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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. II. Personen.
Zeugen abgehört werden (welches bey Sklaven stets auf
der Folter geschah). War nun der Bürger einer Stadt-
gemeinde in Criminaluntersuchung, so durften die der Stadt
zugehörenden Sklaven gegen ihn als Zeugen gebraucht wer-
den, weil er an diesen nicht den geringsten Antheil hatte (d).

Bezog sich das Eigenthum auf Sklaven, so konnten
diese, wie alle andere Sklaven, freygelassen werden, und
die juristische Person erwarb dadurch volles Patronats-
recht, namentlich auch das patronatische Erbrecht. Diese
Sätze sind für die Zeit der ausgebildeten Rechtswissenschaft
unzweifelhaft, und zwar in Anwendung sowohl auf Stadt-
gemeinden, als auf alle andere Arten juristischer Personen (e).
Die Geschichte derselben ist weniger klar. Aus der Zeit
von Trajan wird eine Lex vectibulici angeführt, welche
den Italischen Städten die Freylassung ihrer Sklaven ge-
stattet haben soll: ein Senatusconsult unter Hadrian dehnte
dieselbe auf die Provinzialstädte aus (f). Marc Aurel ge-
stattete endlich auch den Collegien die Freylassung ihrer
Sklaven und die Erwerbung des Patronats (g). Nach
diesen Angaben könnte man glauben, vor Trajan hätten
juristische Personen gar nicht manumittiren können. Allein
schon Varro erwähnt Freygelassene des Römischen Staats,
der Municipien, der Societates, und der fana, als etwas

(d) L. 1 § 7 de quaest. (48. 18.)
(s. o. § 87. c).
(e) L. 1. 2. 3 de manumission.
quae servis
(40. 3.), L. un. de
libertis univ
. (38. 3.), L. 10 § 4
de in j. voc. (2. 4.), L. 25 § 2
de adquir. vel om. her. (29. 2.).
(f) L. 3 C. de servis reipub.
(7. 9.). -- Bach Trajanus p. 152,
Bach hist. juris p. 380 ed. 6.
(g) L. 1. 2 de manumission.
quae servis
(40. 3.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen.
Zeugen abgehört werden (welches bey Sklaven ſtets auf
der Folter geſchah). War nun der Bürger einer Stadt-
gemeinde in Criminalunterſuchung, ſo durften die der Stadt
zugehörenden Sklaven gegen ihn als Zeugen gebraucht wer-
den, weil er an dieſen nicht den geringſten Antheil hatte (d).

Bezog ſich das Eigenthum auf Sklaven, ſo konnten
dieſe, wie alle andere Sklaven, freygelaſſen werden, und
die juriſtiſche Perſon erwarb dadurch volles Patronats-
recht, namentlich auch das patronatiſche Erbrecht. Dieſe
Sätze ſind für die Zeit der ausgebildeten Rechtswiſſenſchaft
unzweifelhaft, und zwar in Anwendung ſowohl auf Stadt-
gemeinden, als auf alle andere Arten juriſtiſcher Perſonen (e).
Die Geſchichte derſelben iſt weniger klar. Aus der Zeit
von Trajan wird eine Lex vectibulici angeführt, welche
den Italiſchen Städten die Freylaſſung ihrer Sklaven ge-
ſtattet haben ſoll: ein Senatusconſult unter Hadrian dehnte
dieſelbe auf die Provinzialſtädte aus (f). Marc Aurel ge-
ſtattete endlich auch den Collegien die Freylaſſung ihrer
Sklaven und die Erwerbung des Patronats (g). Nach
dieſen Angaben könnte man glauben, vor Trajan hätten
juriſtiſche Perſonen gar nicht manumittiren können. Allein
ſchon Varro erwähnt Freygelaſſene des Römiſchen Staats,
der Municipien, der Societates, und der fana, als etwas

(d) L. 1 § 7 de quaest. (48. 18.)
(ſ. o. § 87. c).
(e) L. 1. 2. 3 de manumission.
quae servis
(40. 3.), L. un. de
libertis univ
. (38. 3.), L. 10 § 4
de in j. voc. (2. 4.), L. 25 § 2
de adquir. vel om. her. (29. 2.).
(f) L. 3 C. de servis reipub.
(7. 9.). — Bach Trajanus p. 152,
Bach hist. juris p. 380 ed. 6.
(g) L. 1. 2 de manumission.
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(40. 3.).
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[286/0300] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. II. Perſonen. Zeugen abgehört werden (welches bey Sklaven ſtets auf der Folter geſchah). War nun der Bürger einer Stadt- gemeinde in Criminalunterſuchung, ſo durften die der Stadt zugehörenden Sklaven gegen ihn als Zeugen gebraucht wer- den, weil er an dieſen nicht den geringſten Antheil hatte (d). Bezog ſich das Eigenthum auf Sklaven, ſo konnten dieſe, wie alle andere Sklaven, freygelaſſen werden, und die juriſtiſche Perſon erwarb dadurch volles Patronats- recht, namentlich auch das patronatiſche Erbrecht. Dieſe Sätze ſind für die Zeit der ausgebildeten Rechtswiſſenſchaft unzweifelhaft, und zwar in Anwendung ſowohl auf Stadt- gemeinden, als auf alle andere Arten juriſtiſcher Perſonen (e). Die Geſchichte derſelben iſt weniger klar. Aus der Zeit von Trajan wird eine Lex vectibulici angeführt, welche den Italiſchen Städten die Freylaſſung ihrer Sklaven ge- ſtattet haben ſoll: ein Senatusconſult unter Hadrian dehnte dieſelbe auf die Provinzialſtädte aus (f). Marc Aurel ge- ſtattete endlich auch den Collegien die Freylaſſung ihrer Sklaven und die Erwerbung des Patronats (g). Nach dieſen Angaben könnte man glauben, vor Trajan hätten juriſtiſche Perſonen gar nicht manumittiren können. Allein ſchon Varro erwähnt Freygelaſſene des Römiſchen Staats, der Municipien, der Societates, und der fana, als etwas (d) L. 1 § 7 de quaest. (48. 18.) (ſ. o. § 87. c). (e) L. 1. 2. 3 de manumission. quae servis (40. 3.), L. un. de libertis univ. (38. 3.), L. 10 § 4 de in j. voc. (2. 4.), L. 25 § 2 de adquir. vel om. her. (29. 2.). (f) L. 3 C. de servis reipub. (7. 9.). — Bach Trajanus p. 152, Bach hist. juris p. 380 ed. 6. (g) L. 1. 2 de manumission. quae servis (40. 3.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/300>, abgerufen am 06.05.2024.