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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

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staltet; ferner die Quellhäuser, z. B. auf der Insel Kos.1) Ferner war kreisrund der alte Apaturia-Tempel, dessen Ruinen La Motraye am kimmerischen Bosporus gegen dem Fuss des Kaukasus entdeckt hat.2) Runde Steintempel gibt es auch in Indien, z. B. im Lande der Badaga's.3) Der Tempel der Kybele in Phrygien war ein Rundtempel.4) In einem antiken Gemälde, welches die Apotheose des Kaisers Titus darstellt und worüber Böttiger, kleine Schriften, II. S. 231 ff., kurz berichtet, sitzt der Kaiser mit einem goldenen Nimbus ums Haupt unter einem kleinen von vier Säulen getragenen Rundtempel, um den Kopf ein Diadem, über der linken Schulter und rechten Hüfte einen himmelblauen Mantel, übrigens aber ganz nackend. Ueber die eigentliche Natur der Trümmer des sogenannten Tempels der Minerva Medica zu Rom, nach dem Pantheon des grössten Rundtempels, waltet Streit.5) Auf Münzen aus der Zeit des Kaisers Trebonianus und seines Sohnes Volusianus um das J. 251, sitzt die Juno Martialis, die bewaffnete argivische Juno, in einem rundenTempelchen.6) Das Viereck ist daher auch das Urbild, die Urhieroglyphe eines Hauses, eines Tempels, einer Kirche und einer Loge in jeder Bilderschrift und in der Hieroglyphik, zumal in der ägyptischen. Der Kreis wird als solches Bild niemals gebraucht, weil eben die runden Gebäude nur Ausnahmen von der grossen und allgemeinen Regel des Vierecks sind, weshalb auch schon Vitruvius lehrte, dass alle nicht runden Tempel längliche Vierecke bilden und die Altäre der Götter immer nach Morgen stehen, auch nicht zu hoch sein sollen, da der Betende gegen Morgen blicke.7) Es ist demnach gewiss nicht zulässig und nicht gerechtfertigt, überall eine symbolische Andeutung und Beziehung darin zu suchen und zu finden, wenn die heiligen Gebäude dem Alterthums gleich den Grundstücken längliche Vier-

1) Gahl und Koner, S. 74 ff.
2) Ritter, Vorhalle, S. 214.
3) Graul, a. a. O., I. S. 304 unten; Paulin, II. 382 ff.
4) Böttiger, K. M., I. S. 290 unten.
5) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 345.
6) Böttiger, Kunst-Mythol., II. S.,285.
7) Krause, a. a. O., I. 2. S. 459 Anm. a.

staltet; ferner die Quellhäuser, z. B. auf der Insel Kos.1) Ferner war kreisrund der alte Apaturia-Tempel, dessen Ruinen La Motraye am kimmerischen Bosporus gegen dem Fuss des Kaukasus entdeckt hat.2) Runde Steintempel gibt es auch in Indien, z. B. im Lande der Badaga’s.3) Der Tempel der Kybele in Phrygien war ein Rundtempel.4) In einem antiken Gemälde, welches die Apotheose des Kaisers Titus darstellt und worüber Böttiger, kleine Schriften, II. S. 231 ff., kurz berichtet, sitzt der Kaiser mit einem goldenen Nimbus ums Haupt unter einem kleinen von vier Säulen getragenen Rundtempel, um den Kopf ein Diadem, über der linken Schulter und rechten Hüfte einen himmelblauen Mantel, übrigens aber ganz nackend. Ueber die eigentliche Natur der Trümmer des sogenannten Tempels der Minerva Medica zu Rom, nach dem Pantheon des grössten Rundtempels, waltet Streit.5) Auf Münzen aus der Zeit des Kaisers Trebonianus und seines Sohnes Volusianus um das J. 251, sitzt die Juno Martialis, die bewaffnete argivische Juno, in einem rundenTempelchen.6) Das Viereck ist daher auch das Urbild, die Urhieroglyphe eines Hauses, eines Tempels, einer Kirche und einer Loge in jeder Bilderschrift und in der Hieroglyphik, zumal in der ägyptischen. Der Kreis wird als solches Bild niemals gebraucht, weil eben die runden Gebäude nur Ausnahmen von der grossen und allgemeinen Regel des Vierecks sind, weshalb auch schon Vitruvius lehrte, dass alle nicht runden Tempel längliche Vierecke bilden und die Altäre der Götter immer nach Morgen stehen, auch nicht zu hoch sein sollen, da der Betende gegen Morgen blicke.7) Es ist demnach gewiss nicht zulässig und nicht gerechtfertigt, überall eine symbolische Andeutung und Beziehung darin zu suchen und zu finden, wenn die heiligen Gebäude dem Alterthums gleich den Grundstücken längliche Vier-

