thum der gewählten Sache, so konnte er die Wahl ändern, und zu diesem willkührlichen Entschluß reichte schon der bloße Zweifel hin. Welchen Entschluß also auch der Richter fassen mochte, so lag darin niemals der Ausdruck einer gewonnenen Ueberzeugung von dem Eigenthum oder Nichteigenthum irgend einer bestimmten Person. Es lag also darin nicht die Entscheidung über einen streitigen Le- gitimationspunkt, und diese Vorschrift kann daher auch nicht benutzt werden, um daraus irgend eine Folgerung zu ziehen für die Römische Ansicht über die Rechtskraft der, den Le- gitimationspunkt betreffenden, richterlichen Entscheidung.
Endlich wird noch als ein Einwurf gegen die hier ver- theidigte Lehre ein einzelnes Rescript des K. Severus(t) geltend gemacht, zu dessen vollständiger Erklärung eine etwas ausführliche Vorbereitung nöthig ist. Wenn in einer Provinz ein Rechtsstreit über die Standesverhältnisse einer Person (Freiheit, Verwandtschaft u. s. w.) geführt wurde, so sollte der Präses in eigener Person, ohne Judex, ent- scheiden, anstatt daß über alle anderen Sachen, namentlich über Erbrechtsklagen, ein von ihm niedergesetzter Judex zu entscheiden hatte. Nun war ein Mann gestorben und hatte ein Testament hinterlassen; der Testamentserbe war im Be- sitz der Erbschaft. Die Vormünder eines Unmündigen aber behaupteten, dieser sey ein nachgeborner Sohn des Erb- lassers, und durch dessen Geburt sey das Testament ver-
(t)L. 1 C. de ord. cogn. (3. 8). Buchka B. 1 S. 301. 302
Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
thum der gewählten Sache, ſo konnte er die Wahl ändern, und zu dieſem willkührlichen Entſchluß reichte ſchon der bloße Zweifel hin. Welchen Entſchluß alſo auch der Richter faſſen mochte, ſo lag darin niemals der Ausdruck einer gewonnenen Ueberzeugung von dem Eigenthum oder Nichteigenthum irgend einer beſtimmten Perſon. Es lag alſo darin nicht die Entſcheidung über einen ſtreitigen Le- gitimationspunkt, und dieſe Vorſchrift kann daher auch nicht benutzt werden, um daraus irgend eine Folgerung zu ziehen für die Römiſche Anſicht über die Rechtskraft der, den Le- gitimationspunkt betreffenden, richterlichen Entſcheidung.
Endlich wird noch als ein Einwurf gegen die hier ver- theidigte Lehre ein einzelnes Reſcript des K. Severus(t) geltend gemacht, zu deſſen vollſtändiger Erklärung eine etwas ausführliche Vorbereitung nöthig iſt. Wenn in einer Provinz ein Rechtsſtreit über die Standesverhältniſſe einer Perſon (Freiheit, Verwandtſchaft u. ſ. w.) geführt wurde, ſo ſollte der Präſes in eigener Perſon, ohne Judex, ent- ſcheiden, anſtatt daß über alle anderen Sachen, namentlich über Erbrechtsklagen, ein von ihm niedergeſetzter Judex zu entſcheiden hatte. Nun war ein Mann geſtorben und hatte ein Teſtament hinterlaſſen; der Teſtamentserbe war im Be- ſitz der Erbſchaft. Die Vormünder eines Unmündigen aber behaupteten, dieſer ſey ein nachgeborner Sohn des Erb- laſſers, und durch deſſen Geburt ſey das Teſtament ver-
(t)L. 1 C. de ord. cogn. (3. 8). Buchka B. 1 S. 301. 302
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Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
thum der gewählten Sache, ſo konnte er die Wahl ändern,
und zu dieſem willkührlichen Entſchluß reichte ſchon der
bloße Zweifel hin. Welchen Entſchluß alſo auch der
Richter faſſen mochte, ſo lag darin niemals der Ausdruck
einer gewonnenen Ueberzeugung von dem Eigenthum oder
Nichteigenthum irgend einer beſtimmten Perſon. Es lag
alſo darin nicht die Entſcheidung über einen ſtreitigen Le-
gitimationspunkt, und dieſe Vorſchrift kann daher auch nicht
benutzt werden, um daraus irgend eine Folgerung zu ziehen
für die Römiſche Anſicht über die Rechtskraft der, den Le-
gitimationspunkt betreffenden, richterlichen Entſcheidung.
Endlich wird noch als ein Einwurf gegen die hier ver-
theidigte Lehre ein einzelnes Reſcript des K. Severus (t)
geltend gemacht, zu deſſen vollſtändiger Erklärung eine
etwas ausführliche Vorbereitung nöthig iſt. Wenn in einer
Provinz ein Rechtsſtreit über die Standesverhältniſſe einer
Perſon (Freiheit, Verwandtſchaft u. ſ. w.) geführt wurde,
ſo ſollte der Präſes in eigener Perſon, ohne Judex, ent-
ſcheiden, anſtatt daß über alle anderen Sachen, namentlich
über Erbrechtsklagen, ein von ihm niedergeſetzter Judex zu
entſcheiden hatte. Nun war ein Mann geſtorben und hatte
ein Teſtament hinterlaſſen; der Teſtamentserbe war im Be-
ſitz der Erbſchaft. Die Vormünder eines Unmündigen aber
behaupteten, dieſer ſey ein nachgeborner Sohn des Erb-
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(t) L. 1 C. de ord. cogn. (3. 8). Buchka B. 1 S. 301. 302
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 440. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/458>, abgerufen am 17.06.2024.
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