Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Appellatio und Provocatio.
L. Piso, durch oft wiederholten Einspruch solcher Unge-
rechtigkeit mit Erfolg entgegen trat (r).

Als zur Abbürdung der Schulden die Abtretung von
Vermögensstücken nach einer öffentlichen Taxe eingeführt
worden war, erhielt der Prätor C. Trebonius den Auf-
trag, diese neue Vorschrift zur Ausführung zu bringen.
Der Prätor M. Coelius, der diese Maaßregel mißbilligte,
suchte sie dadurch zu vereiteln, daß er sein Tribunal neben
dem Tribunal des Trebonius aufrichtete, und jedem Ver-
klagten, der sich an ihn wenden würde, den Einspruch
gegen das Verfahren des Trebonius anbot. Es meldete
sich jedoch Niemand, um von diesem Anerbieten Gebrauch
zu machen (s).

Ein verstorbener Freigelassener hatte, mit Übergehung
seines Patrons, den Verschnittenen Genucius (matris
magnae Gallus)
zum Erben eingesetzt (t). Der Prätor
Cn. Orestes gab dem eingesetzten Erben zuerst eine B. P.
secundum tabulas,
dann eine Erbschaftsklage (u). Allein
der Consul Lepidus entkräftete dieses Verfahren des Prä-
tors (v) zum Vortheil des Patrons, und zwar aus dem
Grunde, weil der eingesetzte Erbe weder Mann, noch Weib
sey (w).


(r) Cicero in Verrem II. 1.
C.
46.
(s) Caesar de bello civ. III. 20.
(t) Valerius Max. VII. 7 § 6.
(u) Es wird restitutio in bona
genannt; wahrscheinlich war es ein
Interdict quorum bonorum.
(v) "praetoriam jurisdictio-
nem abrogavit."
(w) Die wirksame Intercession
des Consuls gegen das vom Prä-
tor eingeleitete Verfahren ist klar;
nicht so klar ist der vom Consul
angegebene Grund. Wollte etwa

Appellatio und Provocatio.
L. Piſo, durch oft wiederholten Einſpruch ſolcher Unge-
rechtigkeit mit Erfolg entgegen trat (r).

Als zur Abbürdung der Schulden die Abtretung von
Vermögensſtücken nach einer öffentlichen Taxe eingeführt
worden war, erhielt der Prätor C. Trebonius den Auf-
trag, dieſe neue Vorſchrift zur Ausführung zu bringen.
Der Prätor M. Coelius, der dieſe Maaßregel mißbilligte,
ſuchte ſie dadurch zu vereiteln, daß er ſein Tribunal neben
dem Tribunal des Trebonius aufrichtete, und jedem Ver-
klagten, der ſich an ihn wenden würde, den Einſpruch
gegen das Verfahren des Trebonius anbot. Es meldete
ſich jedoch Niemand, um von dieſem Anerbieten Gebrauch
zu machen (s).

Ein verſtorbener Freigelaſſener hatte, mit Übergehung
ſeines Patrons, den Verſchnittenen Genucius (matris
magnae Gallus)
zum Erben eingeſetzt (t). Der Prätor
Cn. Oreſtes gab dem eingeſetzten Erben zuerſt eine B. P.
secundum tabulas,
dann eine Erbſchaftsklage (u). Allein
der Conſul Lepidus entkräftete dieſes Verfahren des Prä-
tors (v) zum Vortheil des Patrons, und zwar aus dem
Grunde, weil der eingeſetzte Erbe weder Mann, noch Weib
ſey (w).