1) Gahl und Koner, S. 74 ff.
2) Ritter, Vorhalle, S. 214.
3) Graul, a. a. O., I. S. 304 unten; Paulin, II. 382 ff.
4) Böttiger, K. M., I. S. 290 unten.
5) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 345.
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[483/0503] staltet; ferner die Quellhäuser, z. B. auf der Insel Kos. 1) Ferner war kreisrund der alte Apaturia-Tempel, dessen Ruinen La Motraye am kimmerischen Bosporus gegen dem Fuss des Kaukasus entdeckt hat. 2) Runde Steintempel gibt es auch in Indien, z. B. im Lande der Badaga’s. 3) Der Tempel der Kybele in Phrygien war ein Rundtempel. 4) In einem antiken Gemälde, welches die Apotheose des Kaisers Titus darstellt und worüber Böttiger, kleine Schriften, II. S. 231 ff., kurz berichtet, sitzt der Kaiser mit einem goldenen Nimbus ums Haupt unter einem kleinen von vier Säulen getragenen Rundtempel, um den Kopf ein Diadem, über der linken Schulter und rechten Hüfte einen himmelblauen Mantel, übrigens aber ganz nackend. Ueber die eigentliche Natur der Trümmer des sogenannten Tempels der Minerva Medica zu Rom, nach dem Pantheon des grössten Rundtempels, waltet Streit. 5) Auf Münzen aus der Zeit des Kaisers Trebonianus und seines Sohnes Volusianus um das J. 251, sitzt die Juno Martialis, die bewaffnete argivische Juno, in einem rundenTempelchen. 6) Das Viereck ist daher auch das Urbild, die Urhieroglyphe eines Hauses, eines Tempels, einer Kirche und einer Loge in jeder Bilderschrift und in der Hieroglyphik, zumal in der ägyptischen. Der Kreis wird als solches Bild niemals gebraucht, weil eben die runden Gebäude nur Ausnahmen von der grossen und allgemeinen Regel des Vierecks sind, weshalb auch schon Vitruvius lehrte, dass alle nicht runden Tempel längliche Vierecke bilden und die Altäre der Götter immer nach Morgen stehen, auch nicht zu hoch sein sollen, da der Betende gegen Morgen blicke. 7) Es ist demnach gewiss nicht zulässig und nicht gerechtfertigt, überall eine symbolische Andeutung und Beziehung darin zu suchen und zu finden, wenn die heiligen Gebäude dem Alterthums gleich den Grundstücken längliche Vier- 1) Gahl und Koner, S. 74 ff. 2) Ritter, Vorhalle, S. 214. 3) Graul, a. a. O., I. S. 304 unten; Paulin, II. 382 ff. 4) Böttiger, K. M., I. S. 290 unten. 5) Böttiger, kleine Schriften, II. S. 345. 6) Böttiger, Kunst-Mythol., II. S.,285. 7) Krause, a. a. O., I. 2. S. 459 Anm. a.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/503>, abgerufen am 30.04.2024.