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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
L. C. als solche begründet würden, niemals vorkommen.
Insbesondere seyen sie bei den stricti juris Contracten ganz
unmöglich, weil für diese überhaupt keine Verzugszinsen
zugelassen würden (s). Das practisch Wichtige in dieser
Meinung liegt nicht sowohl darin, daß man den Namen
der Prozeßzinsen nicht zulassen, sondern nur von Verzugs-
zinsen reden will, als vielmehr darin, daß in allen Fällen,
in welchen die besonderen Bedingungen einer Mora nicht
vorhanden sind, überhaupt gar keine Zinsen gelten sollen.

Die hier vertheidigte Meinung dagegen hat zu allen
Zeiten zahlreiche Anhänger gefunden. Eigentlich gehören
dahin alle Schriftsteller, welche für das R. R. die Gültig-
keit der Prozeßzinsen bei den strengen Klagen behaupten
(§ 270. p). Diese meinen damit in der That die allge-
meine Gültigkeit der Prozeßzinsen überhaupt im gemeinen
Recht, wie sich denn namentlich Huber zur Unterstützung
seiner Meinung auf die heutige Praxis beruft. Außerdem
aber haben sich auch mehrere Andere von dem rein practi-
schen Standpunkt aus für die Annahme von Prozeßzinsen
als solchen erklärt (t).

Bei dem Oberappellationsgericht zu Lübeck, welches für
die Praxis der Vier freien Städte Zeugniß giebt, werden

(s) Göschen Vorlesungen B. 1.
S. 478. -- Madai Mora S. 369
bis 373. Wächter Heft 2 S. 54.
55, Heft 3 S. 24.
(t) Bayer Prozeß S. 233. 234.
Linde Prozeß § 200 Note 5.
Daß diese zugleich den Anfang von
der Insinuation berechnen, anstatt
von der L. C., ändert in dem We-
sen der Sache Nichts. Von dieser
Veränderung des Anfangspunktes
wird unten besonders die Rede seyn.

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
L. C. als ſolche begründet würden, niemals vorkommen.
Insbeſondere ſeyen ſie bei den stricti juris Contracten ganz
unmöglich, weil für dieſe überhaupt keine Verzugszinſen
zugelaſſen würden (s). Das practiſch Wichtige in dieſer
Meinung liegt nicht ſowohl darin, daß man den Namen
der Prozeßzinſen nicht zulaſſen, ſondern nur von Verzugs-
zinſen reden will, als vielmehr darin, daß in allen Fällen,
in welchen die beſonderen Bedingungen einer Mora nicht
vorhanden ſind, überhaupt gar keine Zinſen gelten ſollen.

Die hier vertheidigte Meinung dagegen hat zu allen
Zeiten zahlreiche Anhänger gefunden. Eigentlich gehören
dahin alle Schriftſteller, welche für das R. R. die Gültig-
keit der Prozeßzinſen bei den ſtrengen Klagen behaupten
(§ 270. p). Dieſe meinen damit in der That die allge-
meine Gültigkeit der Prozeßzinſen überhaupt im gemeinen
Recht, wie ſich denn namentlich Huber zur Unterſtützung
ſeiner Meinung auf die heutige Praxis beruft. Außerdem
aber haben ſich auch mehrere Andere von dem rein practi-
ſchen Standpunkt aus für die Annahme von Prozeßzinſen
als ſolchen erklärt (t).

Bei dem Oberappellationsgericht zu Lübeck, welches für
die Praxis der Vier freien Städte Zeugniß giebt, werden

(s) Göſchen Vorleſungen B. 1.
S. 478. — Madai Mora S. 369
bis 373. Wächter Heft 2 S. 54.
55, Heft 3 S. 24.
(t) Bayer Prozeß S. 233. 234.
Linde Prozeß § 200 Note 5.
Daß dieſe zugleich den Anfang von
der Inſinuation berechnen, anſtatt
von der L. C., ändert in dem We-
ſen der Sache Nichts. Von dieſer
Veränderung des Anfangspunktes
wird unten beſonders die Rede ſeyn.
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[162/0180] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. L. C. als ſolche begründet würden, niemals vorkommen. Insbeſondere ſeyen ſie bei den stricti juris Contracten ganz unmöglich, weil für dieſe überhaupt keine Verzugszinſen zugelaſſen würden (s). Das practiſch Wichtige in dieſer Meinung liegt nicht ſowohl darin, daß man den Namen der Prozeßzinſen nicht zulaſſen, ſondern nur von Verzugs- zinſen reden will, als vielmehr darin, daß in allen Fällen, in welchen die beſonderen Bedingungen einer Mora nicht vorhanden ſind, überhaupt gar keine Zinſen gelten ſollen. Die hier vertheidigte Meinung dagegen hat zu allen Zeiten zahlreiche Anhänger gefunden. Eigentlich gehören dahin alle Schriftſteller, welche für das R. R. die Gültig- keit der Prozeßzinſen bei den ſtrengen Klagen behaupten (§ 270. p). Dieſe meinen damit in der That die allge- meine Gültigkeit der Prozeßzinſen überhaupt im gemeinen Recht, wie ſich denn namentlich Huber zur Unterſtützung ſeiner Meinung auf die heutige Praxis beruft. Außerdem aber haben ſich auch mehrere Andere von dem rein practi- ſchen Standpunkt aus für die Annahme von Prozeßzinſen als ſolchen erklärt (t). Bei dem Oberappellationsgericht zu Lübeck, welches für die Praxis der Vier freien Städte Zeugniß giebt, werden (s) Göſchen Vorleſungen B. 1. S. 478. — Madai Mora S. 369 bis 373. Wächter Heft 2 S. 54. 55, Heft 3 S. 24. (t) Bayer Prozeß S. 233. 234. Linde Prozeß § 200 Note 5. Daß dieſe zugleich den Anfang von der Inſinuation berechnen, anſtatt von der L. C., ändert in dem We- ſen der Sache Nichts. Von dieſer Veränderung des Anfangspunktes wird unten beſonders die Rede ſeyn.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/180>, abgerufen am 29.04.2024.