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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. I. Wesen und Arten.
verhältnisse als eigene, neue Rechte aufgefaßt, sie mit den
ursprünglichen Rechtsverhältnissen auf Eine Linie gestellt,
und nun die Stelle aufgesucht, die ihnen im System aller
Rechte anzuweisen wäre (a). Ein solches Verfahren konnte
nur zur Verwirrung der Begriffe führen.

Wenngleich nun die Prüfung der einzelnen Versuche
zur systematischen Anordnung der Rechtsverhältnisse hier
im Allgemeinen abgelehnt wird, so muß dieses doch eine
Ausnahme leiden bey derjenigen Anordnung, die wir in
Justinians Institutionen finden. Denn diese ist seit Jahr-
hunderten von so vielen Lehrern und Schriftstellern (we-
nigstens der Absicht und dem Namen nach) befolgt wor-
den, daß sie das historische Gewicht einer großen Autori-
tät mit sich führt, und daß es nöthig ist, die Verschieden-
heit der von mir vorgezogenen Anordnung zu rechtferti-
gen, wenigstens zu erklären (b). Was wir bis auf die
neueste Zeit als die Justinianische Anordnung kannten, das
kennen wir jetzt genauer als die des Gajus, welche Ju-
stinian durchaus beybehalten hat, soweit nicht eine Abän-
derung durch die in dem Rechte selbst eingetretenen Ände-

(a) So war die Rede von dem
Recht des Menschen, seinen Wil-
len zu erklären, eine Ehe oder
einen obligatorischen Vertrag zu
schließen, Eigenthum zu erwer-
ben, eine Klage anzustellen, Re-
stitution zu begehren u. s. w.
(b) Mit besonderer Vorliebe
und Gründlichkeit hat diesen Ge-
genstand Hugo in folgenden
Schriften behandelt: Civ. Maga-
zin B. 4. Num. I. und IX. (1812).
B. 5. Num. XV. (1825). B. 6.
Num. XV. (1832). Encyclopädie
8te Ausg. S. 60--65 (1835). --
Außer ihm ist von neueren Schrift-
stellern besonders zu bemerken
Düroi Archiv für cipilist. Praxis
B. 6. S. 432--440.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten.
verhältniſſe als eigene, neue Rechte aufgefaßt, ſie mit den
urſprünglichen Rechtsverhältniſſen auf Eine Linie geſtellt,
und nun die Stelle aufgeſucht, die ihnen im Syſtem aller
Rechte anzuweiſen wäre (a). Ein ſolches Verfahren konnte
nur zur Verwirrung der Begriffe führen.

Wenngleich nun die Prüfung der einzelnen Verſuche
zur ſyſtematiſchen Anordnung der Rechtsverhältniſſe hier
im Allgemeinen abgelehnt wird, ſo muß dieſes doch eine
Ausnahme leiden bey derjenigen Anordnung, die wir in
Juſtinians Inſtitutionen finden. Denn dieſe iſt ſeit Jahr-
hunderten von ſo vielen Lehrern und Schriftſtellern (we-
nigſtens der Abſicht und dem Namen nach) befolgt wor-
den, daß ſie das hiſtoriſche Gewicht einer großen Autori-
tät mit ſich führt, und daß es nöthig iſt, die Verſchieden-
heit der von mir vorgezogenen Anordnung zu rechtferti-
gen, wenigſtens zu erklären (b). Was wir bis auf die
neueſte Zeit als die Juſtinianiſche Anordnung kannten, das
kennen wir jetzt genauer als die des Gajus, welche Ju-
ſtinian durchaus beybehalten hat, ſoweit nicht eine Abän-
derung durch die in dem Rechte ſelbſt eingetretenen Ände-

(a) So war die Rede von dem
Recht des Menſchen, ſeinen Wil-
len zu erklären, eine Ehe oder
einen obligatoriſchen Vertrag zu
ſchließen, Eigenthum zu erwer-
ben, eine Klage anzuſtellen, Re-
ſtitution zu begehren u. ſ. w.
(b) Mit beſonderer Vorliebe
und Gründlichkeit hat dieſen Ge-
genſtand Hugo in folgenden
Schriften behandelt: Civ. Maga-
zin B. 4. Num. I. und IX. (1812).
B. 5. Num. XV. (1825). B. 6.
Num. XV. (1832). Encyclopädie
8te Ausg. S. 60—65 (1835). —
Außer ihm iſt von neueren Schrift-
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Düroi Archiv für cipiliſt. Praxis
B. 6. S. 432—440.
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[394/0450] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. I. Weſen und Arten. verhältniſſe als eigene, neue Rechte aufgefaßt, ſie mit den urſprünglichen Rechtsverhältniſſen auf Eine Linie geſtellt, und nun die Stelle aufgeſucht, die ihnen im Syſtem aller Rechte anzuweiſen wäre (a). Ein ſolches Verfahren konnte nur zur Verwirrung der Begriffe führen. Wenngleich nun die Prüfung der einzelnen Verſuche zur ſyſtematiſchen Anordnung der Rechtsverhältniſſe hier im Allgemeinen abgelehnt wird, ſo muß dieſes doch eine Ausnahme leiden bey derjenigen Anordnung, die wir in Juſtinians Inſtitutionen finden. Denn dieſe iſt ſeit Jahr- hunderten von ſo vielen Lehrern und Schriftſtellern (we- nigſtens der Abſicht und dem Namen nach) befolgt wor- den, daß ſie das hiſtoriſche Gewicht einer großen Autori- tät mit ſich führt, und daß es nöthig iſt, die Verſchieden- heit der von mir vorgezogenen Anordnung zu rechtferti- gen, wenigſtens zu erklären (b). Was wir bis auf die neueſte Zeit als die Juſtinianiſche Anordnung kannten, das kennen wir jetzt genauer als die des Gajus, welche Ju- ſtinian durchaus beybehalten hat, ſoweit nicht eine Abän- derung durch die in dem Rechte ſelbſt eingetretenen Ände- (a) So war die Rede von dem Recht des Menſchen, ſeinen Wil- len zu erklären, eine Ehe oder einen obligatoriſchen Vertrag zu ſchließen, Eigenthum zu erwer- ben, eine Klage anzuſtellen, Re- ſtitution zu begehren u. ſ. w. (b) Mit beſonderer Vorliebe und Gründlichkeit hat dieſen Ge- genſtand Hugo in folgenden Schriften behandelt: Civ. Maga- zin B. 4. Num. I. und IX. (1812). B. 5. Num. XV. (1825). B. 6. Num. XV. (1832). Encyclopädie 8te Ausg. S. 60—65 (1835). — Außer ihm iſt von neueren Schrift- ſtellern beſonders zu bemerken Düroi Archiv für cipiliſt. Praxis B. 6. S. 432—440.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/450>, abgerufen am 06.05.2024.