Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite

ein König in Acht gethan, der heißt Rother, nun ist Alles, was ich
gearbeitet, zu meinem Schaden. Ich biet' Euch meine Dienste an.

Da lud Constantinus die Helden alle zum Hippodromushof und
hielt sie in hohen Ehren und hieß sie zu Tisch sitzen. Es lief aber
da ein zahmer Löwe herum, der gewohnt war den Knechten das Brot
wegzufressen. Der kam auch an Asprians Teller, ihn aufzulecken.
Da griff Asprian den Löwen an der Mähne und warf ihn an des
Saales Wand, daß er zerbrach. Und die Kämmerer sprachen zu
einand: wer nicht an die Wand fliegen will, lasse dieses Mannes
Teller unberührt.

König Rother aber theilte den Griechen viel schöne Geschenke aus;
jedem, der ihn auf der Herberge besuchte, hieß er einen Mantel ver-
ehren oder ein Stück Gewaffen. Es kam auch ein landflüchtiger
Grafe daher, dem schenkte er tausend Mark Silber und nahm ihn in
Dienst, also daß viel hundert Ritter in sein Gefolge traten. So war
in Aller Munde des vermeinten Dietrich's Preis und unter den
Frauen hob sich ein Wispern und Raunen, es war keine Kemenate,
daß die Wände nicht Herrn Dietrich rühmen hörten.

Da sprach die goldlockige Kaiserstochter zu Herlindis ihrer Kammer-
frau: O weh mir! wie soll ich es anfangen, daß ich desselben Herren
ansichtig werde, den sie Alle preisen?

Herlindis aber entgegnete: Nun bitte deinen Vater, daß er ein
Freudenfest gebe am Hofe und den Helden dazu lade, so magst du
ihn am besten ersehen.

Die Kaisertochter that nach Herlindis Rath und Constantinus
nickte ihr zu und entbot seine Herzoge und Grafen zum Hippodro-
mushofe und die fremden Helden dazu. All' die Geladenen kamen,
da hob sich ein unsäglich Gedränge um den, den sie Dieterich nannten,
und wie die Kaisertochter mit ihren hundert Frauen eintrat, geziert
mit güldener Krone und gold- und cyclatgesticktem Mantel, brach
gerade ein ungefüger Lärm aus: Asprian den Riesen hatte ein Käm-
merer auf seiner Bank rücken geheißen, daß andere Leute auch Platz
bekämen, da schlug Asprian dem Kämmerer einen Ohrschlag, daß ihm
der Kopf entzwei brach und es gab ein bös Durcheinander, so daß
Dieterich Ruhe stiften mußt'.

ein König in Acht gethan, der heißt Rother, nun iſt Alles, was ich
gearbeitet, zu meinem Schaden. Ich biet' Euch meine Dienſte an.

Da lud Conſtantinus die Helden alle zum Hippodromushof und
hielt ſie in hohen Ehren und hieß ſie zu Tiſch ſitzen. Es lief aber
da ein zahmer Löwe herum, der gewohnt war den Knechten das Brot
wegzufreſſen. Der kam auch an Asprians Teller, ihn aufzulecken.
Da griff Asprian den Löwen an der Mähne und warf ihn an des
Saales Wand, daß er zerbrach. Und die Kämmerer ſprachen zu
einand: wer nicht an die Wand fliegen will, laſſe dieſes Mannes
Teller unberührt.

König Rother aber theilte den Griechen viel ſchöne Geſchenke aus;
jedem, der ihn auf der Herberge beſuchte, hieß er einen Mantel ver-
ehren oder ein Stück Gewaffen. Es kam auch ein landflüchtiger
Grafe daher, dem ſchenkte er tauſend Mark Silber und nahm ihn in
Dienſt, alſo daß viel hundert Ritter in ſein Gefolge traten. So war
in Aller Munde des vermeinten Dietrich's Preis und unter den
Frauen hob ſich ein Wispern und Raunen, es war keine Kemenate,
daß die Wände nicht Herrn Dietrich rühmen hörten.

