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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 262. Wirkung der L. C. -- I. Verurtheilung gesichert. (Forts.)
Zeit der L. C. Nichts bedeutet, und daß es allein dar-
auf ankommt, ob das factische Verhältniß zur Zeit des
Urtheils vorhanden ist. Es gilt also hierin die umge-
kehrte Regel von derjenigen, welche oben für das Recht
des Klägers angegeben worden ist (§ 262).

Die hier aufgestellte Regel soll zunächst bei den ein-
zelnen Klagen, worin sie vorkommt, nachgewiesen werden;
daran wird sich eine allgemeinere Betrachtung anschließen
können.

A. Bei der Vindication des Eigenthums ist es gleich-
gültig, ob der Beklagte zur Zeit der L. C. den Besitz hat;
zur Zeit des Urtheils muß dieser Besitz nothwendig vor-
handen seyn (b).

Eine bloße Anwendung dieser Regel ist es, daß der
Erbe des Beklagten, der als solcher zur Uebernahme der
Vindication nicht verpflichtet ist (c), in diese Verpflichtung
eintritt, sobald er selbst den Besitz erwirbt (d).

B. Bei der Erbschaftsklage wird der Beklagte verur-

(b) L. 30 pr. de pec. (15. 1),
L. 27 §. 1 de rei vind. (6. 1)
".. si litis contestatae tempore
non possedit, quo autem judi-
catur possidet, probanda est
Proculi sententia, ut omnimodo
condemnetur."
Zu diesem ganz
klaren Ausspruch, welcher mit allen
übrigen Stellen übereinstimmt (s. die
folgenden Noten) paßt freilich nicht
der Anfang des §: "Possidere
autem aliquis debet utique et
litis contestatae tempore, et
quo res judicatur."
Es muß
dahin gestellt bleiben, ob bei diesem
Widerspruch eine ungenaue Fassung
der angeführten Anfangsworte zum
Grunde liegt, oder vielmehr die
Erwähnung einer älteren Contro-
verse, die nur in dem unvollstän-
digen Excerpt der Compilatoren
nicht mehr erkennbar ist. Keller
S. 191. 192.
(c) L. 42 de rei vind. (6. 1).
(d) L. 8 in f. ad exhib. (10. 4).

§. 262. Wirkung der L. C. — I. Verurtheilung geſichert. (Fortſ.)
Zeit der L. C. Nichts bedeutet, und daß es allein dar-
auf ankommt, ob das factiſche Verhältniß zur Zeit des
Urtheils vorhanden iſt. Es gilt alſo hierin die umge-
kehrte Regel von derjenigen, welche oben für das Recht
des Klägers angegeben worden iſt (§ 262).

Die hier aufgeſtellte Regel ſoll zunächſt bei den ein-
zelnen Klagen, worin ſie vorkommt, nachgewieſen werden;
daran wird ſich eine allgemeinere Betrachtung anſchließen
können.

A. Bei der Vindication des Eigenthums iſt es gleich-
gültig, ob der Beklagte zur Zeit der L. C. den Beſitz hat;
zur Zeit des Urtheils muß dieſer Beſitz nothwendig vor-
handen ſeyn (b).

Eine bloße Anwendung dieſer Regel iſt es, daß der
Erbe des Beklagten, der als ſolcher zur Uebernahme der
Vindication nicht verpflichtet iſt (c), in dieſe Verpflichtung
eintritt, ſobald er ſelbſt den Beſitz erwirbt (d).

B. Bei der Erbſchaftsklage wird der Beklagte verur-

(b) L. 30 pr. de pec. (15. 1),
L. 27 §. 1 de rei vind. (6. 1)
„.. si litis contestatae tempore
non possedit, quo autem judi-
catur possidet, probanda est
Proculi sententia, ut omnimodo
condemnetur.“
Zu dieſem ganz
klaren Ausſpruch, welcher mit allen
übrigen Stellen übereinſtimmt (ſ. die
folgenden Noten) paßt freilich nicht
der Anfang des §: „Possidere
autem aliquis debet utique et
litis contestatae tempore, et
quo res judicatur.“
Es muß
dahin geſtellt bleiben, ob bei dieſem
Widerſpruch eine ungenaue Faſſung
der angeführten Anfangsworte zum
Grunde liegt, oder vielmehr die
Erwähnung einer älteren Contro-
verſe, die nur in dem unvollſtän-
digen Excerpt der Compilatoren
nicht mehr erkennbar iſt. Keller
S. 191. 192.
(c) L. 42 de rei vind. (6. 1).
(d) L. 8 in f. ad exhib. (10. 4).
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[75/0093] §. 262. Wirkung der L. C. — I. Verurtheilung geſichert. (Fortſ.) Zeit der L. C. Nichts bedeutet, und daß es allein dar- auf ankommt, ob das factiſche Verhältniß zur Zeit des Urtheils vorhanden iſt. Es gilt alſo hierin die umge- kehrte Regel von derjenigen, welche oben für das Recht des Klägers angegeben worden iſt (§ 262). Die hier aufgeſtellte Regel ſoll zunächſt bei den ein- zelnen Klagen, worin ſie vorkommt, nachgewieſen werden; daran wird ſich eine allgemeinere Betrachtung anſchließen können. A. Bei der Vindication des Eigenthums iſt es gleich- gültig, ob der Beklagte zur Zeit der L. C. den Beſitz hat; zur Zeit des Urtheils muß dieſer Beſitz nothwendig vor- handen ſeyn (b). Eine bloße Anwendung dieſer Regel iſt es, daß der Erbe des Beklagten, der als ſolcher zur Uebernahme der Vindication nicht verpflichtet iſt (c), in dieſe Verpflichtung eintritt, ſobald er ſelbſt den Beſitz erwirbt (d). B. Bei der Erbſchaftsklage wird der Beklagte verur- (b) L. 30 pr. de pec. (15. 1), L. 27 §. 1 de rei vind. (6. 1) „.. si litis contestatae tempore non possedit, quo autem judi- catur possidet, probanda est Proculi sententia, ut omnimodo condemnetur.“ Zu dieſem ganz klaren Ausſpruch, welcher mit allen übrigen Stellen übereinſtimmt (ſ. die folgenden Noten) paßt freilich nicht der Anfang des §: „Possidere autem aliquis debet utique et litis contestatae tempore, et quo res judicatur.“ Es muß dahin geſtellt bleiben, ob bei dieſem Widerſpruch eine ungenaue Faſſung der angeführten Anfangsworte zum Grunde liegt, oder vielmehr die Erwähnung einer älteren Contro- verſe, die nur in dem unvollſtän- digen Excerpt der Compilatoren nicht mehr erkennbar iſt. Keller S. 191. 192. (c) L. 42 de rei vind. (6. 1). (d) L. 8 in f. ad exhib. (10. 4).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/93>, abgerufen am 28.04.2024.