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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 346. Widerstreit. Territorialrechte in verschied. Staaten. (Forts.)
so muß diese Erklärung gelten, da dieselbe dann die Na-
tur eines Gesetzes über die Collision hat, welches
stets unbedingt befolgt werden muß (§ 348 d.). Allein an
einer solchen ausdrücklichen Erklärung wird es meist fehlen,
und dann bleibt Nichts übrig, als auf die verschiedene Na-
tur der absoluten Gesetze zurück zu gehen, die uns auf fol-
gende Unterscheidung führen muß.

Eine Klasse der absoluten Gesetze hat keinen anderen
Grund und Zweck, als die Handhabung des Rechts durch
feste Regeln zu sichern, so daß sie erlassen werden lediglich
um der Personen Willen, welche die Träger der Rechte
sind. Dahin gehören die Gesetze über die Einschränkung
der Handlungsfähigkeit wegen des Alters, des Geschlechts
u. s. w. Ferner die Gesetze über die Formen der Ueber-
tragung des Eigenthums (durch bloßen Vertrag oder durch
Uebergabe). -- Bei allen Gesetzen solcher Art ist kein Grund
vorhanden, sie unter die Ausnahmefälle zu rechnen, die da-
bei eintretende Collisionen können vielmehr nach dem Grund-
satz der freiesten Rechtsgemeinschaft geschlichtet werden, da
jeder Staat unbedenklich auch innerhalb seiner Gränzen
dem fremden Gesetze solcher Art eine Einwirkung gestat-
ten kann.

Eine andere Klasse der absoluten Gesetze dagegen
hat ihren Grund und Zweck außer dem reinen, in seinem
abstracten Dasein aufgefaßten, Rechtsgebiet (c), so daß sie

(c) "contra rationem juris", s. o. B. 1 § 16 Note p.
3*

§. 346. Widerſtreit. Territorialrechte in verſchied. Staaten. (Fortſ.)
ſo muß dieſe Erklärung gelten, da dieſelbe dann die Na-
tur eines Geſetzes über die Colliſion hat, welches
ſtets unbedingt befolgt werden muß (§ 348 d.). Allein an
einer ſolchen ausdrücklichen Erklärung wird es meiſt fehlen,
und dann bleibt Nichts übrig, als auf die verſchiedene Na-
tur der abſoluten Geſetze zurück zu gehen, die uns auf fol-
gende Unterſcheidung führen muß.

Eine Klaſſe der abſoluten Geſetze hat keinen anderen
Grund und Zweck, als die Handhabung des Rechts durch
feſte Regeln zu ſichern, ſo daß ſie erlaſſen werden lediglich
um der Perſonen Willen, welche die Träger der Rechte
ſind. Dahin gehören die Geſetze über die Einſchränkung
der Handlungsfähigkeit wegen des Alters, des Geſchlechts
u. ſ. w. Ferner die Geſetze über die Formen der Ueber-
tragung des Eigenthums (durch bloßen Vertrag oder durch
Uebergabe). — Bei allen Geſetzen ſolcher Art iſt kein Grund
vorhanden, ſie unter die Ausnahmefälle zu rechnen, die da-
bei eintretende Colliſionen können vielmehr nach dem Grund-
ſatz der freieſten Rechtsgemeinſchaft geſchlichtet werden, da
jeder Staat unbedenklich auch innerhalb ſeiner Gränzen
dem fremden Geſetze ſolcher Art eine Einwirkung geſtat-
ten kann.

Eine andere Klaſſe der abſoluten Geſetze dagegen
hat ihren Grund und Zweck außer dem reinen, in ſeinem
abſtracten Daſein aufgefaßten, Rechtsgebiet (c), ſo daß ſie

(c) „contra rationem juris“, ſ. o. B. 1 § 16 Note p.
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[35/0057] §. 346. Widerſtreit. Territorialrechte in verſchied. Staaten. (Fortſ.) ſo muß dieſe Erklärung gelten, da dieſelbe dann die Na- tur eines Geſetzes über die Colliſion hat, welches ſtets unbedingt befolgt werden muß (§ 348 d.). Allein an einer ſolchen ausdrücklichen Erklärung wird es meiſt fehlen, und dann bleibt Nichts übrig, als auf die verſchiedene Na- tur der abſoluten Geſetze zurück zu gehen, die uns auf fol- gende Unterſcheidung führen muß. Eine Klaſſe der abſoluten Geſetze hat keinen anderen Grund und Zweck, als die Handhabung des Rechts durch feſte Regeln zu ſichern, ſo daß ſie erlaſſen werden lediglich um der Perſonen Willen, welche die Träger der Rechte ſind. Dahin gehören die Geſetze über die Einſchränkung der Handlungsfähigkeit wegen des Alters, des Geſchlechts u. ſ. w. Ferner die Geſetze über die Formen der Ueber- tragung des Eigenthums (durch bloßen Vertrag oder durch Uebergabe). — Bei allen Geſetzen ſolcher Art iſt kein Grund vorhanden, ſie unter die Ausnahmefälle zu rechnen, die da- bei eintretende Colliſionen können vielmehr nach dem Grund- ſatz der freieſten Rechtsgemeinſchaft geſchlichtet werden, da jeder Staat unbedenklich auch innerhalb ſeiner Gränzen dem fremden Geſetze ſolcher Art eine Einwirkung geſtat- ten kann. Eine andere Klaſſe der abſoluten Geſetze dagegen hat ihren Grund und Zweck außer dem reinen, in ſeinem abſtracten Daſein aufgefaßten, Rechtsgebiet (c), ſo daß ſie (c) „contra rationem juris“, ſ. o. B. 1 § 16 Note p. 3*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/57>, abgerufen am 30.04.2024.