Da ſprach die goldlockige Kaiſerstochter zu Herlindis ihrer Kammer-
frau: O weh mir! wie ſoll ich es anfangen, daß ich deſſelben Herren
anſichtig werde, den ſie Alle preiſen?

Herlindis aber entgegnete: Nun bitte deinen Vater, daß er ein
Freudenfeſt gebe am Hofe und den Helden dazu lade, ſo magſt du
ihn am beſten erſehen.

Die Kaiſertochter that nach Herlindis Rath und Conſtantinus
nickte ihr zu und entbot ſeine Herzoge und Grafen zum Hippodro-
mushofe und die fremden Helden dazu. All' die Geladenen kamen,
da hob ſich ein unſäglich Gedränge um den, den ſie Dieterich nannten,
und wie die Kaiſertochter mit ihren hundert Frauen eintrat, geziert
mit güldener Krone und gold- und cyclatgeſticktem Mantel, brach
gerade ein ungefüger Lärm aus: Asprian den Rieſen hatte ein Käm-
merer auf ſeiner Bank rücken geheißen, daß andere Leute auch Platz
bekämen, da ſchlug Asprian dem Kämmerer einen Ohrſchlag, daß ihm
der Kopf entzwei brach und es gab ein bös Durcheinander, ſo daß
Dieterich Ruhe ſtiften mußt'.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0316" n="294"/>
ein König in Acht gethan, der heißt Rother, nun i&#x017F;t Alles, was ich<lb/>
gearbeitet, zu meinem Schaden. Ich biet' Euch meine Dien&#x017F;te an.</p><lb/>
        <p>Da lud Con&#x017F;tantinus die Helden alle zum Hippodromushof und<lb/>
hielt &#x017F;ie in hohen Ehren und hieß &#x017F;ie zu Ti&#x017F;ch &#x017F;itzen. Es lief aber<lb/>
da ein zahmer Löwe herum, der gewohnt war den Knechten das Brot<lb/>
wegzufre&#x017F;&#x017F;en. Der kam auch an Asprians Teller, ihn aufzulecken.<lb/>
Da griff Asprian den Löwen an der Mähne und warf ihn an des<lb/>
Saales Wand, daß er zerbrach. Und die Kämmerer &#x017F;prachen zu<lb/>
einand: wer nicht an die Wand fliegen will, la&#x017F;&#x017F;e die&#x017F;es Mannes<lb/>
Teller unberührt.</p><lb/>
        <p>König Rother aber theilte den Griechen viel &#x017F;chöne Ge&#x017F;chenke aus;<lb/>
jedem, der ihn auf der Herberge be&#x017F;uchte, hieß er einen Mantel ver-<lb/>
ehren oder ein Stück Gewaffen. Es kam auch ein landflüchtiger<lb/>
Grafe daher, dem &#x017F;chenkte er tau&#x017F;end Mark Silber und nahm ihn in<lb/>
Dien&#x017F;t, al&#x017F;o daß viel hundert Ritter in &#x017F;ein Gefolge traten. So war<lb/>
in Aller Munde des vermeinten Dietrich's Preis und unter den<lb/>
Frauen hob &#x017F;ich ein Wispern und Raunen, es war keine Kemenate,<lb/>
daß die Wände nicht Herrn Dietrich rühmen hörten.</p><lb/>
        <p>Da &#x017F;prach die goldlockige Kai&#x017F;erstochter zu Herlindis ihrer Kammer-<lb/>
frau: O weh mir! wie &#x017F;oll ich es anfangen, daß ich de&#x017F;&#x017F;elben Herren<lb/>
an&#x017F;ichtig werde, den &#x017F;ie Alle prei&#x017F;en?</p><lb/>
        <p>Herlindis aber entgegnete: Nun bitte deinen Vater, daß er ein<lb/>
Freudenfe&#x017F;t gebe am Hofe und den Helden dazu lade, &#x017F;o mag&#x017F;t du<lb/>
ihn am be&#x017F;ten er&#x017F;ehen.</p><lb/>
        <p>Die Kai&#x017F;ertochter that nach Herlindis Rath und Con&#x017F;tantinus<lb/>
