Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

Bild:
<< vorherige Seite

Da die germanischen Völker nur durch die Bekehrung zum Christenthum in die neue weltgesehichtliche Bahn eintreten konnten, übernahmen die germanische Bekehrung theils das Schwert der Franken, theils der friedliche Bekehrungseifer der christlichen Glaubensboten, besonders von den britischen Inseln. Wie an die byzantinische Kirche und Kirchenbaukunst sich die Kirche und Baukunst in Armenien und Georgien,1) und noch mehr in Russland2) anlehnt, aber bald erstarrt: ähnlich lehnt sich zwar auch die deutsche Kirche und Baukunst, die deutsche Städteverfassung mit dem gesammten städtischen Leben an die gallische, fränkische oder französische und theilweise ebenso an die italienische anfänglich an, entfaltet sich jedoch in sich selbst sofort lebendig, kräftig und volksthümlich, weil sie mit jener nur die gleiche Aufgabe getheilt hatte, - mit ihr um denselben Preis und Sieg rang. Karl der Grosse war es vorzüglich, welcher nicht minder durch seine siegreichen Kriegsheere, wie durch seine weisen Gesetze und Einrichtungen den römisch-fränkischen Geistesstrom hinüberlenkte nach den deutschen und nach den nordischen Ländern; friedlicher und bleibender that aber dieses auch der stille Völkerverkehr, besonders aus den rheinischen altrömischen Städten Cöln, Mainz und Strassburg, und vielleicht selbst Basel.

Für den römischen oder, vielleicht schärfer bezeichnet, romanischen Ursprung3) des mittelalterlichen deutschen und nordischen Städtelebens aus Italien, aus dem Exarchate und den lombardischen Städten einerseits, und aus Gallien, besonders dem südlichen und nördlichen Frankreich andererseits, spricht zuvörderst die entscheidende Thatsache der Bildung und Entstehung der romanischen Sprachen, Völker und Staaten, indem in ihnen, wenn auch langsam umgestaltet, dennoch sich die römische Sprache, Bildung und Einrichtung, namentlich die städtischen Verfassungen und Einrichtungen forterhalten haben. Mannert, Gesch. der alten Deutschen, II. S. 378, sagt z. B. in dieser Be-

1) Schnaase, III. S. 248 ff.
2) Daselbst, III. S. 275 ff.
3) Vergl. auch Symbolik, II. S. 251 ff.

Da die germanischen Völker nur durch die Bekehrung zum Christenthum in die neue weltgesehichtliche Bahn eintreten konnten, übernahmen die germanische Bekehrung theils das Schwert der Franken, theils der friedliche Bekehrungseifer der christlichen Glaubensboten, besonders von den britischen Inseln. Wie an die byzantinische Kirche und Kirchenbaukunst sich die Kirche und Baukunst in Armenien und Georgien,1) und noch mehr in Russland2) anlehnt, aber bald erstarrt: ähnlich lehnt sich zwar auch die deutsche Kirche und Baukunst, die deutsche Städteverfassung mit dem gesammten städtischen Leben an die gallische, fränkische oder französische und theilweise ebenso an die italienische anfänglich an, entfaltet sich jedoch in sich selbst sofort lebendig, kräftig und volksthümlich, weil sie mit jener nur die gleiche Aufgabe getheilt hatte, – mit ihr um denselben Preis und Sieg rang. Karl der Grosse war es vorzüglich, welcher nicht minder durch seine siegreichen Kriegsheere, wie durch seine weisen Gesetze und Einrichtungen den römisch-fränkischen Geistesstrom hinüberlenkte nach den deutschen und nach den nordischen Ländern; friedlicher und bleibender that aber dieses auch der stille Völkerverkehr, besonders aus den rheinischen altrömischen Städten Cöln, Mainz und Strassburg, und vielleicht selbst Basel.

Für den römischen oder, vielleicht schärfer bezeichnet, romanischen Ursprung3) des mittelalterlichen deutschen und nordischen Städtelebens aus Italien, aus dem Exarchate und den lombardischen Städten einerseits, und aus Gallien, besonders dem südlichen und nördlichen Frankreich andererseits, spricht zuvörderst die entscheidende Thatsache der Bildung und Entstehung der romanischen Sprachen, Völker und Staaten, indem in ihnen, wenn auch langsam umgestaltet, dennoch sich die römische Sprache, Bildung und Einrichtung, namentlich die städtischen Verfassungen und Einrichtungen forterhalten haben. Mannert, Gesch. der alten Deutschen, II. S. 378, sagt z. B. in dieser Be-

