Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 272. Wirkung der L. C. -- Verminderungen.

Auch bei ihnen kommt die oben dargestellte Verwandt-
schaft und Zusammenwirkung von drei an sich verschiedenen
Rechtsbegriffen in Betracht: Mora, mala fides, und Litis-
contestation, und es sind dadurch nicht blos unter den
neueren Schriftstellern große Streitigkeiten entstanden, son-
dern selbst in den Quellen des R. R. fehlt es nicht an
verschiedenen Meinungen, so wie an zweifelhaften und
schwankenden Zeugnissen. Ich will es versuchen, diejenigen
Regeln anzugeben, welche nach unbefangener Betrachtung
und Vergleichung der Quellenzeugnisse als letztes Resultat
aus denselben hervorgehen.

Ehe aber die auf die Verminderungen bezüglichen Rechts-
regeln aufgestellt werden können, ist es nöthig, über die
Natur dieser Verminderungen selbst und die verschiedenen
möglichen Gründe derselben eine Uebersicht zu geben.

Dahin gehört vor Allem der körperliche Untergang der
Sache die den Gegenstand eines Rechtsstreites bildet,
wohin der Tod eines Thieres, oder (bei den Römern) eines
Sclaven, das Aufzehren der Sache, die durchgreifende Ver-
arbeitung derselben mit Zerstörung ihrer bisherigen Form
und Individualität, zu rechnen ist. -- Eben so aber auch der
partielle Untergang, wenn das auf einem streitigen Grund-
stück stehende Gebäude einstürzt oder abbrennt, so wie wenn
ein Thier verwundet oder verstümmelt wird.

Es gehört dahin ferner der Verlust des Besitzes einer
streitigen Sache, indem dadurch die Herausgabe derselben

§. 272. Wirkung der L. C. — Verminderungen.

Auch bei ihnen kommt die oben dargeſtellte Verwandt-
ſchaft und Zuſammenwirkung von drei an ſich verſchiedenen
Rechtsbegriffen in Betracht: Mora, mala fides, und Litis-
conteſtation, und es ſind dadurch nicht blos unter den
neueren Schriftſtellern große Streitigkeiten entſtanden, ſon-
dern ſelbſt in den Quellen des R. R. fehlt es nicht an
verſchiedenen Meinungen, ſo wie an zweifelhaften und
ſchwankenden Zeugniſſen. Ich will es verſuchen, diejenigen
Regeln anzugeben, welche nach unbefangener Betrachtung
und Vergleichung der Quellenzeugniſſe als letztes Reſultat
aus denſelben hervorgehen.

Ehe aber die auf die Verminderungen bezüglichen Rechts-
regeln aufgeſtellt werden können, iſt es nöthig, über die
Natur dieſer Verminderungen ſelbſt und die verſchiedenen
möglichen Gründe derſelben eine Ueberſicht zu geben.

Dahin gehört vor Allem der körperliche Untergang der
Sache die den Gegenſtand eines Rechtsſtreites bildet,
wohin der Tod eines Thieres, oder (bei den Römern) eines
Sclaven, das Aufzehren der Sache, die durchgreifende Ver-
arbeitung derſelben mit Zerſtörung ihrer bisherigen Form
und Individualität, zu rechnen iſt. — Eben ſo aber auch der
partielle Untergang, wenn das auf einem ſtreitigen Grund-
ſtück ſtehende Gebäude einſtürzt oder abbrennt, ſo wie wenn
ein Thier verwundet oder verſtümmelt wird.

Es gehört dahin ferner der Verluſt des Beſitzes einer
ſtreitigen Sache, indem dadurch die Herausgabe derſelben

