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Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740.

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Quellen der Unreinigkeit.
chem Eifer, daß eines das andere zubereite und
als eine reine Jungfrau dem einigen Mann Chri-
sto darstelle, 2 Cor. 11, 2. Es stehet ja keinem
Christen wohl an, dem Teufel in sein Handwerck
zu greiffen, und dem Nächsten auf einige Weise
eine Lotterfalle zuzurichten, oder ihn mit fleischli-
cher Lust zu reitzen, seine Seele zu fahen, und den
teufelischen Samen der Unkeuschheit zur Schän-
dung des Bildes GOttes in ihm zu säen und her-
vor zubringen.

Jch gestehe, daß an den Orten, da es Landüb-
lich und dergleichen Entblössungen von Kindheit
auf angewöhnet sind, manch keusches Hertz ohne
ärgerliche Absicht von einer solchen eingerissenen
Gewohnheit als von einem Waldwasser mit hin-
gerissen werden kann; also, daß es manche ohne
Lust und überlegte Sünde so hin mitmachen, und
es auch kaum für Sünde achten werden: Allein
stehets denn bey ihnen, alle böse und ihnen selbst
unbewuste Folgen und Aergernisse zu verhüten, die
sie gleichwol damit veranlassen? Dis mag ja wol
unter die unerkannten und unbekannten Sünden
gezehlet werden; und ist freylich eine Anzeigung
des äussersten Verfalls des Christenthums, daß
man solche Dinge nicht mehr für Sünde achtet,
dergleichen die ersten Christen bis auf den Tod ver-
abscheueten. Wann Tertullianus die Sitten der
barbarischen Völcker, so am schwartzen Meer woh-
neten, beschreiben will, so sagt er unter andern:
die Weiber desselben Landes haben keine
Schamhaftigkeit, und lassen sich mit blossen
Brüsten sehen.
Woraus ja wol zu schliessen ist,
wie wenig dergleichen Entblössung unter den er-
sten Christen wäre geduldet worden. GOtt hat
alle Verführung bey hoher und feierlicher Lebens-

straf-

Quellen der Unreinigkeit.
chem Eifer, daß eines das andere zubereite und
als eine reine Jungfrau dem einigen Mann Chri-
ſto darſtelle, 2 Cor. 11, 2. Es ſtehet ja keinem
Chriſten wohl an, dem Teufel in ſein Handwerck
zu greiffen, und dem Naͤchſten auf einige Weiſe
eine Lotterfalle zuzurichten, oder ihn mit fleiſchli-
cher Luſt zu reitzen, ſeine Seele zu fahen, und den
teufeliſchen Samen der Unkeuſchheit zur Schaͤn-
dung des Bildes GOttes in ihm zu ſaͤen und her-
vor zubringen.

Jch geſtehe, daß an den Orten, da es Landuͤb-
lich und dergleichen Entbloͤſſungen von Kindheit
auf angewoͤhnet ſind, manch keuſches Hertz ohne
aͤrgerliche Abſicht von einer ſolchen eingeriſſenen
Gewohnheit als von einem Waldwaſſer mit hin-
geriſſen werden kann; alſo, daß es manche ohne
Luſt und uͤberlegte Suͤnde ſo hin mitmachen, und
es auch kaum fuͤr Suͤnde achten werden: Allein
ſtehets denn bey ihnen, alle boͤſe und ihnen ſelbſt
unbewuſte Folgen und Aergerniſſe zu verhuͤten, die
ſie gleichwol damit veranlaſſen? Dis mag ja wol
unter die unerkannten und unbekannten Suͤnden
gezehlet werden; und iſt freylich eine Anzeigung
des aͤuſſerſten Verfalls des Chriſtenthums, daß
man ſolche Dinge nicht mehr fuͤr Suͤnde achtet,
dergleichen die erſten Chriſten bis auf den Tod ver-
abſcheueten. Wann Tertullianus die Sitten der
barbariſchen Voͤlcker, ſo am ſchwartzen Meer woh-
neten, beſchreiben will, ſo ſagt er unter andern:
die Weiber deſſelben Landes haben keine
Schamhaftigkeit, und laſſen ſich mit bloſſen
Bruͤſten ſehen.
Woraus ja wol zu ſchlieſſen iſt,
wie wenig dergleichen Entbloͤſſung unter den er-
ſten Chriſten waͤre geduldet worden. GOtt hat
alle Verfuͤhrung bey hoher und feierlicher Lebens-

ſtraf-
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[571/0591] Quellen der Unreinigkeit. chem Eifer, daß eines das andere zubereite und als eine reine Jungfrau dem einigen Mann Chri- ſto darſtelle, 2 Cor. 11, 2. Es ſtehet ja keinem Chriſten wohl an, dem Teufel in ſein Handwerck zu greiffen, und dem Naͤchſten auf einige Weiſe eine Lotterfalle zuzurichten, oder ihn mit fleiſchli- cher Luſt zu reitzen, ſeine Seele zu fahen, und den teufeliſchen Samen der Unkeuſchheit zur Schaͤn- dung des Bildes GOttes in ihm zu ſaͤen und her- vor zubringen. Jch geſtehe, daß an den Orten, da es Landuͤb- lich und dergleichen Entbloͤſſungen von Kindheit auf angewoͤhnet ſind, manch keuſches Hertz ohne aͤrgerliche Abſicht von einer ſolchen eingeriſſenen Gewohnheit als von einem Waldwaſſer mit hin- geriſſen werden kann; alſo, daß es manche ohne Luſt und uͤberlegte Suͤnde ſo hin mitmachen, und es auch kaum fuͤr Suͤnde achten werden: Allein ſtehets denn bey ihnen, alle boͤſe und ihnen ſelbſt unbewuſte Folgen und Aergerniſſe zu verhuͤten, die ſie gleichwol damit veranlaſſen? Dis mag ja wol unter die unerkannten und unbekannten Suͤnden gezehlet werden; und iſt freylich eine Anzeigung des aͤuſſerſten Verfalls des Chriſtenthums, daß man ſolche Dinge nicht mehr fuͤr Suͤnde achtet, dergleichen die erſten Chriſten bis auf den Tod ver- abſcheueten. Wann Tertullianus die Sitten der barbariſchen Voͤlcker, ſo am ſchwartzen Meer woh- neten, beſchreiben will, ſo ſagt er unter andern: die Weiber deſſelben Landes haben keine Schamhaftigkeit, und laſſen ſich mit bloſſen Bruͤſten ſehen. Woraus ja wol zu ſchlieſſen iſt, wie wenig dergleichen Entbloͤſſung unter den er- ſten Chriſten waͤre geduldet worden. GOtt hat alle Verfuͤhrung bey hoher und feierlicher Lebens- ſtraf-

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Zitationshilfe: Sarganeck, Georg: Ueberzeugende und bewegliche Warnung vor allen Sünden der Unreinigkeit und Heimlichen Unzucht. Züllichau, 1740, S. 571. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sarganeck_unzucht_1740/591>, abgerufen am 13.05.2024.