(r) Cicero in Verrem II. 1.
C.
46.
(s) Caesar de bello civ. III. 20.
(t) Valerius Max. VII. 7 § 6.
(u) Es wird restitutio in bona
genannt; wahrſcheinlich war es ein
Interdict quorum bonorum.
(v) „praetoriam jurisdictio-
nem abrogavit.“
(w) Die wirkſame Interceſſion
des Conſuls gegen das vom Prä-
tor eingeleitete Verfahren iſt klar;
nicht ſo klar iſt der vom Conſul
angegebene Grund. Wollte etwa
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0511" n="493"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">Appellatio</hi> und <hi rendition="#aq">Provocatio.</hi></fw><lb/>
L. Pi&#x017F;o, durch oft wiederholten Ein&#x017F;pruch &#x017F;olcher Unge-<lb/>
rechtigkeit mit Erfolg entgegen trat <note place="foot" n="(r)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Cicero</hi> in Verrem II. 1.<lb/>
C.</hi> 46.</note>.</p><lb/>
            <p>Als zur Abbürdung der Schulden die Abtretung von<lb/>
Vermögens&#x017F;tücken nach einer öffentlichen Taxe eingeführt<lb/>
worden war, erhielt der Prätor C. Trebonius den Auf-<lb/>
trag, die&#x017F;e neue Vor&#x017F;chrift zur Ausführung zu bringen.<lb/>
Der Prätor M. Coelius, der die&#x017F;e Maaßregel mißbilligte,<lb/>
&#x017F;uchte &#x017F;ie dadurch zu vereiteln, daß er &#x017F;ein Tribunal neben<lb/>
dem Tribunal des Trebonius aufrichtete, und jedem Ver-<lb/>
klagten, der &#x017F;ich an ihn wenden würde, den Ein&#x017F;pruch<lb/>
gegen das Verfahren des Trebonius anbot. Es meldete<lb/>
&#x017F;ich jedoch Niemand, um von die&#x017F;em Anerbieten Gebrauch<lb/>
zu machen <note place="foot" n="(s)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Caesar</hi> de bello civ. III.</hi> 20.</note>.</p><lb/>
            <p>Ein ver&#x017F;torbener Freigela&#x017F;&#x017F;ener hatte, mit Übergehung<lb/>
&#x017F;eines Patrons, den Ver&#x017F;chnittenen Genucius <hi rendition="#aq">(matris<lb/>
magnae Gallus)</hi> zum Erben einge&#x017F;etzt <note place="foot" n="(t)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Valerius Max.</hi> VII.</hi> 7 § 6.</note>. Der Prätor<lb/>
Cn. Ore&#x017F;tes gab dem einge&#x017F;etzten Erben zuer&#x017F;t eine <hi rendition="#aq">B. P.<lb/>
secundum tabulas,</hi> dann eine Erb&#x017F;chaftsklage <note place="foot" n="(u)">Es wird <hi rendition="#aq">restitutio in bona</hi><lb/>
genannt; wahr&#x017F;cheinlich war es ein<lb/>
Interdict <hi rendition="#aq">quorum bonorum.</hi></note>. Allein<lb/>
der Con&#x017F;ul Lepidus entkräftete die&#x017F;es Verfahren des Prä-<lb/>
tors <note place="foot" n="(v)"><hi rendition="#aq">&#x201E;praetoriam jurisdictio-<lb/>
nem abrogavit.&#x201C;</hi></note> zum Vortheil des Patrons, und zwar aus dem<lb/>
Grunde, weil der einge&#x017F;etzte Erbe weder Mann, noch Weib<lb/>
&#x017F;ey <note xml:id="seg2pn_57_1" next="#seg2pn_57_2" place="foot" n="(w)">Die wirk&#x017F;ame Interce&#x017F;&#x017F;ion<lb/>
des Con&#x017F;uls gegen das vom Prä-<lb/>
tor eingeleitete Verfahren i&#x017F;t klar;<lb/>
nicht &#x017F;o klar i&#x017F;t der vom Con&#x017F;ul<lb/>
angegebene Grund. Wollte etwa</note>.</p>
          </div><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[493/0511] Appellatio und Provocatio. L. Piſo, durch oft wiederholten Einſpruch ſolcher Unge- rechtigkeit mit Erfolg entgegen trat (r). Als zur Abbürdung der Schulden die Abtretung von Vermögensſtücken nach einer öffentlichen Taxe eingeführt worden war, erhielt der Prätor C. Trebonius den Auf- trag, dieſe neue Vorſchrift zur Ausführung zu bringen. Der Prätor M. Coelius, der dieſe Maaßregel mißbilligte, ſuchte ſie dadurch zu vereiteln, daß er ſein Tribunal neben dem Tribunal des Trebonius aufrichtete, und jedem Ver- klagten, der ſich an ihn wenden würde, den Einſpruch gegen das Verfahren des Trebonius anbot. Es meldete ſich jedoch Niemand, um von dieſem Anerbieten Gebrauch zu machen (s). Ein verſtorbener Freigelaſſener hatte, mit Übergehung ſeines Patrons, den Verſchnittenen Genucius (matris magnae Gallus) zum Erben eingeſetzt (t). Der Prätor Cn. Oreſtes gab dem eingeſetzten Erben zuerſt eine B. P. secundum tabulas, dann eine Erbſchaftsklage (u). Allein der Conſul Lepidus entkräftete dieſes Verfahren des Prä- tors (v) zum Vortheil des Patrons, und zwar aus dem Grunde, weil der eingeſetzte Erbe weder Mann, noch Weib ſey (w). (r) Cicero in Verrem II. 1. C. 46. (s) Caesar de bello civ. III. 20. (t) Valerius Max. VII. 7 § 6. (u) Es wird restitutio in bona genannt; wahrſcheinlich war es ein Interdict quorum bonorum. (v) „praetoriam jurisdictio- nem abrogavit.“ (w) Die wirkſame Interceſſion des Conſuls gegen das vom Prä- tor eingeleitete Verfahren iſt klar; nicht ſo klar iſt der vom Conſul angegebene Grund. Wollte etwa

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/511
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/511>, abgerufen am 26.04.2024.