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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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In diesen inhaltschweren, kurzen Sätzen liegt eingeschlossen die ganze Lehre, wie der Maurer bauen müsse, wolle er recht bauen und seinem Meister Ehre machen. Was der Buchstabe G in dem 5eckigen flammenden Sterne nur hieroglyphisch andeutet, die menschliche Lebenskunst, die menschliche Geometrie, liegt hier deutlich aufgeschlossen.

Der ächte Maurer ehret zunächst den Meister, indem er sich nicht vermisst, selbst das Mass zu nehmen, denn der Meister hat das Mass schon genommen und reicht dem Gesellen nur die Kelle, um nach dem vorgeschriebenen Masse zu bauen. Der Meister, der das Mass genommen und wonach jeder treue Bruder nur bauen soll, ist der Meister der Meister, der allmächtige Baumeister der Welt, Gott im Himmel oben, welcher der Menschheit und allen einzelnen Menschen durch die ihnen verliehene Vernunft in seiner ewigen Weisheit ihre Aufgabe und ihr Ziel gesetzet. Die Menschheit im Ganzen soll den Geist Gottes in der Geschichte darstellen, soll der Mensch gewordene göttliche Geist sein; die Menschheit ist nach dem der Philosophie Plato's entlehnten Ausdrucke der alexandrinischen Christen und besonders des Evangeliums Johannes der Eingeborne Sohn Gottes, der Mensch gewordene Gott. Die Bestimmung der Menschheit und darin auch jedes einzelnen Menschen ist also eine göttliche, ist die Verwirklichung des göttlichen Geistes, des göttlichen Logos, der göttlichen Idee in der Weltgeschichte, in der Zeit. Die Menschheit und die Weltgeschichte sind die lebendige That des göttlichen Gedankens und Wortes, sind das Ebenbild Gottes oder sollen es wenigstens sein. Das tiefste und innerste Wesen des Christenthums besteht darin, die Einheit Gottes und der Menschheit, die göttliche Bestimmung des menschlichen Geschlechts erfasst und ausgesprochen zu haben. Christus ist in dieser Hinsicht die ganze Menschheit und der Mensch selbst, indem die Menschen den ihnen innewohnenden göttlichen Geist, das Gesetz Gottes darlegen sollen, - indem in ihnen Gott sich offenbart und zeitlich ist. Plato am Schlusse seines Timaeus sprach dieses, wenn auch mit weniger Vollkommenheit, also aus: "Indem dieses Weltganze sterbliche und unsterbliche Bewohner erhielt und davon erfüllt ward,

In diesen inhaltschweren, kurzen Sätzen liegt eingeschlossen die ganze Lehre, wie der Maurer bauen müsse, wolle er recht bauen und seinem Meister Ehre machen. Was der Buchstabe G in dem 5eckigen flammenden Sterne nur hieroglyphisch andeutet, die menschliche Lebenskunst, die menschliche Geometrie, liegt hier deutlich aufgeschlossen.

Der ächte Maurer ehret zunächst den Meister, indem er sich nicht vermisst, selbst das Mass zu nehmen, denn der Meister hat das Mass schon genommen und reicht dem Gesellen nur die Kelle, um nach dem vorgeschriebenen Masse zu bauen. Der Meister, der das Mass genommen und wonach jeder treue Bruder nur bauen soll, ist der Meister der Meister, der allmächtige Baumeister der Welt, Gott im Himmel oben, welcher der Menschheit und allen einzelnen Menschen durch die ihnen verliehene Vernunft in seiner ewigen Weisheit ihre Aufgabe und ihr Ziel gesetzet. Die Menschheit im Ganzen soll den Geist Gottes in der Geschichte darstellen, soll der Mensch gewordene göttliche Geist sein; die Menschheit ist nach dem der Philosophie Plato’s entlehnten Ausdrucke der alexandrinischen Christen und besonders des Evangeliums Johannes der Eingeborne Sohn Gottes, der Mensch gewordene Gott. Die Bestimmung der Menschheit und darin auch jedes einzelnen Menschen ist also eine göttliche, ist die Verwirklichung des göttlichen Geistes, des göttlichen Logos, der göttlichen Idee in der Weltgeschichte, in der Zeit. Die Menschheit und die Weltgeschichte sind die lebendige That des göttlichen Gedankens und Wortes, sind das Ebenbild Gottes oder sollen es wenigstens sein. Das tiefste und innerste Wesen des Christenthums besteht darin, die Einheit Gottes und der Menschheit, die göttliche Bestimmung des menschlichen Geschlechts erfasst und ausgesprochen zu haben. Christus ist in dieser Hinsicht die ganze Menschheit und der Mensch selbst, indem die Menschen den ihnen innewohnenden göttlichen Geist, das Gesetz Gottes darlegen sollen, – indem in ihnen Gott sich offenbart und zeitlich ist. Plato am Schlusse seines Timaeus sprach dieses, wenn auch mit weniger Vollkommenheit, also aus: „Indem dieses Weltganze sterbliche und unsterbliche Bewohner erhielt und davon erfüllt ward,

