Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

der Welt, welche darinn liegt, daß der ewige,
aus dem Wesen des Vaters aller Dinge ge¬
bohrene, Sohn Gottes das Endliche selbst ist,
wie es in der ewigen Anschauung Gottes ist,
und welches als ein leidender und den Ver¬
hängnissen der Zeit untergeordneter Gott er¬
scheint, der in dem Gipfel seiner Erscheinung,
in Christo, die Welt der Endlichkeit schließt und
die der Unendlichkeit, oder der Herrschaft des
Geistes, eröffnet.

Wäre es für den gegenwärtigen Zweck
verstattet, weiter in diese historische Constru¬
ction einzugehen, so würden wir auf die gleiche
Weise alle Gegensätze des Christenthums und
Heidenthums, so wie die in jenem herrschen¬
den Ideen und subjective Symbole der Ideen
als nothwendige erkennen. Es genügt mir, im
Allgemeinen die Möglichkeit davon gezeigt zu
haben. Wenn das Christenthum nicht nur
überhaupt, sondern auch in seinen vornehmsten
Formen historisch nothwendig ist, und wir hier¬
mit die höhere Ansicht der Geschichte selbst als
eines Ausflusses der ewigen Nothwendigkeit ver¬

der Welt, welche darinn liegt, daß der ewige,
aus dem Weſen des Vaters aller Dinge ge¬
bohrene, Sohn Gottes das Endliche ſelbſt iſt,
wie es in der ewigen Anſchauung Gottes iſt,
und welches als ein leidender und den Ver¬
haͤngniſſen der Zeit untergeordneter Gott er¬
ſcheint, der in dem Gipfel ſeiner Erſcheinung,
in Chriſto, die Welt der Endlichkeit ſchließt und
die der Unendlichkeit, oder der Herrſchaft des
Geiſtes, eroͤffnet.

Waͤre es fuͤr den gegenwaͤrtigen Zweck
verſtattet, weiter in dieſe hiſtoriſche Conſtru¬
ction einzugehen, ſo wuͤrden wir auf die gleiche
Weiſe alle Gegenſaͤtze des Chriſtenthums und
Heidenthums, ſo wie die in jenem herrſchen¬
den Ideen und ſubjective Symbole der Ideen
als nothwendige erkennen. Es genuͤgt mir, im
Allgemeinen die Moͤglichkeit davon gezeigt zu
haben. Wenn das Chriſtenthum nicht nur
uͤberhaupt, ſondern auch in ſeinen vornehmſten
Formen hiſtoriſch nothwendig iſt, und wir hier¬
mit die hoͤhere Anſicht der Geſchichte ſelbſt als
eines Ausfluſſes der ewigen Nothwendigkeit ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0194" n="185"/>
der Welt, welche darinn liegt, daß der ewige,<lb/>
aus dem We&#x017F;en des Vaters aller Dinge ge¬<lb/>
bohrene, Sohn Gottes das Endliche &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t,<lb/>
wie es in der ewigen An&#x017F;chauung Gottes i&#x017F;t,<lb/>
und welches als ein leidender und den Ver¬<lb/>
ha&#x0364;ngni&#x017F;&#x017F;en der Zeit untergeordneter Gott er¬<lb/>
&#x017F;cheint, der in dem Gipfel &#x017F;einer Er&#x017F;cheinung,<lb/>
in Chri&#x017F;to, die Welt der Endlichkeit &#x017F;chließt und<lb/>
die der Unendlichkeit, oder der Herr&#x017F;chaft des<lb/>
Gei&#x017F;tes, ero&#x0364;ffnet.</p><lb/>
        <p>Wa&#x0364;re es fu&#x0364;r den gegenwa&#x0364;rtigen Zweck<lb/>
ver&#x017F;tattet, weiter in die&#x017F;e hi&#x017F;tori&#x017F;che Con&#x017F;tru¬<lb/>
ction einzugehen, &#x017F;o wu&#x0364;rden wir auf die gleiche<lb/>
Wei&#x017F;e alle Gegen&#x017F;a&#x0364;tze des Chri&#x017F;tenthums und<lb/>
Heidenthums, &#x017F;o wie die in jenem herr&#x017F;chen¬<lb/>
den Ideen und &#x017F;ubjective Symbole der Ideen<lb/>
als nothwendige erkennen. Es genu&#x0364;gt mir, im<lb/>
Allgemeinen die Mo&#x0364;glichkeit davon gezeigt zu<lb/>
haben. Wenn das Chri&#x017F;tenthum nicht nur<lb/>
u&#x0364;berhaupt, &#x017F;ondern auch in &#x017F;einen vornehm&#x017F;ten<lb/>
Formen hi&#x017F;tori&#x017F;ch nothwendig i&#x017F;t, und wir hier¬<lb/>
mit die ho&#x0364;here An&#x017F;icht der Ge&#x017F;chichte &#x017F;elb&#x017F;t als<lb/>
eines Ausflu&#x017F;&#x017F;es der ewigen Nothwendigkeit ver¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[185/0194] der Welt, welche darinn liegt, daß der ewige, aus dem Weſen des Vaters aller Dinge ge¬ bohrene, Sohn Gottes das Endliche ſelbſt iſt, wie es in der ewigen Anſchauung Gottes iſt, und welches als ein leidender und den Ver¬ haͤngniſſen der Zeit untergeordneter Gott er¬ ſcheint, der in dem Gipfel ſeiner Erſcheinung, in Chriſto, die Welt der Endlichkeit ſchließt und die der Unendlichkeit, oder der Herrſchaft des Geiſtes, eroͤffnet. Waͤre es fuͤr den gegenwaͤrtigen Zweck verſtattet, weiter in dieſe hiſtoriſche Conſtru¬ ction einzugehen, ſo wuͤrden wir auf die gleiche Weiſe alle Gegenſaͤtze des Chriſtenthums und Heidenthums, ſo wie die in jenem herrſchen¬ den Ideen und ſubjective Symbole der Ideen als nothwendige erkennen. Es genuͤgt mir, im Allgemeinen die Moͤglichkeit davon gezeigt zu haben. Wenn das Chriſtenthum nicht nur uͤberhaupt, ſondern auch in ſeinen vornehmſten Formen hiſtoriſch nothwendig iſt, und wir hier¬ mit die hoͤhere Anſicht der Geſchichte ſelbſt als eines Ausfluſſes der ewigen Nothwendigkeit ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/194
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/194>, abgerufen am 29.04.2024.