nickte ihr zu und entbot &#x017F;eine Herzoge und Grafen zum Hippodro-<lb/>
mushofe und die fremden Helden dazu. All' die Geladenen kamen,<lb/>
da hob &#x017F;ich ein un&#x017F;äglich Gedränge um den, den &#x017F;ie Dieterich nannten,<lb/>
und wie die Kai&#x017F;ertochter mit ihren hundert Frauen eintrat, geziert<lb/>
mit güldener Krone und gold- und cyclatge&#x017F;ticktem Mantel, brach<lb/>
gerade ein ungefüger Lärm aus: Asprian den Rie&#x017F;en hatte ein Käm-<lb/>
merer auf &#x017F;einer Bank rücken geheißen, daß andere Leute auch Platz<lb/>
bekämen, da &#x017F;chlug Asprian dem Kämmerer einen Ohr&#x017F;chlag, daß ihm<lb/>
der Kopf entzwei brach und es gab ein bös Durcheinander, &#x017F;o daß<lb/>
Dieterich Ruhe &#x017F;tiften mußt'.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[294/0316] ein König in Acht gethan, der heißt Rother, nun iſt Alles, was ich gearbeitet, zu meinem Schaden. Ich biet' Euch meine Dienſte an. Da lud Conſtantinus die Helden alle zum Hippodromushof und hielt ſie in hohen Ehren und hieß ſie zu Tiſch ſitzen. Es lief aber da ein zahmer Löwe herum, der gewohnt war den Knechten das Brot wegzufreſſen. Der kam auch an Asprians Teller, ihn aufzulecken. Da griff Asprian den Löwen an der Mähne und warf ihn an des Saales Wand, daß er zerbrach. Und die Kämmerer ſprachen zu einand: wer nicht an die Wand fliegen will, laſſe dieſes Mannes Teller unberührt. König Rother aber theilte den Griechen viel ſchöne Geſchenke aus; jedem, der ihn auf der Herberge beſuchte, hieß er einen Mantel ver- ehren oder ein Stück Gewaffen. Es kam auch ein landflüchtiger Grafe daher, dem ſchenkte er tauſend Mark Silber und nahm ihn in Dienſt, alſo daß viel hundert Ritter in ſein Gefolge traten. So war in Aller Munde des vermeinten Dietrich's Preis und unter den Frauen hob ſich ein Wispern und Raunen, es war keine Kemenate, daß die Wände nicht Herrn Dietrich rühmen hörten. Da ſprach die goldlockige Kaiſerstochter zu Herlindis ihrer Kammer- frau: O weh mir! wie ſoll ich es anfangen, daß ich deſſelben Herren anſichtig werde, den ſie Alle preiſen? Herlindis aber entgegnete: Nun bitte deinen Vater, daß er ein Freudenfeſt gebe am Hofe und den Helden dazu lade, ſo magſt du ihn am beſten erſehen. Die Kaiſertochter that nach Herlindis Rath und Conſtantinus nickte ihr zu und entbot ſeine Herzoge und Grafen zum Hippodro- mushofe und die fremden Helden dazu. All' die Geladenen kamen, da hob ſich ein unſäglich Gedränge um den, den ſie Dieterich nannten, und wie die Kaiſertochter mit ihren hundert Frauen eintrat, geziert mit güldener Krone und gold- und cyclatgeſticktem Mantel, brach gerade ein ungefüger Lärm aus: Asprian den Rieſen hatte ein Käm- merer auf ſeiner Bank rücken geheißen, daß andere Leute auch Platz bekämen, da ſchlug Asprian dem Kämmerer einen Ohrſchlag, daß ihm der Kopf entzwei brach und es gab ein bös Durcheinander, ſo daß Dieterich Ruhe ſtiften mußt'.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/316
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/316>, abgerufen am 14.05.2024.