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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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nahme zum Weltbürger, als die symbolische Einführung in die Welt und die Maurerei selbst stellt sich damit vom ersten Anfange als eine weltbürgerliche oder kosmopolitische Einrichtung dar. Die Maurerei will den Menschen zum Weltbürger erziehen und bilden durch den Glauben und die Liebe zu dem Einen Gotte aller Menschen, und wenn Sie heute diesen Glauben und diese Liebe nicht gewonnen haben und stets vermehrend pflegen, stehen Sie trotz Ihrer Aufnahme noch vor des Tempels Pforten, porro fanum, sind Profane. Bei dem Eingang in die Loge erblicken Sie zwei Säulen, wie solche Säulen, Pyramiden und Obelisken einstens in Phönizien und Aegypten vor oder auch in vielen Tempeln standen. Vor dem, 1000 J. v. Chr. von dem Könige Salomo mit grosser Pracht zu Jerusalem neu erbauten Tempel standen, mit dem Namen, welche dieselben noch heute bei den Maurern tragen, gleichfalls zwei derartige Säulen, die, gleich den übrigen Geräthen des Tempels, durch den tyrischen Baumeister und Erzgiesser Hiram aus gegossenem Erze angefertigt waren. Diese Säulen haben eine doppelte symbolische Bedeutung, zunächst eine kosmogonische oder physikalische und sodann eine ethische, sittliche oder moralische. Im kosmogonischen oder physikalischen Sinne, in ihrer blossen Naturbedeutung, verkünden die zwei Säulen den ewigen Wechsel und Kampf zwischen Finsterniss und Licht, Nacht und Tag, Winter und Sommer, Kälte und Wärme, Ruhe und Bewegung, Tod und Leben, welche das Leben und das Gesetz der Schöpfung und der Welt bilden. Die beiden Säulen in ihrem einfachsten und natürlichsten Sinne sind der Morgen- und der Abendstern, die Sonne und der Mond, die unzertrennbaren Zwillingsbrüder oder Dioskuren, welche in unabänderlichem Gange und Wechsel den Tag und die Nacht, das Licht und die Finsterniss herauf- und hinabführen. Deshalb stehen auch sehr bezeichnend in der Loge den beiden Säulen die aufgehende Sonne und der untergehende Mond gegenüber, wie den beiden Kugeln auf den Säulen selbst die Bedeutung beigelegt werden darf, dass sie den ewigen Umschwung und Kreislauf von Nacht und Tag, Licht und Finsterniss, Sonne und Mond, Auf- und Niedergang andeuten sollen. Den verwandten Gedanken

nahme zum Weltbürger, als die symbolische Einführung in die Welt und die Maurerei selbst stellt sich damit vom ersten Anfange als eine weltbürgerliche oder kosmopolitische Einrichtung dar. Die Maurerei will den Menschen zum Weltbürger erziehen und bilden durch den Glauben und die Liebe zu dem Einen Gotte aller Menschen, und wenn Sie heute diesen Glauben und diese Liebe nicht gewonnen haben und stets vermehrend pflegen, stehen Sie trotz Ihrer Aufnahme noch vor des Tempels Pforten, porro fanum, sind Profane. Bei dem Eingang in die Loge erblicken Sie zwei Säulen, wie solche Säulen, Pyramiden und Obelisken einstens in Phönizien und Aegypten vor oder auch in vielen Tempeln standen. Vor dem, 1000 J. v. Chr. von dem Könige Salomo mit grosser Pracht zu Jerusalem neu erbauten Tempel standen, mit dem Namen, welche dieselben noch heute bei den Maurern tragen, gleichfalls zwei derartige Säulen, die, gleich den übrigen Geräthen des Tempels, durch den tyrischen Baumeister und Erzgiesser Hiram aus gegossenem Erze angefertigt waren. Diese Säulen haben eine doppelte symbolische Bedeutung, zunächst eine kosmogonische oder physikalische und sodann eine ethische, sittliche oder moralische. Im kosmogonischen oder physikalischen Sinne, in ihrer blossen Naturbedeutung, verkünden die zwei Säulen den ewigen Wechsel und Kampf zwischen Finsterniss und Licht, Nacht und Tag, Winter und Sommer, Kälte und Wärme, Ruhe und Bewegung, Tod und Leben, welche das Leben und das Gesetz der Schöpfung und der Welt bilden. Die beiden Säulen in ihrem einfachsten und natürlichsten Sinne sind der Morgen- und der Abendstern, die Sonne und der Mond, die unzertrennbaren Zwillingsbrüder oder Dioskuren, welche in unabänderlichem Gange und Wechsel den Tag und die Nacht, das Licht und die Finsterniss herauf- und hinabführen. Deshalb stehen auch sehr bezeichnend in der Loge den beiden Säulen die aufgehende Sonne und der untergehende Mond gegenüber, wie den beiden Kugeln auf den Säulen selbst die Bedeutung beigelegt werden darf, dass sie den ewigen Umschwung und Kreislauf von Nacht und Tag, Licht und Finsterniss, Sonne und Mond, Auf- und Niedergang andeuten sollen. Den verwandten Gedanken

