wel-<lb/>
ches mit kindlichen Geberden gleich&#x017F;am die&#x017F;e zottete<lb/>
Ammel um einen Trunk er&#x017F;ucht/ auf &#x017F;olche Weis/<lb/>
wie Romulus und Remus in ihrer Kindheit bey ei-<lb/>
ner Wo&#x0364;lffin in die Ko&#x017F;t gangen.</p><lb/>
        <p>Es &#x017F;eynd die verla&#x017F;&#x017F;ene Wa&#x0364;i&#x017F;el in &#x017F;olcher Men-<lb/>
ge gewe&#x017F;t/ daß mans Wagen-Weis zu&#x017F;ammen<lb/>
fu&#x0364;hrte/ und in der Spitlaw gleich&#x017F;am ein kleine<lb/>
Kinder-Armee aufrichtete/ die aber mei&#x017F;tens den<lb/>
Freydhof bela&#x0364;gert/ und den&#x017F;elben ohne vielen<lb/>
Streit erobert/ &#x017F;eynd al&#x017F;o &#x017F;olche/ die unla&#x0364;ng&#x017F;t<lb/>
von der Mutter kommen/ bald wieder in die Schoß<lb/>
der allgemeinen Mutter der Erd gerathen.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">H</fw>
        <fw place="bottom" type="catch">Zu</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[111/0121] Mercks Wienn. betruͤbte Begebenheit zu beweinen; Es iſt geſchehen/ daß der todte Mann zum Haus hinaus iſt geſchleifft worden/ das Weib auch bereits den letzten Athem ſchoͤpffte/ und die verlaſſene Kinder um ein Brod geſchryen/ denen aber nicht lang hernach der Tod- ten-Graber an Statt deß Beckens aus der Noth geholffen. Es iſt geſchehen/ daß man das kleine Kind hat an- getroffen an den Bruͤſten der todten Mutter han- gen/ allwo das unſchuldige Engerl nicht gewuſt/ daß es auf ſolche Weis durch ſolchen Trunk/ dem Tod eins Beſcheid thue. Es iſt geſchehen/ wann man die todte Mutter auf den Wagen gelegt/ daß das kleine Toͤchterl mit Ge- walt ſie wolte begleiten/ deßhalben mit ungeloͤſter Zungen unaufhoͤrlich Mami/ Mami geſchrien/ wordurch auch den hartherzigen Siechknechten das Waſſer aus den Augen getrieben worden. Es iſt geſchehen/ daß auf der Straſſen naher dem Kaͤiſerl. Markt Himberg/ daß man bey einer Geis hat angetroffen/ ein verlaſſenes kleines Knaͤbl/ wel- ches mit kindlichen Geberden gleichſam dieſe zottete Ammel um einen Trunk erſucht/ auf ſolche Weis/ wie Romulus und Remus in ihrer Kindheit bey ei- ner Woͤlffin in die Koſt gangen. Es ſeynd die verlaſſene Waͤiſel in ſolcher Men- ge geweſt/ daß mans Wagen-Weis zuſammen fuͤhrte/ und in der Spitlaw gleichſam ein kleine Kinder-Armee aufrichtete/ die aber meiſtens den Freydhof belaͤgert/ und denſelben ohne vielen Streit erobert/ ſeynd alſo ſolche/ die unlaͤngſt von der Mutter kommen/ bald wieder in die Schoß der allgemeinen Mutter der Erd gerathen. Zu H

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/121
Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Mercks Wienn/ Das ist : Deß wütenden Todts Ein umständige Beschreibung. Wien, 1680, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_mercks_1680/121>, abgerufen am 04.05.2024.