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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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(I. Th.) Anatomisch-Medicinische
ist angenommen worden; da die zwey mächtig-
sten Hindernisse, im Gemüth die Superklugheit,
der stärckste Riegel, und in Leib und Seele die
Fleischeslust, die stärckste Paßion) im Wege stun-
den. Was meinen sie nun, wie mögen diese
arme Menschen durch diese überhand genom-
mene Laster von Jugend auf zugerichtet gewesen
seyn, ehe sie die christliche Religion angenommen
haben? Wie mags um die Kinderzucht ausge-
sehen haben: da dergleichen Art Laster allbe-
reit ihre Namen und Schande verloren hatten,
und für halbe Tugenden paßireten? Wie ver-
bittert müssen die Heiden nicht gewesen seyn, da
ihnen die Christen ihre hochgespannte Philoso-
phie so verachteten, und ihre per principia aus-
disputirten Galanterien und Politiquen für un-
flätige Schandthaten und betrügliche Räncke
anrechneten? Wie erpicht müssen sie nicht ge-
wesen seyn, dergleichen GOtt und JEsum su-
chende Gemüther zu verführen, und in Sünde
und Schande zu stürtzen, damit sie was zu ver-
höhnen, Christi und seines Evangelii zu spotten,
und nach ihrer Art zu prahlen Gelegenheit hät-
ten! Zu dem allen kamen manche redliche See-
len von selbst und ungefragt darauf, es sey nach
Beschaffenheit der damaligen grossen Trübsalen
und Gefährlichkeiten nicht nur bequemer, ledig
zu bleiben (denn allein läßt sichs ja wol leichter
mit dem Bettelstab aus Stadt und Land gehen,
als mit Weib und Kindern); sondern es gebe
auch einen Vortheil im Christenthum, in der
Heiligung, im Dienste GOttes und der Ge-

mei-

(I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche
iſt angenommen worden; da die zwey maͤchtig-
ſten Hinderniſſe, im Gemuͤth die Superklugheit,
der ſtaͤrckſte Riegel, und in Leib und Seele die
Fleiſchesluſt, die ſtaͤrckſte Paßion) im Wege ſtun-
den. Was meinen ſie nun, wie moͤgen dieſe
arme Menſchen durch dieſe uͤberhand genom-
mene Laſter von Jugend auf zugerichtet geweſen
ſeyn, ehe ſie die chriſtliche Religion angenommen
haben? Wie mags um die Kinderzucht ausge-
ſehen haben: da dergleichen Art Laſter allbe-
reit ihre Namen und Schande verloren hatten,
und fuͤr halbe Tugenden paßireten? Wie ver-
bittert muͤſſen die Heiden nicht geweſen ſeyn, da
ihnen die Chriſten ihre hochgeſpannte Philoſo-
phie ſo verachteten, und ihre per principia aus-
diſputirten Galanterien und Politiquen fuͤr un-
flaͤtige Schandthaten und betruͤgliche Raͤncke
anrechneten? Wie erpicht muͤſſen ſie nicht ge-
weſen ſeyn, dergleichen GOtt und JEſum ſu-
chende Gemuͤther zu verfuͤhren, und in Suͤnde
und Schande zu ſtuͤrtzen, damit ſie was zu ver-
hoͤhnen, Chriſti und ſeines Evangelii zu ſpotten,
und nach ihrer Art zu prahlen Gelegenheit haͤt-
ten! Zu dem allen kamen manche redliche See-
len von ſelbſt und ungefragt darauf, es ſey nach
Beſchaffenheit der damaligen groſſen Truͤbſalen
und Gefaͤhrlichkeiten nicht nur bequemer, ledig
zu bleiben (denn allein laͤßt ſichs ja wol leichter
mit dem Bettelſtab aus Stadt und Land gehen,
als mit Weib und Kindern); ſondern es gebe
auch einen Vortheil im Chriſtenthum, in der
Heiligung, im Dienſte GOttes und der Ge-

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[120/0140] (I. Th.) Anatomiſch-Mediciniſche iſt angenommen worden; da die zwey maͤchtig- ſten Hinderniſſe, im Gemuͤth die Superklugheit, der ſtaͤrckſte Riegel, und in Leib und Seele die Fleiſchesluſt, die ſtaͤrckſte Paßion) im Wege ſtun- den. Was meinen ſie nun, wie moͤgen dieſe arme Menſchen durch dieſe uͤberhand genom- mene Laſter von Jugend auf zugerichtet geweſen ſeyn, ehe ſie die chriſtliche Religion angenommen haben? Wie mags um die Kinderzucht ausge- ſehen haben: da dergleichen Art Laſter allbe- reit ihre Namen und Schande verloren hatten, und fuͤr halbe Tugenden paßireten? Wie ver- bittert muͤſſen die Heiden nicht geweſen ſeyn, da ihnen die Chriſten ihre hochgeſpannte Philoſo- phie ſo verachteten, und ihre per principia aus- diſputirten Galanterien und Politiquen fuͤr un- flaͤtige Schandthaten und betruͤgliche Raͤncke anrechneten? Wie erpicht muͤſſen ſie nicht ge- weſen ſeyn, dergleichen GOtt und JEſum ſu- chende Gemuͤther zu verfuͤhren, und in Suͤnde und Schande zu ſtuͤrtzen, damit ſie was zu ver- hoͤhnen, Chriſti und ſeines Evangelii zu ſpotten, und nach ihrer Art zu prahlen Gelegenheit haͤt- ten! Zu dem allen kamen manche redliche See- len von ſelbſt und ungefragt darauf, es ſey nach Beſchaffenheit der damaligen groſſen Truͤbſalen und Gefaͤhrlichkeiten nicht nur bequemer, ledig zu bleiben (denn allein laͤßt ſichs ja wol leichter mit dem Bettelſtab aus Stadt und Land gehen, als mit Weib und Kindern); ſondern es gebe auch einen Vortheil im Chriſtenthum, in der Heiligung, im Dienſte GOttes und der Ge- mei-

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/140>, abgerufen am 28.04.2024.