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0183" n="165"/>
            <fw place="top" type="header">§. 272. Wirkung der L. C. &#x2014; Verminderungen.</fw><lb/>
            <p>Auch bei ihnen kommt die oben darge&#x017F;tellte Verwandt-<lb/>
&#x017F;chaft und Zu&#x017F;ammenwirkung von drei an &#x017F;ich ver&#x017F;chiedenen<lb/>
Rechtsbegriffen in Betracht: Mora, <hi rendition="#aq">mala fides,</hi> und Litis-<lb/>
conte&#x017F;tation, und es &#x017F;ind dadurch nicht blos unter den<lb/>
neueren Schrift&#x017F;tellern große Streitigkeiten ent&#x017F;tanden, &#x017F;on-<lb/>
dern &#x017F;elb&#x017F;t in den Quellen des R. R. fehlt es nicht an<lb/>
ver&#x017F;chiedenen Meinungen, &#x017F;o wie an zweifelhaften und<lb/>
&#x017F;chwankenden Zeugni&#x017F;&#x017F;en. Ich will es ver&#x017F;uchen, diejenigen<lb/>
Regeln anzugeben, welche nach unbefangener Betrachtung<lb/>
und Vergleichung der Quellenzeugni&#x017F;&#x017F;e als letztes Re&#x017F;ultat<lb/>
aus den&#x017F;elben hervorgehen.</p><lb/>
            <p>Ehe aber die auf die Verminderungen bezüglichen Rechts-<lb/>
regeln aufge&#x017F;tellt werden können, i&#x017F;t es nöthig, über die<lb/>
Natur die&#x017F;er Verminderungen &#x017F;elb&#x017F;t und die ver&#x017F;chiedenen<lb/>
möglichen Gründe der&#x017F;elben eine Ueber&#x017F;icht zu geben.</p><lb/>
            <p>Dahin gehört vor Allem der körperliche Untergang der<lb/>
Sache die den Gegen&#x017F;tand eines Rechts&#x017F;treites bildet,<lb/>
wohin der Tod eines Thieres, oder (bei den Römern) eines<lb/>
Sclaven, das Aufzehren der Sache, die durchgreifende Ver-<lb/>
arbeitung der&#x017F;elben mit Zer&#x017F;törung ihrer bisherigen Form<lb/>
und Individualität, zu rechnen i&#x017F;t. &#x2014; Eben &#x017F;o aber auch der<lb/>
partielle Untergang, wenn das auf einem &#x017F;treitigen Grund-<lb/>
&#x017F;tück &#x017F;tehende Gebäude ein&#x017F;türzt oder abbrennt, &#x017F;o wie wenn<lb/>
ein Thier verwundet oder ver&#x017F;tümmelt wird.</p><lb/>
            <p>Es gehört dahin ferner der Verlu&#x017F;t des Be&#x017F;itzes einer<lb/>
&#x017F;treitigen Sache, indem dadurch die Herausgabe der&#x017F;elben<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[165/0183] §. 272. Wirkung der L. C. — Verminderungen. Auch bei ihnen kommt die oben dargeſtellte Verwandt- ſchaft und Zuſammenwirkung von drei an ſich verſchiedenen Rechtsbegriffen in Betracht: Mora, mala fides, und Litis- conteſtation, und es ſind dadurch nicht blos unter den neueren Schriftſtellern große Streitigkeiten entſtanden, ſon- dern ſelbſt in den Quellen des R. R. fehlt es nicht an verſchiedenen Meinungen, ſo wie an zweifelhaften und ſchwankenden Zeugniſſen. Ich will es verſuchen, diejenigen Regeln anzugeben, welche nach unbefangener Betrachtung und Vergleichung der Quellenzeugniſſe als letztes Reſultat aus denſelben hervorgehen. Ehe aber die auf die Verminderungen bezüglichen Rechts- regeln aufgeſtellt werden können, iſt es nöthig, über die Natur dieſer Verminderungen ſelbſt und die verſchiedenen möglichen Gründe derſelben eine Ueberſicht zu geben. Dahin gehört vor Allem der körperliche Untergang der Sache die den Gegenſtand eines Rechtsſtreites bildet, wohin der Tod eines Thieres, oder (bei den Römern) eines Sclaven, das Aufzehren der Sache, die durchgreifende Ver- arbeitung derſelben mit Zerſtörung ihrer bisherigen Form und Individualität, zu rechnen iſt. — Eben ſo aber auch der partielle Untergang, wenn das auf einem ſtreitigen Grund- ſtück ſtehende Gebäude einſtürzt oder abbrennt, ſo wie wenn ein Thier verwundet oder verſtümmelt wird. Es gehört dahin ferner der Verluſt des Beſitzes einer ſtreitigen Sache, indem dadurch die Herausgabe derſelben

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/183
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/183>, abgerufen am 26.04.2024.