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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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§. 47. Aussprüche des Römischen Rechts.
risten von den Kaisern verliehen worden ist" (o). -- In
dieser Verordnung liegen zwey ganz verschiedene Sätze:
erstlich die verbindliche Kraft der Kaiserlichen Auslegung, in
welcher Form sie auch geschehe; zweytens das Verbot jeder
Privatauslegung. Dieses letzte ist nun eigentlich das Neue
und Wichtige; aber auch das erste bedarf noch einiger
Erläuterung. In dieser Hinsicht will hier Justinian au-
genscheinlich nichts Neues vorschreiben, sondern nur das
einschärfen und gegen nichtige Zweifel sichern, was sich
eigentlich ohnehin von selbst verstehe. Darum bestimmt
er hier auch Nichts über die Art der Wirksamkeit dieser
Kaiserlichen Auslegungen, sondern er läßt es hierin ganz bey
der bisherigen Verfassung. Also die Auslegung in einem
Edict sollte bindend seyn für Alle, so wie jedes Gesetz:
die in einem Decret, wenn es ein Endurtheil war, gleich-
falls für Alle, also auch für künftige andere Fälle, wie
es das Principium dieser Stelle festsetzt: die in einem
Interlocut nur für diesen einzelnen Fall: endlich die in
einem Rescript (welches ja nie publicirt wurde) gleich-
falls nur für den einzelnen vorliegenden Fall. Es ist also
durchaus unrichtig, wenn manche annehmen, die interpre-
tirenden Rescripte sollten nach dieser Verordnung auch für
künftige andere Fälle Gesetzeskraft haben (§ 24), so wie

(o) Das heißt: "die in den
Schriften von Papinian u. s. w.
enthaltenen Auslegungen sollen
noch ferner diejenige gesetzliche
Kraft haben, die ihnen die Ver-
ordnung von Valentinian III. bey-
legt." Diese Verordnung näm-
lich wurde erst vier Jahre später,
durch die Promulgation der Di-
gesten, außer Kraft gesetzt.

§. 47. Ausſprüche des Römiſchen Rechts.
riſten von den Kaiſern verliehen worden iſt“ (o). — In
dieſer Verordnung liegen zwey ganz verſchiedene Sätze:
erſtlich die verbindliche Kraft der Kaiſerlichen Auslegung, in
welcher Form ſie auch geſchehe; zweytens das Verbot jeder
Privatauslegung. Dieſes letzte iſt nun eigentlich das Neue
und Wichtige; aber auch das erſte bedarf noch einiger
Erläuterung. In dieſer Hinſicht will hier Juſtinian au-
genſcheinlich nichts Neues vorſchreiben, ſondern nur das
einſchärfen und gegen nichtige Zweifel ſichern, was ſich
eigentlich ohnehin von ſelbſt verſtehe. Darum beſtimmt
er hier auch Nichts über die Art der Wirkſamkeit dieſer
Kaiſerlichen Auslegungen, ſondern er läßt es hierin ganz bey
der bisherigen Verfaſſung. Alſo die Auslegung in einem
Edict ſollte bindend ſeyn für Alle, ſo wie jedes Geſetz:
die in einem Decret, wenn es ein Endurtheil war, gleich-
falls für Alle, alſo auch für künftige andere Fälle, wie
es das Principium dieſer Stelle feſtſetzt: die in einem
Interlocut nur für dieſen einzelnen Fall: endlich die in
einem Reſcript (welches ja nie publicirt wurde) gleich-
falls nur für den einzelnen vorliegenden Fall. Es iſt alſo
durchaus unrichtig, wenn manche annehmen, die interpre-
tirenden Reſcripte ſollten nach dieſer Verordnung auch für
künftige andere Fälle Geſetzeskraft haben (§ 24), ſo wie

(o) Das heißt: „die in den
Schriften von Papinian u. ſ. w.
enthaltenen Auslegungen ſollen
noch ferner diejenige geſetzliche
Kraft haben, die ihnen die Ver-
ordnung von Valentinian III. bey-
legt.“ Dieſe Verordnung näm-
lich wurde erſt vier Jahre ſpäter,
durch die Promulgation der Di-
geſten, außer Kraft geſetzt.
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[303/0359] §. 47. Ausſprüche des Römiſchen Rechts. riſten von den Kaiſern verliehen worden iſt“ (o). — In dieſer Verordnung liegen zwey ganz verſchiedene Sätze: erſtlich die verbindliche Kraft der Kaiſerlichen Auslegung, in welcher Form ſie auch geſchehe; zweytens das Verbot jeder Privatauslegung. Dieſes letzte iſt nun eigentlich das Neue und Wichtige; aber auch das erſte bedarf noch einiger Erläuterung. In dieſer Hinſicht will hier Juſtinian au- genſcheinlich nichts Neues vorſchreiben, ſondern nur das einſchärfen und gegen nichtige Zweifel ſichern, was ſich eigentlich ohnehin von ſelbſt verſtehe. Darum beſtimmt er hier auch Nichts über die Art der Wirkſamkeit dieſer Kaiſerlichen Auslegungen, ſondern er läßt es hierin ganz bey der bisherigen Verfaſſung. Alſo die Auslegung in einem Edict ſollte bindend ſeyn für Alle, ſo wie jedes Geſetz: die in einem Decret, wenn es ein Endurtheil war, gleich- falls für Alle, alſo auch für künftige andere Fälle, wie es das Principium dieſer Stelle feſtſetzt: die in einem Interlocut nur für dieſen einzelnen Fall: endlich die in einem Reſcript (welches ja nie publicirt wurde) gleich- falls nur für den einzelnen vorliegenden Fall. Es iſt alſo durchaus unrichtig, wenn manche annehmen, die interpre- tirenden Reſcripte ſollten nach dieſer Verordnung auch für künftige andere Fälle Geſetzeskraft haben (§ 24), ſo wie (o) Das heißt: „die in den Schriften von Papinian u. ſ. w. enthaltenen Auslegungen ſollen noch ferner diejenige geſetzliche Kraft haben, die ihnen die Ver- ordnung von Valentinian III. bey- legt.“ Dieſe Verordnung näm- lich wurde erſt vier Jahre ſpäter, durch die Promulgation der Di- geſten, außer Kraft geſetzt.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 303. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/359>, abgerufen am 29.04.2024.