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 Einführung in die Welt und die Maurerei selbst stellt sich damit vom ersten Anfange als eine
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 erziehen und bilden durch den Glauben und die Liebe zu dem Einen Gotte aller Menschen, und wenn Sie
 heute diesen Glauben und diese Liebe nicht gewonnen haben und stets vermehrend pflegen, stehen Sie
 trotz Ihrer Aufnahme noch vor des Tempels Pforten, porro fanum, sind Profane. Bei dem Eingang in die
 Loge erblicken Sie zwei Säulen, wie solche Säulen, Pyramiden und Obelisken einstens in Phönizien und
 Aegypten vor oder auch in vielen Tempeln standen. Vor dem, 1000 J. v. Chr. von dem Könige Salomo mit
 grosser Pracht zu Jerusalem neu erbauten Tempel standen, mit dem Namen, welche dieselben noch heute
 bei den Maurern tragen, gleichfalls zwei derartige Säulen, die, gleich den übrigen Geräthen des
 Tempels, durch den tyrischen Baumeister und Erzgiesser Hiram aus gegossenem Erze angefertigt waren.
 Diese Säulen haben eine doppelte symbolische Bedeutung, zunächst eine kosmogonische oder
 physikalische und sodann eine ethische, sittliche oder moralische. Im kosmogonischen oder
 physikalischen Sinne, in ihrer blossen Naturbedeutung, verkünden die zwei Säulen den ewigen Wechsel
 und Kampf zwischen Finsterniss und Licht, Nacht und Tag, Winter und Sommer, Kälte und Wärme, Ruhe
 und Bewegung, Tod und Leben, welche das Leben und das Gesetz der Schöpfung und der Welt bilden. Die
 beiden Säulen in ihrem einfachsten und natürlichsten Sinne sind der Morgen- und der Abendstern, die
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 Gange und Wechsel den Tag und die Nacht, das Licht und die Finsterniss herauf- und hinabführen.
 Deshalb stehen auch sehr bezeichnend in der Loge den beiden Säulen die aufgehende Sonne und der
 untergehende Mond gegenüber, wie den beiden Kugeln auf den Säulen selbst die Bedeutung beigelegt
 werden darf, dass sie den ewigen Umschwung und Kreislauf von Nacht und Tag, Licht und Finsterniss,
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[650/0666] nahme zum Weltbürger, als die symbolische Einführung in die Welt und die Maurerei selbst stellt sich damit vom ersten Anfange als eine weltbürgerliche oder kosmopolitische Einrichtung dar. Die Maurerei will den Menschen zum Weltbürger erziehen und bilden durch den Glauben und die Liebe zu dem Einen Gotte aller Menschen, und wenn Sie heute diesen Glauben und diese Liebe nicht gewonnen haben und stets vermehrend pflegen, stehen Sie trotz Ihrer Aufnahme noch vor des Tempels Pforten, porro fanum, sind Profane. Bei dem Eingang in die Loge erblicken Sie zwei Säulen, wie solche Säulen, Pyramiden und Obelisken einstens in Phönizien und Aegypten vor oder auch in vielen Tempeln standen. Vor dem, 1000 J. v. Chr. von dem Könige Salomo mit grosser Pracht zu Jerusalem neu erbauten Tempel standen, mit dem Namen, welche dieselben noch heute bei den Maurern tragen, gleichfalls zwei derartige Säulen, die, gleich den übrigen Geräthen des Tempels, durch den tyrischen Baumeister und Erzgiesser Hiram aus gegossenem Erze angefertigt waren. Diese Säulen haben eine doppelte symbolische Bedeutung, zunächst eine kosmogonische oder physikalische und sodann eine ethische, sittliche oder moralische. Im kosmogonischen oder physikalischen Sinne, in ihrer blossen Naturbedeutung, verkünden die zwei Säulen den ewigen Wechsel und Kampf zwischen Finsterniss und Licht, Nacht und Tag, Winter und Sommer, Kälte und Wärme, Ruhe und Bewegung, Tod und Leben, welche das Leben und das Gesetz der Schöpfung und der Welt bilden. Die beiden Säulen in ihrem einfachsten und natürlichsten Sinne sind der Morgen- und der Abendstern, die Sonne und der Mond, die unzertrennbaren Zwillingsbrüder oder Dioskuren, welche in unabänderlichem Gange und Wechsel den Tag und die Nacht, das Licht und die Finsterniss herauf- und hinabführen. Deshalb stehen auch sehr bezeichnend in der Loge den beiden Säulen die aufgehende Sonne und der untergehende Mond gegenüber, wie den beiden Kugeln auf den Säulen selbst die Bedeutung beigelegt werden darf, dass sie den ewigen Umschwung und Kreislauf von Nacht und Tag, Licht und Finsterniss, Sonne und Mond, Auf- und Niedergang andeuten sollen. Den verwandten Gedanken

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/666>, abgerufen am 27.04.2024.