1) Schnaase, III. S. 248 ff.
2) Daselbst, III. S. 275 ff.
3) Vergl. auch Symbolik, II. S. 251 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0289" n="269"/>
        <p>
     Da die germanischen Völker nur durch die Bekehrung zum Christenthum in die neue weltgesehichtliche Bahn eintreten konnten, übernahmen die germanische Bekehrung theils das Schwert der Franken, theils der friedliche Bekehrungseifer der christlichen Glaubensboten, besonders von den britischen Inseln. Wie an die byzantinische Kirche und Kirchenbaukunst sich die Kirche und Baukunst in Armenien und Georgien,<note place="foot" n="1)">Schnaase, III. S. 248 ff.<lb/></note> und noch mehr in Russland<note place="foot" n="2)">Daselbst, III. S. 275 ff.<lb/></note> anlehnt, aber bald erstarrt: ähnlich lehnt sich zwar auch die deutsche Kirche und Baukunst, die deutsche Städteverfassung mit dem gesammten städtischen Leben an die gallische, fränkische oder französische und theilweise ebenso an die italienische anfänglich an, entfaltet sich jedoch in sich selbst sofort lebendig, kräftig und volksthümlich, weil sie mit jener nur die gleiche Aufgabe getheilt hatte, &#x2013; mit ihr um denselben Preis und Sieg rang. Karl der Grosse war es vorzüglich, welcher nicht minder durch seine siegreichen Kriegsheere, wie durch seine weisen Gesetze und Einrichtungen den römisch-fränkischen Geistesstrom hinüberlenkte nach den deutschen und nach den nordischen Ländern; friedlicher und bleibender that aber dieses auch der stille Völkerverkehr, besonders aus den rheinischen altrömischen Städten Cöln, Mainz und Strassburg, und vielleicht selbst Basel.</p>
        <p>
     Für den römischen oder, vielleicht schärfer bezeichnet, romanischen Ursprung<note place="foot" n="3)">Vergl. auch Symbolik, II. S. 251 ff.</note> des mittelalterlichen deutschen und nordischen Städtelebens aus Italien, aus dem Exarchate und den lombardischen Städten einerseits, und aus Gallien, besonders dem südlichen und nördlichen Frankreich andererseits, spricht zuvörderst die entscheidende Thatsache der Bildung und Entstehung der <hi rendition="#g">romanischen</hi> Sprachen, Völker und Staaten, indem in ihnen, wenn auch langsam umgestaltet, dennoch sich die römische Sprache, Bildung und Einrichtung, namentlich die städtischen Verfassungen und Einrichtungen forterhalten haben. Mannert, Gesch. der alten Deutschen, II. S. 378, sagt z. B. in dieser Be-
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0289] Da die germanischen Völker nur durch die Bekehrung zum Christenthum in die neue weltgesehichtliche Bahn eintreten konnten, übernahmen die germanische Bekehrung theils das Schwert der Franken, theils der friedliche Bekehrungseifer der christlichen Glaubensboten, besonders von den britischen Inseln. Wie an die byzantinische Kirche und Kirchenbaukunst sich die Kirche und Baukunst in Armenien und Georgien, 1) und noch mehr in Russland 2) anlehnt, aber bald erstarrt: ähnlich lehnt sich zwar auch die deutsche Kirche und Baukunst, die deutsche Städteverfassung mit dem gesammten städtischen Leben an die gallische, fränkische oder französische und theilweise ebenso an die italienische anfänglich an, entfaltet sich jedoch in sich selbst sofort lebendig, kräftig und volksthümlich, weil sie mit jener nur die gleiche Aufgabe getheilt hatte, – mit ihr um denselben Preis und Sieg rang. Karl der Grosse war es vorzüglich, welcher nicht minder durch seine siegreichen Kriegsheere, wie durch seine weisen Gesetze und Einrichtungen den römisch-fränkischen Geistesstrom hinüberlenkte nach den deutschen und nach den nordischen Ländern; friedlicher und bleibender that aber dieses auch der stille Völkerverkehr, besonders aus den rheinischen altrömischen Städten Cöln, Mainz und Strassburg, und vielleicht selbst Basel. Für den römischen oder, vielleicht schärfer bezeichnet, romanischen Ursprung 3) des mittelalterlichen deutschen und nordischen Städtelebens aus Italien, aus dem Exarchate und den lombardischen Städten einerseits, und aus Gallien, besonders dem südlichen und nördlichen Frankreich andererseits, spricht zuvörderst die entscheidende Thatsache der Bildung und Entstehung der romanischen Sprachen, Völker und Staaten, indem in ihnen, wenn auch langsam umgestaltet, dennoch sich die römische Sprache, Bildung und Einrichtung, namentlich die städtischen Verfassungen und Einrichtungen forterhalten haben. Mannert, Gesch. der alten Deutschen, II. S. 378, sagt z. B. in dieser Be- 1) Schnaase, III. S. 248 ff. 2) Daselbst, III. S. 275 ff. 3) Vergl. auch Symbolik, II. S. 251 ff.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/289
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/289>, abgerufen am 29.04.2024.