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 Himmel oben, welcher der Menschheit und allen einzelnen Menschen durch die ihnen verliehene Vernunft
 in seiner ewigen Weisheit ihre Aufgabe und ihr Ziel gesetzet. Die Menschheit im Ganzen soll den
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 Bestimmung der Menschheit und darin auch jedes einzelnen Menschen ist also eine göttliche, ist die
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 Weltgeschichte, in der Zeit. Die Menschheit und die Weltgeschichte sind die lebendige That des
 göttlichen Gedankens und Wortes, sind das Ebenbild Gottes oder sollen es wenigstens sein. Das
 tiefste und innerste Wesen des Christenthums besteht darin, die Einheit Gottes und der Menschheit,
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 ist in dieser Hinsicht die ganze Menschheit und der Mensch selbst, indem die Menschen den ihnen
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[379/0395] In diesen inhaltschweren, kurzen Sätzen liegt eingeschlossen die ganze Lehre, wie der Maurer bauen müsse, wolle er recht bauen und seinem Meister Ehre machen. Was der Buchstabe G in dem 5eckigen flammenden Sterne nur hieroglyphisch andeutet, die menschliche Lebenskunst, die menschliche Geometrie, liegt hier deutlich aufgeschlossen. Der ächte Maurer ehret zunächst den Meister, indem er sich nicht vermisst, selbst das Mass zu nehmen, denn der Meister hat das Mass schon genommen und reicht dem Gesellen nur die Kelle, um nach dem vorgeschriebenen Masse zu bauen. Der Meister, der das Mass genommen und wonach jeder treue Bruder nur bauen soll, ist der Meister der Meister, der allmächtige Baumeister der Welt, Gott im Himmel oben, welcher der Menschheit und allen einzelnen Menschen durch die ihnen verliehene Vernunft in seiner ewigen Weisheit ihre Aufgabe und ihr Ziel gesetzet. Die Menschheit im Ganzen soll den Geist Gottes in der Geschichte darstellen, soll der Mensch gewordene göttliche Geist sein; die Menschheit ist nach dem der Philosophie Plato’s entlehnten Ausdrucke der alexandrinischen Christen und besonders des Evangeliums Johannes der Eingeborne Sohn Gottes, der Mensch gewordene Gott. Die Bestimmung der Menschheit und darin auch jedes einzelnen Menschen ist also eine göttliche, ist die Verwirklichung des göttlichen Geistes, des göttlichen Logos, der göttlichen Idee in der Weltgeschichte, in der Zeit. Die Menschheit und die Weltgeschichte sind die lebendige That des göttlichen Gedankens und Wortes, sind das Ebenbild Gottes oder sollen es wenigstens sein. Das tiefste und innerste Wesen des Christenthums besteht darin, die Einheit Gottes und der Menschheit, die göttliche Bestimmung des menschlichen Geschlechts erfasst und ausgesprochen zu haben. Christus ist in dieser Hinsicht die ganze Menschheit und der Mensch selbst, indem die Menschen den ihnen innewohnenden göttlichen Geist, das Gesetz Gottes darlegen sollen, – indem in ihnen Gott sich offenbart und zeitlich ist. Plato am Schlusse seines Timaeus sprach dieses, wenn auch mit weniger Vollkommenheit, also aus: „Indem dieses Weltganze sterbliche und unsterbliche Bewohner erhielt und davon erfüllt ward,

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 379. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/395>, abgerufen am 18.05.2024.