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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Beylage XIII.
Si paret Negidium Centum (oder hominem) dare
oportere

oder: Quidquid Negidium dare facere oportet.

Diese letzte Intentio behielt man in den freyen Klagen
bey, gab ihr aber einen Zusatz:
Quidquid Negidium dare facere oportet ex fide bona.

Dieser Zusatz drückte zwey in sich zusammenhängende
Gedanken zugleich aus; erstlich, daß überhaupt das opor-
tere
nicht auf die strenge, formelle Regel des Civilrechts
gegründet sey, sondern auf die Sitte und das Vertrauen,
welche unter rechtlichen Menschen herrschen; zweytens, daß
eben deshalb die Verpflichtung nach freyer Erwägung
aller Umstände, mit gleicher Billigkeit gegen beide Par-
teyen, zu beurtheilen sey.

Der Zusatz ex fide bona war der häufigste, und von
ihm erhielt diese ganze Klasse von Klagen den Namen
bonae fidei actiones. Bey einigen Klagen waren andere
Ausdrücke gebräuchlich, jedoch in demselben Sinn. So
bey der actio fiduciae der Ausdruck: ut inter bonos bene
agier oportet
(a). Daß man diesen Ausdruck für gleich-
bedeutend hielt mit ex fide bona, erhellt aus den Stellen
des Cicero und des Gajus, worin dieselbe Klage unter
die b. f. actiones gezählt wird (b).

Eben so war bey der actio rei uxoriae herkömmlich

(a) Cicero de off. III. 15. 17,
ad fam. VII. 12, top. C.
17. In
der ersten Stelle hat die Formel noch
den Zusatz: et sine fraudatione.
(b) Cicero de off. III. 17,
Gajus IV.
§ 62.

Beylage XIII.
Si paret Negidium Centum (oder hominem) dare
oportere

oder: Quidquid Negidium dare facere oportet.

Dieſe letzte Intentio behielt man in den freyen Klagen
bey, gab ihr aber einen Zuſatz:
Quidquid Negidium dare facere oportet ex fide bona.

Dieſer Zuſatz drückte zwey in ſich zuſammenhängende
Gedanken zugleich aus; erſtlich, daß überhaupt das opor-
tere
nicht auf die ſtrenge, formelle Regel des Civilrechts
gegründet ſey, ſondern auf die Sitte und das Vertrauen,
welche unter rechtlichen Menſchen herrſchen; zweytens, daß
eben deshalb die Verpflichtung nach freyer Erwägung
aller Umſtände, mit gleicher Billigkeit gegen beide Par-
teyen, zu beurtheilen ſey.

Der Zuſatz ex fide bona war der häufigſte, und von
ihm erhielt dieſe ganze Klaſſe von Klagen den Namen
bonae fidei actiones. Bey einigen Klagen waren andere
Ausdrücke gebräuchlich, jedoch in demſelben Sinn. So
bey der actio fiduciae der Ausdruck: ut inter bonos bene
agier oportet
(a). Daß man dieſen Ausdruck für gleich-
bedeutend hielt mit ex fide bona, erhellt aus den Stellen
des Cicero und des Gajus, worin dieſelbe Klage unter
die b. f. actiones gezählt wird (b).

Eben ſo war bey der actio rei uxoriae herkömmlich

(a) Cicero de off. III. 15. 17,
ad fam. VII. 12, top. C.
17. In
der erſten Stelle hat die Formel noch
den Zuſatz: et sine fraudatione.
(b) Cicero de off. III. 17,
Gajus IV.
§ 62.
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[490/0504] Beylage XIII. Si paret Negidium Centum (oder hominem) dare oportere oder: Quidquid Negidium dare facere oportet. Dieſe letzte Intentio behielt man in den freyen Klagen bey, gab ihr aber einen Zuſatz: Quidquid Negidium dare facere oportet ex fide bona. Dieſer Zuſatz drückte zwey in ſich zuſammenhängende Gedanken zugleich aus; erſtlich, daß überhaupt das opor- tere nicht auf die ſtrenge, formelle Regel des Civilrechts gegründet ſey, ſondern auf die Sitte und das Vertrauen, welche unter rechtlichen Menſchen herrſchen; zweytens, daß eben deshalb die Verpflichtung nach freyer Erwägung aller Umſtände, mit gleicher Billigkeit gegen beide Par- teyen, zu beurtheilen ſey. Der Zuſatz ex fide bona war der häufigſte, und von ihm erhielt dieſe ganze Klaſſe von Klagen den Namen bonae fidei actiones. Bey einigen Klagen waren andere Ausdrücke gebräuchlich, jedoch in demſelben Sinn. So bey der actio fiduciae der Ausdruck: ut inter bonos bene agier oportet (a). Daß man dieſen Ausdruck für gleich- bedeutend hielt mit ex fide bona, erhellt aus den Stellen des Cicero und des Gajus, worin dieſelbe Klage unter die b. f. actiones gezählt wird (b). Eben ſo war bey der actio rei uxoriae herkömmlich (a) Cicero de off. III. 15. 17, ad fam. VII. 12, top. C. 17. In der erſten Stelle hat die Formel noch den Zuſatz: et sine fraudatione. (b) Cicero de off. III. 17, Gajus IV. § 62.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 490. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/504>, abgerufen am 02.05.2024.