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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
standes werden gar nicht bewirkt durch eine Willenserklärung
der betheiligten Person, für deren gehörige Form nur zu
sorgen wäre. Sie können vielmehr nur hervorgehen aus
einer freien Entschließung der höchsten Staatsgewalt, und
zwar derjenigen Gewalt, welcher die betheiligte Person als
Unterthan unterworfen ist.

II. Auch auf die das Sachenrecht betreffenden Rechts-
geschäfte kann jener Regel kein bedeutender Einfluß zuge-
schrieben werden, und zwar hier aus folgendem Grunde.
Es muß erinnert werden an einen, oben zu einem andern
Zweck bemerklich gemachten, durchgreifenden Unterschied
unter den menschlichen Handlungen (S. 212). Es giebt
Handlungen, die an sich überall gleich möglich sind, so
daß es nur von zufälligen Umständen abhängt, ob sie hier
oder dort vorkommen. Dahin gehören die obligatorischen
Verträge, die Errichtung eines Testaments u. s. w. Es
giebt aber andere Handlungen, die ihrer Natur nach nur
an Einem Orte vorkommen können. Dahin gehören die
meisten und wichtigsten in das Gebiet des Sachenrechts
einschlagenden Handlungen. In demselben ist überall die
lex rei sitae herrschend (§ 366), und auch die einflußreichen
Handlungen stehen darin meist in so naher Beziehung zu
der Sache selbst, daß sie nur da, wo sich die Sache eben
befindet, gedacht werden können. Dahin gehört vor Allem
die Tradition; eben so aber auch eine Reihe blos förmlicher
Handlungen, wie die gerichtliche Auflassung, die Eintragung
in Hypothekenbücher u. s. w., die nur bei einer an einen

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
ſtandes werden gar nicht bewirkt durch eine Willenserklärung
der betheiligten Perſon, für deren gehörige Form nur zu
ſorgen wäre. Sie können vielmehr nur hervorgehen aus
einer freien Entſchließung der höchſten Staatsgewalt, und
zwar derjenigen Gewalt, welcher die betheiligte Perſon als
Unterthan unterworfen iſt.

II. Auch auf die das Sachenrecht betreffenden Rechts-
geſchäfte kann jener Regel kein bedeutender Einfluß zuge-
ſchrieben werden, und zwar hier aus folgendem Grunde.
Es muß erinnert werden an einen, oben zu einem andern
Zweck bemerklich gemachten, durchgreifenden Unterſchied
unter den menſchlichen Handlungen (S. 212). Es giebt
Handlungen, die an ſich überall gleich möglich ſind, ſo
daß es nur von zufälligen Umſtänden abhängt, ob ſie hier
oder dort vorkommen. Dahin gehören die obligatoriſchen
Verträge, die Errichtung eines Teſtaments u. ſ. w. Es
giebt aber andere Handlungen, die ihrer Natur nach nur
an Einem Orte vorkommen können. Dahin gehören die
meiſten und wichtigſten in das Gebiet des Sachenrechts
einſchlagenden Handlungen. In demſelben iſt überall die
lex rei sitae herrſchend (§ 366), und auch die einflußreichen
Handlungen ſtehen darin meiſt in ſo naher Beziehung zu
der Sache ſelbſt, daß ſie nur da, wo ſich die Sache eben
befindet, gedacht werden können. Dahin gehört vor Allem
die Tradition; eben ſo aber auch eine Reihe blos förmlicher
Handlungen, wie die gerichtliche Auflaſſung, die Eintragung
in Hypothekenbücher u. ſ. w., die nur bei einer an einen

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[352/0374] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. ſtandes werden gar nicht bewirkt durch eine Willenserklärung der betheiligten Perſon, für deren gehörige Form nur zu ſorgen wäre. Sie können vielmehr nur hervorgehen aus einer freien Entſchließung der höchſten Staatsgewalt, und zwar derjenigen Gewalt, welcher die betheiligte Perſon als Unterthan unterworfen iſt. II. Auch auf die das Sachenrecht betreffenden Rechts- geſchäfte kann jener Regel kein bedeutender Einfluß zuge- ſchrieben werden, und zwar hier aus folgendem Grunde. Es muß erinnert werden an einen, oben zu einem andern Zweck bemerklich gemachten, durchgreifenden Unterſchied unter den menſchlichen Handlungen (S. 212). Es giebt Handlungen, die an ſich überall gleich möglich ſind, ſo daß es nur von zufälligen Umſtänden abhängt, ob ſie hier oder dort vorkommen. Dahin gehören die obligatoriſchen Verträge, die Errichtung eines Teſtaments u. ſ. w. Es giebt aber andere Handlungen, die ihrer Natur nach nur an Einem Orte vorkommen können. Dahin gehören die meiſten und wichtigſten in das Gebiet des Sachenrechts einſchlagenden Handlungen. In demſelben iſt überall die lex rei sitae herrſchend (§ 366), und auch die einflußreichen Handlungen ſtehen darin meiſt in ſo naher Beziehung zu der Sache ſelbſt, daß ſie nur da, wo ſich die Sache eben befindet, gedacht werden können. Dahin gehört vor Allem die Tradition; eben ſo aber auch eine Reihe blos förmlicher Handlungen, wie die gerichtliche Auflaſſung, die Eintragung in Hypothekenbücher u. ſ. w., die nur bei einer an einen

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/374>, abgerufen am 28.05.2024.