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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Status und Capitis deminutio.
ventio bewirkt wird. Da nun Cicero in jenem Satz nicht
zwischen abhängigen und unabhängigen Frauen unterschei-
det, so scheint es, beide konnten auf gleiche Weise diese
Fähigkeit zum Testiren erwerben, woraus denn weiter fol-
gen würde (was für unsre Frage wichtig wäre), daß die
in manum conventio bey beiden Arten der Frauen den
Namen einer capitis deminutio geführt hätte. Allein die-
ser scheinbare Beweis verschwindet durch die Vergleichung
mit Gajus I. § 115a, welcher weit genauer als Cicero
von dieser Frage handelt. Er belehrt uns dahin, daß
nicht die coemtio allein hinreichte, um das Testament
möglich zu machen, sondern daß auch noch eine Reman-
cipation und Manumission hinzukommen mußte. In die-
ser mancipii causa nun lag unstreitig, und nach allen
Meynungen, eine capitis deminutio, so daß dadurch die
angeführte Stelle des Cicero für unsre specielle Frage alle
entscheidende Kraft verliert.

Gajus führt zweymal die coemtio als Beyspiel einer
capitis deminutio an (I. § 162 und IV. § 38), aber in
beiden Stellen nur neben anderen Beyspielen, und so un-
bestimmt, daß daraus nicht zu sehen ist, ob er dabey nur
an unabhängige, oder auch an abhängige Frauen denkt.

Auf ähnlich unbestimmte Weise giebt Ulpian XI. § 13
die coemtio als Beyspiel der minima c. d. an. Da Die-
ses indessen auf Veranlassung der Rechtsregel geschieht,
nach welcher die gesetzliche Tutel durch jede c. d. zerstört
wird, unter der Tutel aber nur unabhängige Frauen ste-

Status und Capitis deminutio.
ventio bewirkt wird. Da nun Cicero in jenem Satz nicht
zwiſchen abhängigen und unabhängigen Frauen unterſchei-
det, ſo ſcheint es, beide konnten auf gleiche Weiſe dieſe
Fähigkeit zum Teſtiren erwerben, woraus denn weiter fol-
gen würde (was für unſre Frage wichtig wäre), daß die
in manum conventio bey beiden Arten der Frauen den
Namen einer capitis deminutio geführt hätte. Allein die-
ſer ſcheinbare Beweis verſchwindet durch die Vergleichung
mit Gajus I. § 115a, welcher weit genauer als Cicero
von dieſer Frage handelt. Er belehrt uns dahin, daß
nicht die coëmtio allein hinreichte, um das Teſtament
möglich zu machen, ſondern daß auch noch eine Reman-
cipation und Manumiſſion hinzukommen mußte. In die-
ſer mancipii causa nun lag unſtreitig, und nach allen
Meynungen, eine capitis deminutio, ſo daß dadurch die
angeführte Stelle des Cicero für unſre ſpecielle Frage alle
entſcheidende Kraft verliert.

Gajus führt zweymal die coëmtio als Beyſpiel einer
capitis deminutio an (I. § 162 und IV. § 38), aber in
beiden Stellen nur neben anderen Beyſpielen, und ſo un-
beſtimmt, daß daraus nicht zu ſehen iſt, ob er dabey nur
an unabhängige, oder auch an abhängige Frauen denkt.

Auf ähnlich unbeſtimmte Weiſe giebt Ulpian XI. § 13
die coëmtio als Beyſpiel der minima c. d. an. Da Die-
ſes indeſſen auf Veranlaſſung der Rechtsregel geſchieht,
nach welcher die geſetzliche Tutel durch jede c. d. zerſtört
wird, unter der Tutel aber nur unabhängige Frauen ſte-

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[501/0515] Status und Capitis deminutio. ventio bewirkt wird. Da nun Cicero in jenem Satz nicht zwiſchen abhängigen und unabhängigen Frauen unterſchei- det, ſo ſcheint es, beide konnten auf gleiche Weiſe dieſe Fähigkeit zum Teſtiren erwerben, woraus denn weiter fol- gen würde (was für unſre Frage wichtig wäre), daß die in manum conventio bey beiden Arten der Frauen den Namen einer capitis deminutio geführt hätte. Allein die- ſer ſcheinbare Beweis verſchwindet durch die Vergleichung mit Gajus I. § 115a, welcher weit genauer als Cicero von dieſer Frage handelt. Er belehrt uns dahin, daß nicht die coëmtio allein hinreichte, um das Teſtament möglich zu machen, ſondern daß auch noch eine Reman- cipation und Manumiſſion hinzukommen mußte. In die- ſer mancipii causa nun lag unſtreitig, und nach allen Meynungen, eine capitis deminutio, ſo daß dadurch die angeführte Stelle des Cicero für unſre ſpecielle Frage alle entſcheidende Kraft verliert. Gajus führt zweymal die coëmtio als Beyſpiel einer capitis deminutio an (I. § 162 und IV. § 38), aber in beiden Stellen nur neben anderen Beyſpielen, und ſo un- beſtimmt, daß daraus nicht zu ſehen iſt, ob er dabey nur an unabhängige, oder auch an abhängige Frauen denkt. Auf ähnlich unbeſtimmte Weiſe giebt Ulpian XI. § 13 die coëmtio als Beyſpiel der minima c. d. an. Da Die- ſes indeſſen auf Veranlaſſung der Rechtsregel geſchieht, nach welcher die geſetzliche Tutel durch jede c. d. zerſtört wird, unter der Tutel aber nur unabhängige Frauen ſte-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 501. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/515>, abgerufen am 29.05.2024.