Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855.

Bild:
<< vorherige Seite
Waltari ritt indessen landeinwärts von dem Rhein,
In einem schattig finstern Forste ritt er ein.
Das war des Waidmanns Freude, der alte Wasichenwald,
Wo zu der Hunde Bellen das Jagdhorn lustig schallt.
Dort ragen dicht beisammen zwei Berge in die Luft,
Es spaltet sich dazwischen anmuthig eine Schluft,
Umwölbt von zackigen Felsen, umschlungen von Geäst
Und grünem Strauch und Grase, ein rechtes Räubernest.
Er schaut' den festen Platz. Hier, sprach er, laß uns rasten,
Des süßen Schlafes mußt' ich schon allzulange fasten;
Das war seit vierzehn Nächten, auf hartem Rosses Rücken,
Ueber den Schild gelehnet, ein unerquicklich Nicken.
Abthat er Wehr und Waffen und in der Jungfrau Schooß
Lehnt' er sein müdes Haupt: Nun, theurer Fluchtgenoß,
Hiltgund, halt sorgsam Wacht, und steigt vom Thal herauf
Fahldunkle Staubeswolke, dann wecke leis mich auf
Doch käm auch angeritten ein ganzes Heer von Recken
So sollt' du doch, Vieltheure, nicht allzuschnell mich wecken.
Ich traue deinen Augen. Die sind gar scharf und rein,
Die schau'n weit in die Lande ... So schlief Waltari ein.
Waltari ritt indeſſen landeinwärts von dem Rhein,
In einem ſchattig finſtern Forſte ritt er ein.
Das war des Waidmanns Freude, der alte Waſichenwald,
Wo zu der Hunde Bellen das Jagdhorn luſtig ſchallt.
Dort ragen dicht beiſammen zwei Berge in die Luft,
Es ſpaltet ſich dazwiſchen anmuthig eine Schluft,
Umwölbt von zackigen Felſen, umſchlungen von Geäſt
Und grünem Strauch und Graſe, ein rechtes Räuberneſt.
Er ſchaut' den feſten Platz. Hier, ſprach er, laß uns raſten,
Des ſüßen Schlafes mußt' ich ſchon allzulange faſten;
Das war ſeit vierzehn Nächten, auf hartem Roſſes Rücken,
Ueber den Schild gelehnet, ein unerquicklich Nicken.
Abthat er Wehr und Waffen und in der Jungfrau Schooß
Lehnt' er ſein müdes Haupt: Nun, theurer Fluchtgenoß,
Hiltgund, halt ſorgſam Wacht, und ſteigt vom Thal herauf
Fahldunkle Staubeswolke, dann wecke leis mich auf
Doch käm auch angeritten ein ganzes Heer von Recken
So ſollt' du doch, Vieltheure, nicht allzuſchnell mich wecken.
Ich traue deinen Augen. Die ſind gar ſcharf und rein,
Die ſchau'n weit in die Lande ... So ſchlief Waltari ein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0387" n="365"/>
        <lg type="poem">
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">W</hi>altari ritt inde&#x017F;&#x017F;en landeinwärts von dem Rhein,</l><lb/>
            <l>In einem &#x017F;chattig fin&#x017F;tern For&#x017F;te ritt er ein.</l><lb/>
            <l>Das war des Waidmanns Freude, der alte Wa&#x017F;ichenwald,</l><lb/>
            <l>Wo zu der Hunde Bellen das Jagdhorn lu&#x017F;tig &#x017F;challt.</l><lb/>
            <l>Dort ragen dicht bei&#x017F;ammen zwei Berge in die Luft,</l><lb/>
            <l>Es &#x017F;paltet &#x017F;ich dazwi&#x017F;chen anmuthig eine Schluft,</l><lb/>
            <l>Umwölbt von zackigen Fel&#x017F;en, um&#x017F;chlungen von Geä&#x017F;t</l><lb/>
            <l>Und grünem Strauch und Gra&#x017F;e, ein rechtes Räuberne&#x017F;t.</l><lb/>
            <l>Er &#x017F;chaut' den fe&#x017F;ten Platz. Hier, &#x017F;prach er, laß uns ra&#x017F;ten,</l><lb/>
            <l>Des &#x017F;üßen Schlafes mußt' ich &#x017F;chon allzulange fa&#x017F;ten;</l><lb/>
            <l>Das war &#x017F;eit vierzehn Nächten, auf hartem Ro&#x017F;&#x017F;es Rücken,</l><lb/>
            <l>Ueber den Schild gelehnet, ein unerquicklich Nicken.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="2">
            <l>Abthat er Wehr und Waffen und in der Jungfrau Schooß</l><lb/>
            <l>Lehnt' er &#x017F;ein müdes Haupt: Nun, theurer Fluchtgenoß,</l><lb/>
            <l>Hiltgund, halt &#x017F;org&#x017F;am Wacht, und &#x017F;teigt vom Thal herauf</l><lb/>
            <l>Fahldunkle Staubeswolke, dann wecke leis mich auf</l><lb/>
            <l>Doch käm auch angeritten ein ganzes Heer von Recken</l><lb/>
            <l>So &#x017F;ollt' du doch, Vieltheure, nicht allzu&#x017F;chnell mich wecken.</l><lb/>
            <l>Ich traue deinen Augen. Die &#x017F;ind gar &#x017F;charf und rein,</l><lb/>
            <l>Die &#x017F;chau'n weit in die Lande ... So &#x017F;chlief Waltari ein.</l>
          </lg>
        </lg><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0387] Waltari ritt indeſſen landeinwärts von dem Rhein, In einem ſchattig finſtern Forſte ritt er ein. Das war des Waidmanns Freude, der alte Waſichenwald, Wo zu der Hunde Bellen das Jagdhorn luſtig ſchallt. Dort ragen dicht beiſammen zwei Berge in die Luft, Es ſpaltet ſich dazwiſchen anmuthig eine Schluft, Umwölbt von zackigen Felſen, umſchlungen von Geäſt Und grünem Strauch und Graſe, ein rechtes Räuberneſt. Er ſchaut' den feſten Platz. Hier, ſprach er, laß uns raſten, Des ſüßen Schlafes mußt' ich ſchon allzulange faſten; Das war ſeit vierzehn Nächten, auf hartem Roſſes Rücken, Ueber den Schild gelehnet, ein unerquicklich Nicken. Abthat er Wehr und Waffen und in der Jungfrau Schooß Lehnt' er ſein müdes Haupt: Nun, theurer Fluchtgenoß, Hiltgund, halt ſorgſam Wacht, und ſteigt vom Thal herauf Fahldunkle Staubeswolke, dann wecke leis mich auf Doch käm auch angeritten ein ganzes Heer von Recken So ſollt' du doch, Vieltheure, nicht allzuſchnell mich wecken. Ich traue deinen Augen. Die ſind gar ſcharf und rein, Die ſchau'n weit in die Lande ... So ſchlief Waltari ein.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/387
Zitationshilfe: Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/387>, abgerufen am 16.05.2024.