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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Infamie.
Trauerns enthält, die auch noch nach Aufhebung der In-
famie als Stück der alten Sitte füglich erwähnt werden
konnten. Der § 13 aber rührt her aus dem räthselhaften
Codex Vesontinus, einer Handschrift des Paulus, die
Cujacius aus der Stadtbibliothek zu Besanzon erhalten
hatte (b), und von welcher er leider nicht sagt, was sie
enthielt, ob blos den Paulus (was wohl sonst nicht leicht
vorkommen wird), oder das ganze Breviarium. Höchst
verdächtig wird die Sache dadurch, daß die vielen aus
jener Handschrift zuerst mitgetheilten Stellen in den zahl-
reichen, zum Theil uralten, anderen Handschriften des
Breviarii durchaus fehlen.

Halten wir diese äußeren Gründe zusammen mit dem
oben dargelegten sehr bedenklichen Inhalt des § 13, so
sind wir wohl berechtigt, den sogenannten Codex Veson-
tinus
für einen in unbekannter Zeit sehr stark überarbei-
teten und entstellten alten Text zu erklären, dessen einzelne
Stellen, da wo sie mit anderen sicheren Zeugnissen in
Widerspruch stehen, auf keine Autorität Anspruch machen
können.


(b) Cujacius erwähnt diese
Handschrift zuerst im 21. Buch der
Observationen (1579), worin er
zugleich viele neue Stellen aus
derselben mittheilt. Er sagt da-
von Cap. 13: Superiores sen-
tentias dedi ex libro vetustis-
simo Sententiarum Pauli ad me
Vesontione perlato,
und Cap. 16:
in optimo libro quem Vesontio
dedit civitas nobilissima mihi-
que amicissima.
In den Text
aufgenommen wurden alle diese
Stellen zuerst in der Ausgabe des
Paulus hinter dem Codex Theo-
dosianus Paris. 1586 fol.
II. 36

Infamie.
Trauerns enthält, die auch noch nach Aufhebung der In-
famie als Stück der alten Sitte füglich erwähnt werden
konnten. Der § 13 aber rührt her aus dem räthſelhaften
Codex Vesontinus, einer Handſchrift des Paulus, die
Cujacius aus der Stadtbibliothek zu Beſanzon erhalten
hatte (b), und von welcher er leider nicht ſagt, was ſie
enthielt, ob blos den Paulus (was wohl ſonſt nicht leicht
vorkommen wird), oder das ganze Breviarium. Höchſt
verdächtig wird die Sache dadurch, daß die vielen aus
jener Handſchrift zuerſt mitgetheilten Stellen in den zahl-
reichen, zum Theil uralten, anderen Handſchriften des
Breviarii durchaus fehlen.

Halten wir dieſe äußeren Gründe zuſammen mit dem
oben dargelegten ſehr bedenklichen Inhalt des § 13, ſo
ſind wir wohl berechtigt, den ſogenannten Codex Veson-
tinus
für einen in unbekannter Zeit ſehr ſtark überarbei-
teten und entſtellten alten Text zu erklären, deſſen einzelne
Stellen, da wo ſie mit anderen ſicheren Zeugniſſen in
Widerſpruch ſtehen, auf keine Autorität Anſpruch machen
können.


(b) Cujacius erwähnt dieſe
Handſchrift zuerſt im 21. Buch der
Obſervationen (1579), worin er
zugleich viele neue Stellen aus
derſelben mittheilt. Er ſagt da-
von Cap. 13: Superiores sen-
tentias dedi ex libro vetustis-
simo Sententiarum Pauli ad me
Vesontione perlato,
und Cap. 16:
in optimo libro quem Vesontio
dedit civitas nobilissima mihi-
que amicissima.
In den Text
aufgenommen wurden alle dieſe
Stellen zuerſt in der Ausgabe des
Paulus hinter dem Codex Theo-
dosianus Paris. 1586 fol.
II. 36
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[553/0567] Infamie. Trauerns enthält, die auch noch nach Aufhebung der In- famie als Stück der alten Sitte füglich erwähnt werden konnten. Der § 13 aber rührt her aus dem räthſelhaften Codex Vesontinus, einer Handſchrift des Paulus, die Cujacius aus der Stadtbibliothek zu Beſanzon erhalten hatte (b), und von welcher er leider nicht ſagt, was ſie enthielt, ob blos den Paulus (was wohl ſonſt nicht leicht vorkommen wird), oder das ganze Breviarium. Höchſt verdächtig wird die Sache dadurch, daß die vielen aus jener Handſchrift zuerſt mitgetheilten Stellen in den zahl- reichen, zum Theil uralten, anderen Handſchriften des Breviarii durchaus fehlen. Halten wir dieſe äußeren Gründe zuſammen mit dem oben dargelegten ſehr bedenklichen Inhalt des § 13, ſo ſind wir wohl berechtigt, den ſogenannten Codex Veson- tinus für einen in unbekannter Zeit ſehr ſtark überarbei- teten und entſtellten alten Text zu erklären, deſſen einzelne Stellen, da wo ſie mit anderen ſicheren Zeugniſſen in Widerſpruch ſtehen, auf keine Autorität Anſpruch machen können. (b) Cujacius erwähnt dieſe Handſchrift zuerſt im 21. Buch der Obſervationen (1579), worin er zugleich viele neue Stellen aus derſelben mittheilt. Er ſagt da- von Cap. 13: Superiores sen- tentias dedi ex libro vetustis- simo Sententiarum Pauli ad me Vesontione perlato, und Cap. 16: in optimo libro quem Vesontio dedit civitas nobilissima mihi- que amicissima. In den Text aufgenommen wurden alle dieſe Stellen zuerſt in der Ausgabe des Paulus hinter dem Codex Theo- dosianus Paris. 1586 fol. II. 36

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 553. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/567>, abgerufen am 03.05.2024.